Harald Kinne, Hans-Jürgen Bieber
Rz. 14
Gewöhnliche Werkwohnungen kann der Vermieter kündigen, wenn der Mieter aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis ausscheidet und der Wohnraum für einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten benötigt wird. Ausreichend ist auch, dass die Beendigung des Mietverhältnisses kurz bevorsteht. Da die Kündigung eine besondere Form der Eigenbedarfskündigung darstellt, muss die Absicht der Überlassung an einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten ernsthaft und nachvollziehbar sein. Der Vermieter muss seine Bemühungen um einen neuen Bewerber für die Hauswart-Dienststelle (LG Berlin, Urteil v. 10.12.1990, 62 S 404/90, juris und dessen Wohnverhältnisse LG Stuttgart, Urteil v. 1.8.1991, 6 S 80/91, a.a.O.) konkret darlegen. Vorratskündigungen sind unzulässig. Die ernsthafte Überlassungsabsicht muss bis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch fortbestehen. Fraglich ist, ob sie auch noch danach bestehen muss; dagegen spricht die Gestaltungswirkung der Kündigung. Zumindest bei Wegfall des Betriebsbedarfs nach Ablauf der Kündigungsfrist dürfte keine Verpflichtung des Vermieters mehr bestehen, dem Mieter einen neuen Vertrag über die gekündigte Werkmietwohnung anzubieten (vgl. zum Schadensersatz bei Wegfall des Eigenbedarfs: BGH, Urteil v. 9.12.2020, VIII ZR 238/18, GE 2021, 135; BGH, Urteil v. 22.5.2019, VIII ZR 167/17, NJW-RR 2019, 972; BGH, Urteil v. 14.12.2016, VIII ZR 232/15, BGHZ 213, 136; BGH, Beschluss v. 11.10.2016, VIII ZR 300/15, WuM 2016, 743; BGH, Urteil v. 13.6.2012, VIII ZR 356/11, MietPrax-AK, § 573 BGB Nr. 42; BGH, Urteil v. 9.11.2005, VIII ZR 339/04, BGHZ 165, 75, 81; BGH, Urteil v. 27.6.2007, VIII ZR 271/06, NJW 2007, 2845; BGH, Urteil v. 18.5.2005; VIII ZR 368/03, GE 2005, 855; BVerfG, Beschluss v. 18.4.2006, 1 BvR 31/06, WuM 2006, 300; für Anbietpflicht aber Schmidt-Futterer/Blank-Börstinghaus, § 573 Rn. 191). Stand dem Vermieter im Zeitpunkt des Zugangs (a. A. LG Berlin, Urteil v. 3.2.2009, 65 S 3030/80, GE 2010, 127; Schmidt-Futterer/Blank-Börstinghaus, § 573 Rn. 192; bei Ausspruch) der Kündigungserklärung eine für die Unterbringung des beabsichtigten Nachfolgers des ausscheidenden Mieters geeignete Alternativwohnung zur Verfügung, so ist die Kündigung unwirksam. Eine vergleichbare, im selben Haus oder in derselben Wohnanlage ihm zur Verfügung stehende Wohnung, die vermietet werden soll, hat der Vermieter dem ausscheidenden Arbeits- oder Dienstverpflichteten anzubieten (vgl. dazu BGH, Urteil v. 9.7.2003, VIII ZR 311/02, GE 2003, 1206 = WuM 2003, 463 = NJW 2003, 2604).
Gewöhnliche Werkmietwohnungen sind alle diejenigen, deren Funktion sich darin erschöpft, dass der Dienstverpflichtete/Arbeitnehmer mit Rücksicht auf das Dienst-/Arbeitsverhältnis darin wohnt. In diesen Fällen reicht einfacher Betriebsbedarf aus. Der Vermieter muss sich nicht in einer Notlage befinden, sondern es reicht aus, wenn er vernünftige und nachvollziehbare Gründe dafür hat, die Wohnung nach der Beendigung des Mietverhältnisses einem anderen Dienstverpflichteten/Arbeitnehmer oder einem Bewerber um ein Dienst-/Arbeitsverhältnis zu überlassen; insoweit dürfen keine höheren Anforderungen an den Kündigungsgrund gestellt werden als sonst in den Fällen des § 573 Abs. 1 Satz 1. Die verkürzten Fristen gelten auch für diejenigen Mietverträge über Werkmietwohnungen, die seit dem 1.9.1993 geschlossen worden sind; denn der bis zum 1.9.2011 geltende § 565c Abs. 1 Nr. 1b, wonach die Kündigungsfrist bei gewöhnlichen Werkwohnungen nur dann verkürzt wurde, wenn der Wohnraum für einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten dringend benötigt wurde, also dringender Betriebsbedarf bestehen musste, ist weggefallen. Für den nunmehr ausreichenden einfachen Betriebsbedarf ist erforderlich, dass der Vermieter die Wohnung für einen Nachfolger des Mieters in dem Dienst-/Arbeitsverhältnis oder im Betriebsinteresse für einen anderen Betriebsangehörigen benötigt. Betriebsbedarf kann auch bei der Einstellung neuer Arbeitskräfte bejaht werden; insoweit ist jedoch erforderlich, dass Bewerbungen um eine frei werdende Werkmietwohnung vorliegen und ein Bewerber bereit ist, die Wohnung zu übernehmen (LG Karlsruhe, WuM 1974, 243).
Rz. 15
Funktionsgebundene Werkmietwohnungen kann der Vermieter kündigen, wenn die Wohnung aus dem gleichen Grund für einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten benötigt wird. Funktionsgebundene Werkmietwohnungen sind diejenigen, die in unmittelbarer Beziehung oder Nähe zur Arbeitsstätte stehen, also sachlich und räumlich besonders eng mit dem Dienst-/Arbeitsverhältnis verknüpft sind. Das ist insbesondere der Fall, wenn die besondere Art der Tätigkeit ein Wohnen in dieser Wohnung erfordert (z.B. Pförtner, Hausmeister [LG Berlin, Beschluss v, 4.11.2010, 67 S 33/10, GE 2010, 1748; LG Berlin, GE 1994, 287; AG Berlin-Schöneberg, Urteil v. 9.7.2008, 103 C 425/07, MM 2009, 227; LG Berlin, GE 1990, 313], Betriebsfeuerwehrmann, Klinikarzt, Krankenschwester, Landarbeiter [LG Kiel, WuM 1986, 218]).
Die Kündigungsfrist ist in diesen Fäll...