Kündigung bei Zweifamilienhaus: Auch bei Zweitwohnung des Vermieters?
Ein Mieter hatte eine Wohnung in einem Haus, in dem sich lediglich 2 Wohnungen befanden. In der anderen Wohnung lebte sein Vermieter. Nachdem sein Vermieter ihm im Jahr 2021 ohne Angabe von Gründen gekündigt und auf Räumung verklagt hatte, war der Mieter damit nicht einverstanden. Er war der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Kündigung gem. § 573a Abs. 1 BGB nicht vorliegen, weil sich sein Vermieter nur wenige Wochen im Jahr in der Wohnung lebt und sich ansonsten im Ausland aufhält.
Was das Gericht entschieden hat
Das Landgericht Hanau entschied im Einklang mit der Vorinstanz, dass die Voraussetzungen für eine erleichterte Kündigung in einem Zweifamilienhaus nach § 573a BGB nicht vorliegen.
(LG Hanau, Urteil v. 15.11.2023, 2 S 107/22)
Vermieter muss Lebensmittelpunkt in Wohnung haben
Die Richter begründeten das damit, dass der Vermieter hierzu das Gebäude „selbst bewohnen“ muss i. S. v. § 573a Abs. 1 BGB. Dies setzt laut LG Hanau voraus, dass der Vermieter seinen Lebensmittelpunkt in der anderen Wohnung im Haus hat.
Aufenthalt von 40 Wochen/Jahr reicht nicht für erleichterte Kündigung
Das war hier jedoch nicht der Fall, weil der Vermieter sich darin im Jahr 2000 nur für 15 Wochen und im Jahr 2021 für 40 Wochen aufgehalten hatte. Die sei nach insbesondere nach dem Schutzzweck des sozialen Wohnraummietrechts nicht ausreichend. Zu berücksichtigen sei, dass der Verlust der Wohnung für den Mieter mir erheblichen Konsequenzen verbunden ist. Demnach müsse die Ausnahmeregelung des § 573a BGB eng ausgelegt werden. Hiermit sei nicht zu vereinbaren, dass Zweitwohnungen in den Schutzbereich dieser Vorschrift fallen.
Urteil des LG Hanau ist rechtskräftig
Das Gericht hat in seiner Entscheidung die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Gleichwohl ist sie mittlerweile rechtskräftig, weil keine Partei Revision eingelegt hat.
Einordnung dieser Entscheidung
Wie häufig sich der Vermieter in seiner Wohnung in einem Zweifamilienhaus aufhalten muss, damit er diese bewohnt und somit seinem Mieter ohne ein berechtigtes Interesse kündigen darf, dazu vertreten die Gerichte unterschiedliche Auffassungen.
Meldebestätigung und vollständige Ausstattung der Wohnung reichen nicht
Beispielsweise vertritt das LG Wuppertal ebenfalls den Standpunkt, dass ein Wohnen des Vermieters nach § 564b Abs. 4 BGB a.F. (entspricht § 573a Abs. 1 BGB n.F.) voraussetzt, dass die Wohnung seinen Lebensmittelpunkt bildet. Dies habe vorliegend der Vermieter nicht hinreichend dargelegt. Gehabt. Hierzu reiche es nicht aus, dass er eine Meldebescheinigung vorgelegt hat. Denn aus dieser ergebe sich lediglich, dass der Vermieter dort gemeldet ist. Ebenso wenig reiche es aus, dass der Vermieter die Wohnung vollständig möbliert und ausgestaltet hatte. Denn hieraus folge nicht, dass er diese als Zentrum seiner Lebensführung angesehen hat.
(LG Wuppertal, Urteil v. 10.11.1989, 10 S 395/89)
Nutzung für wenige Tage pro Monat genügt nicht
Die gleiche Ansicht vertritt das Landgericht Berlin und hat den Lebensmittelpunkt einer Vermieterin, weil diese sich nur für wenige Tage im Monat darin aufhielt. Grund hierfür war, dass sie mit ihrer Tochter Ärzte aufgesucht hatte. Angesichts dessen gebe es kaum Anlass zum Streit zwischen den Parteien.
(LG Berlin, Urteil v. 14.03.1991, 62 S 481/90)
Verlängertes Wochenende alle 2 Monate nicht ausreichend
Demgegenüber vertritt z. B. das LG Traunstein die Auffassung, dass kein Lebensmittelpunkt des Vermieters erforderlich ist, damit er die Wohnung bewohnt i. S. v. § 573a Abs. 1 BGB. Allerdings reiche es nicht aus, dass der Vermieter sich in den letzten beiden Jahren alle 2 Monate für ein verlängertes Wochenende von Donnerstagabend bis Sonntagabend darin aufgehalten hat. Obwohl das Gericht die Revision zugelassen hat, ist die Entscheidung mittlerweile rechtskräftig, weil keine Partei dieses Rechtsmittel eingelegt hat.
(LG Traunstein, Urteil v. 03.05.2023, 3 S 2451/22)
Besondere Situation nach Trennung von Mieter/Vermieter
Dieselbe Auffassung vertritt eine andere Kammer des LG Berlin. Es reiche aus, dass sich der Vermieter zeitweilig in seiner Wohnung im Zweifamilienhaus aufhält. Es genüge, dass er sich so häufig dort aufhält, dass es zu Spannungen kommen kann. Wann das konkret der Fall ist, das sah das Gericht hier nicht als entscheidungsrelevant an. Es begründete das damit, dass aufgrund der Trennung von Vermieter und Mieter bereits eine Konfliktsituation bestanden hat.
(LG Berlin, Urteil v. 06.07.2021, 65 S 15/21)
Fazit:
Inwieweit ein Vermieter einer Zweitwohnung in einem Zweifamilienhaus grundlos seinem Mieter kündigen darf, ist in der einzelfallbezogenen Rechtsprechung der Instanzengerichte leider bisher nicht geklärt. Eine höchstrichterliche Entscheidung würde zur Klärung beitragen.
Es reicht jedenfalls nicht aus, dass ein Vermieter diese Wohnung nur pro forma bewohnt. Mieter sollten sich gleichwohl gut überlegen, ob sie in eine solche Wohnung einziehen. Allerdings können sich Vermieter nicht darauf verlassen, dass sie ihren Mieter einfach so kündigen dürfen. Denkbar ist etwa, dass er sich auf die Sozialklausel beruft. Darüber hinaus müssen sie mit Problemen rechnen, wenn sie einen weiteren Wohnsitz haben.
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