Zwist ist kein Kündigungsgrund

Hintergrund: Vermieter kündigen Mietverhältnis wegen Zerrüttung
Die Vermieter einer im ersten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses gelegenen Wohnung verlangen von den Mietern nach einer fristlosen Kündigung die Räumung. Die Vermieter bewohnen eine Wohnung im Erdgeschoss des Hauses.
Das Mietverhältnis besteht seit 2011. Seit dem Jahr 2014 kam es zwischen den Parteien zu regelmäßigen Auseinandersetzungen wegen angeblicher beidseitiger Vertragsverletzungen, wie etwa Verstößen gegen die Haus- und Reinigungsordnung, Lärmbelästigungen, fehlerhaftem Befüllen und Abstellen von Mülltonnen sowie Zuparken von Einfahrten.
In einem auch an eine im Haus lebende Familie türkischer Abstammung gerichteten Schreiben erklärten die Vermieter wahrheitswidrig, die Mieter hätten sich rassistisch über Ausländer geäußert. Die Mieter erstatteten daraufhin Strafanzeige wegen Verleumdung; darin berichteten sie auch von mehreren Beleidigungen durch die Vermieter.
Wegen dieser Strafanzeige und des "zerrütteten" Mietverhältnisses erklärten die Vermieter die außerordentliche fristlose, hilfsweise die fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses und erhoben Räumungsklage.
Entscheidung: Zerrüttung allein ist kein Kündigungsgrund
Die Räumungsklage hat keinen Erfolg, denn es bestand kein wichtiger Grund im Sinne von § 543 Abs. 1 BGB für eine fristlose Kündigung.
Das Mietverhältnis ist zwar angesichts der zahlreichen Vorkommnisse im Laufe der Jahre zerrüttet. Eine Zerrüttung des Mietverhältnisses, die nicht zumindest auch durch ein pflichtwidriges Verhalten des anderen Vertragsteils verursacht worden ist, reicht im Wohnraummietrecht aber allein nicht aus, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
Ein pflichtwidriges Verhalten der Mieter war nicht feststellbar. Insbesondere haben sich die Mieter nicht pflichtwidrig verhalten, als sie Strafanzeige gegen die Vermieter gestellt haben. Der darin enthaltene zentrale Vorwurf, die Vermieter hätten unzutreffende Äußerungen getätigt, traf zu und war nicht pflichtwidrig. Die Strafanzeige hatte auch keinen denunziatorischen Charakter, denn die Mieter handelten hierbei in der Wahrnehmung berechtigter Interessen.
Auch aus § 573a Abs. 1 BGB, der eine erleichterte ordentliche Kündigung des Vermieters in einem von ihm selbst bewohnten Zweifamilienhaus ermöglicht, können die Vermieter kein Kündigungsrecht herleiten. Insbesondere kann der Vorschrift nicht der Rechtsgedanke entnommen werden, dass einem Mieter bei einem Dauerkonflikt unabhängig von dessen Ursachen fristlos gekündigt werden kann.
(BGH, Urteil v. 29.11.2023, VIII ZR 211/22)
Das könnte Sie auch interessieren:
-
Balkonkraftwerke: Das gilt für WEG & Vermieter
2.039
-
Befristeter Mietvertrag: Darauf sollten Vermieter achten
1.257
-
Schönheitsreparaturen: Zulässige und unzulässige Klauseln für Renovierungen im Mietvertrag
1.246
-
Garage richtig nutzen, sonst drohen Bußgelder
998
-
Untervermietung: Was kann der Vermieter verbieten?
898
-
Form der Betriebskostenabrechnung und Mindestangaben
838
-
Schlüssel für Schließanlage verloren: Wer muss zahlen?
770
-
Rückforderung von Betriebskostenvorauszahlungen hat Grenzen
717
-
Umsatzsteuer in der Nebenkostenabrechnung bei Gewerbemiete
702
-
Wertsicherungsklausel im Gewerbemietvertrag
663
-
VDIV vergibt Stipendien für Fortbildung
25.04.2025
-
Digitale Strategie für Haus- und WEG-Verwalter
25.04.2025
-
Abrechnungsspitze kann auch teilweise angefochten werden
23.04.2025
-
Befristeter Mietvertrag: Darauf sollten Vermieter achten
22.04.2025
-
Wo hohe Nachzahlungen fürs Heizen erwartet werden
17.04.2025
-
Grillen im Mehrfamilienhaus: Was ist erlaubt?
14.04.2025
-
Kein Pardon für bauliche Veränderungen ohne Beschluss
09.04.2025
-
Indexmiete: Urteile zu Klauseln im Mietvertrag
08.04.2025
-
Modernisierung bei Milieuschutz: Hänge-WC ist zulässig
04.04.2025
-
Schlüsseleinwurf beim Vermieter kann Verjährung starten
02.04.2025