Leitsatz (amtlich)

1. Zur Minderung der Miete bei verzögerter Eröffnung eines neu zu errichtenden Einkaufszentrums.

2. Aus der Regelung in einem Formularmietvertrag, wonach der Mieter sein Geschäft spätestens 1 Monat nach Übergabe des Mietobjektes bzw. bei einer gemeinsamen Eröffnung des Geschäftszentrums zu eröffnen und die volle Miete zu zahlen hat, ergibt sich nur, dass das Geschäftszentrum nicht notwendig bei Übergabe eröffnet sein muss und die Mietsache für die vertraglich vereinbarte Ausbauzeit von einem Monat vertragsgemäß ist.

3. Der Mieter ist zur Minderung der Miete berechtigt, wenn das Geschäftszentrum darüber hinaus nicht eröffnet wird und das Mietobjekt infolge fehlender Zugänglichkeit für Kunden nicht für den Geschäftszweck des Mieters genutzt werden kann.

4. Die Regelung im Formularmietvertrag, "Verzögerungen in der Fertigstellung der Gewerke außerhalb des Mietobjekts geben dem Mieter kein Recht, die Übergabe abzulehnen, die Minderung des Mietzinses vorzunehmen oder Schadensersatz zu verlangen, es sei denn, sie beeinträchtigen den Betrieb des Mietobjekts wesentlich", gilt auch für Verzögerungen nach Übergabe.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 21.05.2015; Aktenzeichen 32 O 435/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 21.5.2015 verkündete Urteil der Zivilkammer 32 des LG Berlin - 32 O 435/14 - teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.765,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 16.474,15 EUR seit dem 30.07.2014 und aus 3.291,13 EUR seit dem 15.08.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen haben die Klägerin 29 % und die Beklagte 71 % zu tragen.

Das Urteil des LG und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Berufung der Klägerin richtet sich gegen das am 21.5.2015 verkündete Urteil der Zivilkammer 32 des LG Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Klägerin trägt zur Begründung der Berufung vor:

1. Das LG habe die Richtigkeit der Behauptungen der Beklagten unterstellt. So habe es ausgeführt, dass eine Minderung nach Teil B Nr. 4.4 des Mietvertrages nicht angenommen werden könne, weil die Beklagte Verzögerungen in der Fertigstellung der Gewerke außerhalb des Mietobjekts in Abrede gestellt habe, die den Betrieb des Mietobjekts wesentlich beeinträchtigt hätten. Entgegen der Ansicht des LG sei bereits das Bestreiten von Verzögerungen in der Fertigstellung der Gewerke außerhalb des Mietobjektes als unsubstantiiert anzusehen.

Da die Eröffnung des Geschäftszentrums erst in der letzten Septemberwoche erfolgt sei, obwohl die (vermeintlich verspätet gelieferten) Nachweise der Klägerin bereits Monate zuvor vorgelegen hätten, zeige bereits der zeitliche Ablauf bis zur Eröffnung des Geschäftszentrums, dass gegebenenfalls erforderliche Mitwirkungshandlungen der Klägerin keine Verzögerungen bewirkt hätten. Die Klägerin hätte die Nachweise auch ohne jede Schwierigkeit bis zum genannten Eröffnungstermin am 30.5.2014 erbringen können, sofern sich nicht die Beklagte mit der Fertigstellung des Objekts in Verzug befunden hätte. Die Verschiebung des Eröffnungstermins vom 30.5.2014 auf den 25.9.2014 sei nicht auf die von der Klägerin noch nicht vorgelegten Fachunternehmererklärungen zurückzuführen, wie sich aus der Korrespondenz ergebe (vgl. im Einzelnen Vortrag in der Berufungsbegründung auf Seite 4 f. Bd. I, Bl. 127 ff). Die Verzögerungen seien allein auf den zurückliegenden Bautenstand der außerhalb der Mietobjektes zu erbringenden Bauleistungen und die bis über die Eröffnung des Geschäftszentrums hinaus andauernden Probleme des Brandschutzes, insbesondere der Brandschutzmeldeanlage und der Entrauchungsklappen, zurückzuführen gewesen.

2. Der zum Zeitpunkt der Übergabe des Mietobjektes bestehende Bautenstand und die auch noch im April 2014 bestehenden technischen Probleme legten den Schluss nahe, dass die Beklagte die Mietflächen bewusst verfrüht übergeben habe und einen nicht einzuhaltenden Eröffnungstermin benannt habe, um sich zu Lasten der Mieter zusätzliche Liquidität bis zur Fertigstellung des Bauvorhabens zu verschaffen. Die im Juli 2014 aufgenommenen Fotos belegten, dass die Passage noch nicht ansatzweise fertiggestellt gewesen sei, so dass nicht abzusehen gewesen sei, wann eine Brandschutzbegehung und Brandschutzabnahme hätte erfolgen können (vgl. Anlagenkonvolut BK 6).

3. Entgegen der Ansicht des LG reiche es zur Erfüllung der Vermieterpflichten eines Ladengeschäftes, das ausgebaut und auch eingerichtet werden müsse, nicht aus, dieses zu übergeben. Der vertragsgemäße Zweck sei selbstverständlich darauf gerichtet, ein Geschäft eröffnen und betreiben zu können. Befinde sich ein Ladengeschäft - wie hier - in einem Geschäftszentrum, schulde der Vermieter die Eröffnung des Geschäftszentrums und die allgemeine Zugänglichkeit des Ladengeschäfts über die Ladenpassage währen...

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