Leitsatz (amtlich)
Die nachträglich beschlossene Errichtung eines GmbH-rechtlichen Aufsichtsrats muss auch bei Vorliegen einer Öffnungsklausel notariell beurkundet und in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft eingetragen werden.
Normenkette
GmbHG § 53 Abs. 2, § 54 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 26.01.2015; Aktenzeichen 93 O 4/15) |
Tenor
Die Nebenintervention wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das am 26.01.2015 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 93 des LG Berlin geändert:
Der Beschluss des LG Berlin vom 12.01.2015 - 93 O 4/15 (einstweilige Verfügung) wird aufgehoben. Der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Nebenintervention hat die Nebenintervenientin selbst zu tragen. Im Übrigen hat die Verfügungsklägerin die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Verfügungsklägerin entwickelt ...Anlagen, die von Unternehmen der Familie X...vertrieben werden. Der Verfügungsbeklagte ist Gründungsgesellschafter und seit Gründung der Gesellschaft ...Geschäftsführer der Verfügungsklägerin. Die Nebeninterventientin hält für ihn einen Anteil von aaa DM des Stammkapitals von bbb DM. Die anderen Anteile werden von ccc weiteren Gesellschaftern gehalten. Einen Mehrheitsanteil von ddd DM hält der Gesellschafter Y..., dessen Sohn Z...auch Geschäftsführer der Verfügungsklägerin ist. Im Verlauf des Jahres 2014 kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Verfügungsbeklagten und dem Gesellschafter Y...und seinen Söhnen über die Zusammenarbeit der Verfügungsklägerin mit den Unternehmen der Familie X... Der Verfügungsbeklagte behauptet, der Mehrheitsgesellschafter und seine Söhne hätten veranlasst, dass Forderungen der Verfügungsklägerin gegenüber Unternehmen der Familie X...nicht oder nicht rechtzeitig bedient würden, dass mit dem Know-how der Verfügungsklägerin neue Produkte für die X...-Firmen entwickelt würden und dass die Verfügungsklägerin ohne sein Wissen die Mithaftung für Verbindlichkeiten der Familienunternehmen übernommen habe; außerdem hätten der Geschäftsführer Z...und dessen Familienangehörige bestehende Wettbewerbsverbote verletzt.
Auf einer von dem Geschäftsführer Z...einberufenen Gesellschafterversammlung vom 13.10.2014 wurden, gestützt auf eine entsprechende Öffnungsklausel im Gesellschaftsvertrag, mit einer Stimmenmehrheit von 63,318 % die Errichtung eines Aufsichtsrats beschlossen und drei Aufsichtsratsmitglieder berufen. Gegen diesen Beschluss ist vor dem LG Berlin das Anfechtungsverfahren 95 O 92/14 anhängig.
In einer außerordentlichen Sitzung vom 07.12.2014 beschlossen die Mitglieder des neu bestellten Aufsichtsrats einstimmig die Abberufung des Verfügungsbeklagten als Geschäftsführer. Das LG Berlin hat mit nicht rechtskräftigem Urteil vom 18.06.2015 - 104 93/14 - die Nichtigkeit dieses Beschlusses festgestellt.
Im vorliegenden Verfahren hat das LG dem Verfügungsbeklagten auf Antrag der Verfügungsklägerin mit Beschluss vom 12.01.2015 untersagt zu behaupten, er sei Geschäftsführer der Verfügungsklägerin, oder unter Berufung auf seine angebliche Eigenschaft als Geschäftsführer Gesellschafterversammlungen der Antragstellerin einzuberufen. Im Widerspruchsverfahren hat das LG unter teilweiser Zurückweisung des Verfügungsantrags dem Verfügungsbeklagten untersagt, als zur Einzelvertretung befugter Geschäftsführer der Verfügungsklägerin aufzutreten oder Gesellschafterversammlungen der Verfügungsklägerin als hierzu einzeln befugter Geschäftsführer einzuberufen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Verfügungsbeklagten.
Der Verfügungsbeklagte und die Nebenintervenientin beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beschluss des LG Berlin vom 12.01.2015 aufzuheben und den Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
1. die Berufung zurückzuweisen,
2. die Nebenintervention der Nebenintervenientin zurückzuweisen.
...Die zulässige Berufung des Verfügungsbeklagten ist begründet.
Besteht Streit über die Wirksamkeit der Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers, kann gemäß § 940 ZPO durch einstweilige Verfügung ein Tätigkeitsverbot und ein Verbot der Ausübung der Organtätigkeit ausgesprochen werden, wenn glaubhaft gemacht ist, dass die Abberufung wirksam beschlossen ist. In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann vorläufiger Rechtsschutz auch bereits vor der Beschlussfassung erlangt werden, wenn wichtige Gründe für eine sofortige Abberufung des Geschäftsführers glaubhaft gemacht werden und ein dringendes Regelungsbedürfnis besteht (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. vom 04.12.1992-15 U 208/92 = NJW-RR 1993, 1505; KG, Urt. vom 11.08.2011 -23 U 114/11 = GmbHR 2011, 1272; OLG München, Urt. vom 10.12.2012 - 23 U 4354/12; OLG Naumburg, Urt. vom 21.11.2013-1 U 105/13 = GmbHR 2014, 714; Senat, Urt. vom 11.08.2014 - 23 U 239/13).
Im vorliegenden Fa...