Der Vermieter muss gerade die zu kündigende Wohnung benötigen. Ist er Eigentümer bzw. Vermieter mehrerer vergleichbarer Wohnungen, hat er die freie Wahl, welches Mietverhältnis er kündigt. Spezifische Belange des betroffenen Mieters sollen insoweit keine Rolle spielen, eine "Sozialauswahl" ist nicht erforderlich.

Weiß der Vermieter bereits bei Abschluss des Mietvertrags, dass er in absehbarer Zeit Eigenbedarf geltend machen wird, kann er das Mietverhältnis aus diesem Grund nicht beenden.[1] In einem derartigen Fall steht es dem Vermieter vielmehr frei, einen qualifizierten Zeitmietvertrag gemäß § 575 BGB mit dem Mieter abzuschließen. Andererseits ist aber dann eine Eigenbedarfskündigung nicht rechtsmissbräuchlich, wenn für den Vermieter bei Vertragsabschluss künftiger Eigenbedarf zwar erkennbar war, er aber zu diesem Zeitpunkt weder entschlossen war, alsbald Eigenbedarf geltend zu machen noch diesen überhaupt erwogen hat.[2]

4.2.2.1 Vermieter hat keine Wohnung

Hat der Vermieter selbst keine Wohnung, kann er wegen Eigenbedarfs kündigen. Voraussetzung ist lediglich, dass vernünftige Gründe für die Begründung eines eigenen Hausstands bestehen. Dies ist zweifellos dann der Fall, wenn der Vermieter

  • aus dem Eltern- oder Schwiegereltern-Haus ausziehen möchte,
  • seine bisherige Wohnung verloren hat – unerheblich, ob verschuldet oder unverschuldet,
  • er als Reisender einen festen Wohnsitz benötigt, weil seine Entlassung bevorsteht.

4.2.2.2 Vermieter benötigt mehr Wohnraum

Grundsätzlich ist der Vermieter in seiner Lebensplanung frei. Die Gerichte können ihm auch nicht in seine Vorstellungen von für ihn angemessenes Wohnen hineinreden. Der vom Kündigenden geltend gemachte Bedarf an Wohnfläche ist jedenfalls nicht vom Gericht auf Angemessenheit zu prüfen, solange kein evident überhöhter Bedarf geltend gemacht wird.[1]

  • Der Vermieter kann daher dem Mieter der angrenzenden Wohnung kündigen, wenn er diese Wohnung mit derjenigen zusammenlegen will, die er selbst bewohnt, um angemessenen Wohnraum für sich und seine Ehegattin zu schaffen.
  • Der Vermieter kann einem Mieter kündigen, wenn er zusätzlichen Wohnraum für seine Kinder benötigt, insbesondere damit jedes Kind ein eigenes Zimmer hat.
  • Entsprechendes gilt, wenn er zusätzlichen Wohnraum zur Unterbringung eines Kindermädchens benötigt.
  • Eine Eigenbedarfskündigung ist auch dann begründet, wenn der Vermieter mit seinen Eltern zusammenziehen will, damit er diese pflegen kann.

Die Grenze ist aber dann überschritten, wenn der Vermieter deutlich übersetzten Wohnraum beanspruchen will.

 
Praxis-Beispiel

Übersetzter Eigenbedarf für studierende Tochter

Der Vermieter hat eine 120 qm große Wohnung an eine 4-köpfige Familie vermietet. Seine 22 Jahre alte Tochter fängt ein Studium an, weshalb er die Wohnung wegen Eigenbedarfs seiner Tochter kündigt, die allein in die Wohnung ziehen wird und eine Familiengründung nicht plant.

Diese Kündigung ist unwirksam, da ein alleinstehender Student keine 120 qm große Wohnung "benötigt".[2]

Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Tochter in der gekündigten Wohnung einen eigenen Hausstand gründen möchte, sie bereits verlobt und das Aufgebot bestellt sei und die Tochter überdies ein eigenes Arbeitszimmer bräuchte, das aufgrund technischer Ausstattung eine bestimmte Größe haben müsse.

Grundsätzlich zu beachten ist im Übrigen aber, dass die Gerichte bei der Bewertung, ob der Wohnbedarf weit überhöht ist, eine Abwägung der beiderseitigen Interessen anhand objektiver Kriterien unter konkreter Würdigung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen haben, ohne dass sich hierfür allgemeine Richtwerte, etwa über eine zulässige pro-Kopf-Wohnfläche, aufstellen lassen.[3]

4.2.2.3 Vermieter benötigt weniger Wohnraum

Der Vermieter kann auch dann wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn er künftig weniger Wohnraum benötigt. Ob seine bisherige Wohnsituation auf persönlicher oder wirtschaftlicher Fehlplanung beruht, ist unerheblich. Der Vermieter kann insbesondere dann wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn

  • er infolge hohen Lebensalters und ggf. Pflegebedürftigkeit in eine kleinere Wohnung ziehen will;
  • er sich infolge von Arbeitslosigkeit die bisherige Wohnung nicht mehr leisten kann;
  • ihm seine eigene Wohnung zu teuer ist;
  • er mit seiner Gattin bei kinderloser Ehe in eine kleinere Wohnung ziehen möchte;
  • sein mittelloser Angehöriger, den er unterstützen muss, in einer weit überdimensionierten Wohnung lebt.

4.2.2.4 Sonstige Gründe

  • Ein berechtigtes Interesse an einer Eigenbedarfskündigung kann auch dann bestehen, wenn der Vermieter die vermietete Wohnung als Zweitwohnung benötigt oder
  • die von seinem Mieter bewohnte Wohnung erheblich näher am Arbeitsplatz des Vermieters liegt
  • oder die Wohnung gemischt genutzt auch freiberuflichen oder gewerblichen Zwecken dienen soll.[1]

4.2.2.5 Alternativwohnungen sind/sind nicht vorhanden

Kündigt der Vermi...

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