Leitsatz (amtlich)

"Zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen eines erst im Prozess erklärten Widerrufs eines Immobiliendarlehensvertrages bei nicht verbundenem Geschäft"

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 19.08.2013; Aktenzeichen 37 O 10/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Berlin vom 19.8.2013 - 37 O 10/11 - teilweise abgeändert. Auf die zweitinstanzlich gestellten Hilfsanträge hin wird

a) festgestellt, dass der Darlehensvertrag mit der Darlehenskontonummer ...durch den Widerruf der Klägerin vom 15.10.2014 beendet worden ist; weiter

b) festgestellt, dass die Klägerin der Beklagten aus dem Kredit mit der Nummer ...nur noch die Zahlung eines Betrages von 70.945,62 EUR schuldet, sowie

c) die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine löschungsfähige Quittung nach den §§ 1192 Abs. 1, 1168 BGB für die im Grundbuch von T...des AG B., Blatt ..., Flur ..., Flurstück ..., Miteigentumsanteil von 27,58/10.000 verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. ...und Stellplatz Nr. ...eingetragene Grundschuld über 88.000 EUR zu erteilen Zug-um-Zug gegen Zahlung i.H.v. 70.945,62 EUR.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und insoweit das Versäumnisurteil des LG Berlin vom 25.2.2013 - 37 O 10/11 - aufrechterhalten.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Beklagte 1/3 und die Klägerin 2/3 zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt die Klägerin in vollem Umfang.

4. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus dem Urteilstenor zu Ziff. 1c) durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 85.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen können beide Parteien die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten als kreditgebender Bank Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem vollfinanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung in Berlin geltend; hilfsweise verlangt sie die Rückabwicklung des zweitinstanzlich widerrufenen Darlehensvertrages.

Für alle weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO). Diese werden durch die Feststellung ergänzt, dass die Klägerin den Darlehensvertrag im Rahmen ihrer am 10.2.2014 zugestellten Berufungsbegründung und erneut durch Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 15.10.2014 (zugestellt am 21.10.2014) widerrufen hat.

Das LG hat die Klage durch Versäumnisurteil vom 25.2.2013 abgewiesen und das klageabweisende Versäumnisurteil durch das angefochtene Urteil vom 19.8.2013 aufrechterhalten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stünden keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu, weil zwischen den Parteien kein Beratungsvertrag zustande gekommen sei und vorvertragliche Aufklärungspflichten weder in Bezug auf den Darlehensvertrag noch in Bezug auf das finanzierte Geschäft verletzt worden seien. Insbesondere habe die Klägerin nicht schlüssig dargetan, dass der Kaufpreis sittenwidrig überteuert gewesen sei und die Beklagte davon Kenntnis gehabt habe; ausreichende Anhaltspunkte dafür ergäben sich weder aus einem später eingeholten Verkehrswertermittlungsgutachten zu einer anderen Eigentumswohnung im gleichen Objekt noch aus dem günstigen Paketankauf des gesamten Wohnungsbestandes durch die spätere Verkäuferin der Eigentumswohnung noch aus der behaupteten Verkaufsprovision i.H.v. 21,5 %. Ein aufklärungspflichtiger Wissensvorsprung der Beklagten ergebe sich auch nicht aus einer arglistigen Täuschung durch die Vermittler der Eigentumswohnung; bei den behaupteten Zusagen, dass die Wohnung aufwandsneutral erworben und in zehn Jahren wieder mit Gewinn veräußert werden könne, handele es sich um Anpreisungen ohne hinreichenden Tatsachenkern. Im Übrigen sei eine Kenntnis der Beklagten weder hinreichend dargelegt noch aufgrund institutionalisierten Zusammenwirkens zu vermuten. Die eingeklagten Ansprüche seien auch unter dem Gesichtspunkt eines sog. verbundenen Geschäftes nicht gerechtfertigt. Die Klägerin habe die von ihr geschlossenen Verträge nicht widerrufen; unabhängig davon seien auch die Voraussetzungen eines Verbundgeschäftes i.S.d. § 358 Abs. 3 BGB nicht erfüllt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin.

Diese rügt die Feststellungen des LG als unzutreffend. Aus der Akteneinsicht in ein laufendes Ermittlungsverfahren habe sich zweitinstanzlich ergeben, dass die Beklagte die Objektankäufe durch die "G...-Gruppe", zu deren Konzernverbund auch die hiesige Verkäuferin, die V...GmbH, gehöre, umfassend und systematisch finanziert habe. Dabei habe sie gewusst, dass die Eigentumswo...

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