Harald Kinne, Anne Schlosser
Rz. 2
Voraussetzung für die erleichterte Kündigungsmöglichkeit des Vermieters im Sinne von § 573a Abs. 1 ist, dass die Wohnung des Mieters in dem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude liegt und das Gebäude über nicht mehr als zwei Wohnungen verfügt.
Beginn des Mietverhältnisses entscheidend
Die Voraussetzungen für die Kündigung einer derartigen Wohnung müssen bereits bei der Begründung des Mietverhältnisses vorliegen, soweit es auf die Lage der Mieträume in einem Gebäude mit zwei bzw. drei Wohnungen ankommt. Dagegen braucht der Vermieter nicht schon bei Abschluss des Mietvertrages in dem betreffenden Haus zu wohnen (OLG Koblenz, RE v. 25.5.1981, 4 W-RE 277/81, GE 1981, 761; BayObLG, RE v. 31.1.1991, RE-Miet 3/90, GE 1991, 399; OLG Karlsruhe, RE v. 25.11.1991, 9 REMiet 1/91, WuM 1992, 49; LG Memmingen, Urteil v. 15.01.1992, 1 S 1964/91, NJW-RR 1992, 523).
Wohnung ist jeder zum Wohnen (insbesondere Schlafen, Essen, Kochen, dauernde private Benutzung) bestimmte Innenteil eines Gebäudes, welcher die Führung eines selbstständigen Haushalts ermöglicht (BGH, Urteil v. 17.11.2010,VIII ZR 90/10,GE 2011, 50). Dazu gehört eine Kocheinrichtung, Wasseranschluss und eine – nicht notwendigerweise in der Wohnung liegende – Toilette. Komfort und Standard von Versorgungseinrichtungen sind von untergeordneter Bedeutung, wenn sie nur vorhanden sind (LG Bonn, Urteil v. 19.9.1991, 6 S 112/91, WuM 1992, 24). Wird das Dachgeschoss eines Hauses, das bereits zwei Wohnungen aufweist, mit Dusche, Toilette, Wohnküche und zwei Zimmern ausgebaut, dann handelt es sich um ein Drei-Familien-Haus, ungeachtet der steuerlichen Behandlung als Zwei-Familien-Haus (LG Hildesheim, Urteil. v. 24.6.1992, 7 S 71/92, NJW-RR 1993, 585). Verbindet dagegen der Vermieter in einem Wohngebäude die Räume des Dachgeschosses mit den Räumen des Obergeschosses zum Zwecke einer gemeinsamen Nutzung für sich und seine Familie, so handelt es sich nicht um zwei Wohnungen, sondern nur um eine einheitliche Wohneinheit; der Umstand, dass die Räume in verschiedenen Geschossebenen liegen, ist ohne Bedeutung (LG Memmingen, Urteil v. 15.1.1992, 1 S 1964/91, NJW-RR 1992, 523).
Reihen- und Doppelhaus
Reihenhäuser oder Doppelhaushälften werden als selbstständig angesehen (BGH, Urteil v. 25.6.2008, VIII ZR 307/07, GE 2008, 1118; AG Hamburg, Urteil v. 27.2.2013, 46 C 103/12, ZMR 2013, 812); auf die Eigentumsverhältnisse kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob die Gebäude gemeinsam mit Wärme oder Wasser versorgt werden (LG Berlin, Urteil v.8.12.2009, 65 T 153/09, GE 2011, 823).
Der Vermieter kann auch dann gem. § 573a kündigen, wenn in dem von ihm selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen weitere Räume vorhanden sind, die sich für eine Nutzung als (dritte) Wohnung eignen und früher auch als Wohnung genutzt wurden (BGH, Urteil v. 25.6.2008, VIII ZR 307/07, a.a.O.; AG Dortmund, Urteil v. 2.6.2020, 425 C 3346/19, ZMR2020, 759). Ein Wohnhaus, in dem sich neben je einer Wohnung im Erdgeschoss und im Obergeschoss eine selbstständig als Wohnung nutzbare Einliegerwohnung befindet, ist jedoch dann kein Gebäude mit nicht mehr als "zwei Wohnungen" im Sinne des § 573a Abs. 1, wenn der Vermieter neben der Erdgeschosswohnung auch die Einliegerwohnung nutzt (BGH, Urteil v. 17.11.2010, VIII ZR 90/10, GE 2011, 50).
Das Haus braucht nicht mehr überwiegend als Wohngebäude genutzt zu werden. Daher besteht auch kein Kündigungsschutz für den Mieter, wenn sich in dem Wohngebäude außer zwei Wohnungen, die vom Mieter und Vermieter bewohnt werden, Gewerberäume befinden, die der Vermieter oder andere Mieter für eigene betriebliche Belange selbst benutzen (Blank/Börstinghaus, § 573a Rn. 13). Es kommt dagegen nicht darauf an, ob eine Wohnung leer stand; leer stehender Wohnraum, der zu Beginn des Mietverhältnisses über die später gekündigte Wohnung im Haus als sog. Trinkhalle genutzt wurde, gilt als Wohnung i.S.d.§ 574a (LG Essen, Urteil v. 5.6.1992, 1 S 91/92, WuM 1993, 54). Das Sonderkündigungsrecht ist dagegen ausgeschlossen, wenn in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude neben zwei Wohnungen Räume vorhanden sind, in denen eine eigenständige Haushaltsführung möglich ist, auch wenn diese als Gewerberaum vermietet sind, es sei denn, sie wurden schon vor Abschluss des Mietvertrags, für dessen Kündigung der Vermieter das Sonder- kündigungsrecht in Anspruch nimmt, als gewerbliche Räume genutzt (BGH, Urteil v. 18.2.2015, VIII ZR 127/14, WuM 2015, 309; im Anschluss an BGH, Urteil v. 25.6.2008, VIII ZR 307/07, a.a.O. und v. 17.11.2010, VIII ZR 90/10, a.a.O.).
Der Vermieter muss seinen Lebensmittelpunkt in der Wohnung haben (LG Berlin, Urteil v. 14.3.1991, 62 S 481/90, NJW-RR 1991, 1227; LG Wuppertal, Urteil v. 10.11.1989, 10 S 395/89, WuM 1990, 156) und diese nicht nur gelegentlich zu Wohnzwecken nutzen. Dabei muss es sich bei der vom Vermieter bewohnten Fläche nicht zwangsläufig um eine Wohnung im klassischen Sinne handeln. Es genügt vielmehr, wenn das Gebäude im Wesentlichen vom Mie...