Leitsatz (amtlich)
Mieter einer Eigentumswohnung sind dann Zustandsstörer i.S.d. § 1004 BGB, wenn sie durch ihre Weigerung, den Rückbau der entgegen den Regeln der Wohnungseigentümergemeinschaft vom Vermieter durchgeführten Baumaßnahmen zu dulden, den eigentumsbeeinträchtigenden rechtswidrigen Zustand aufrechterhalten. Der hieraus folgende Beseitigungsanspruch ist darauf gerichtet, dass die Mieter die von einem anderen Wohnungseigentümer im Wege der Ersatzvornahme beabsichtigten Rückbaumaßnahmen zu dulden verpflichtet sind (entgegen OLG München, Urt. v. 10.12.2002 - 5 U 4733/02, NZM 2003, 445 f.).
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 03.06.2005; Aktenzeichen 3 O 474/04) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen der Beklagten zu 3)-5) gegen das Urteil des LG Berlin vom 3.6.2005 - 3 O 474/04 - werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin die Beklagten zu 4) und 5) zu 2/5 und der Streithelfer der Beklagten zu 3)-5) zu 3/5. Im Übrigen tragen die Beklagten zu 4) und 5) und der Streithelfer der Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten zu 4) und 5) und ihrem Streithelfer wird nachgelassen, die gegen sie gerichtete Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beigetriebenen Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Duldung von Rückbaumaßnahmen in Anspruch.
Die Klägerin und der Streithelfer sind Miteigentümer der Wohneigentumsanlage M.-straße 24/24a in B. Der Streithelfer hatte als Eigentümer an den Wohneinheiten Nr. 22, Nr. 24 und Nr. 25 je einen Balkon und darüber hinaus an den Wohneinheiten Nr. 22 und Nr. 24 je einen Wintergarten errichten lassen, ohne die nach der Teilungserklärung erforderliche Zustimmung aller Wohnungseigentümer einzuholen. Eine wirksame Genehmigung dieser unter Verletzung der Gemeinschaftsregeln vorgenommenen Umbaumaßnahmen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgte nicht. Mit bestandskräftigem Beschluss des KG vom 15.9.2000 zum Aktenzeichen 24 W 10.461/99 ist der Streithelfer verpflichtet worden, u.a. die noch streitgegenständlichen Balkone und Wintergärten zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschlüsse des KG vom 15.9.2000 (Anlage K 1) und des LG Berlin vom 5.4.2002 zum Aktenzeichen 85 T 321/01 WEG (Anlage K 2) verwiesen.
Dieser Verpflichtung ist der Streithelfer nicht nachgekommen, so dass die Klägerin die Rückbaumaßnahmen im Wege der Ersatzvornahme nach § 887 ZPO vornehmen will. Ohne die Duldung der Mieter als unmittelbare Besitzer ist sie an der Durchführung der Rückbaumaßnahmen gehindert. Die Beklagten weigern sich als Mieter, den Rückbau zu dulden. Der Beklagte zu 3) ist Mieter der Wohneinheit Nr. 22. Die Beklagten zu 4) und 5) sind Mieter der Wohneinheiten Nr. 24 und 25.
Die Klägerin meint, dass die Mieter zur Duldung der Rückbaumaßnahmen verpflichtet seien. Das LG hat u.a. die Beklagten zu 3) bis 5. verurteilt, in den von ihnen angemieteten Wohnungen den Rückbau der angebrachten Wintergärten und Balkone und die Herstellung des ursprünglichen Zustandes durch freischwebende Balkone in analoger Anwendung des Beseitigungsanspruches aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB zu dulden.
Hiergegen richten sich die Berufungen der Beklagten zu 4) und 5) und des Streithelfers für die Beklagten zu 3)-5), mit denen sie ihre Anträge auf Klageabweisung aus erster Instanz weiter verfolgen. Sie meinen, dass die Beklagten als Mieter nicht Störer i.S.d. § 1004 BGB seien und beziehen sich auf das entgegenstehende Urteil des OLG München vom 10.12.2002 (OLG München, Urteil vom 10.12.2002 - 5 U 4733/02, NZM 2003, 445 f.). Im Übrigen würden die Voraussetzungen der Ersatzvornahme gem. § 887 ZPO nicht vorliegen und die Klageanträge seien nicht ausreichend bestimmt. Soweit ein Anspruch aus § 1004 BGB bestünde, sei die Geltendmachung dieses Anspruchs ggü. den Mietern treuwidrig, da in unverhältnismäßiger Weise in die Besitzrechte der Beklagten als Mieter eingegriffen werde.
Die Beklagten zu 4) und 5) und der Streithelfer beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen und für den Fall der Zurückweisung der Berufung die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt, die Berufungen zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass bei Verneinung einer Duldungspflicht der Beklagten jeder Miteigentümer den Rückbau einer unzulässigen baulichen Veränderung faktisch dadurch verhindern könnte, indem er die umgebaute Wohnung in ihrem rechtswidrigen Zustand vermietet.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und wegen des Weiteren Vorbringens im Berufungsverfahren auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zuläs...