Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietpreisüberhöhung: Darlegungs- und Beweislast des Mieters bei Rückforderung der überzahlten Miete
Leitsatz (amtlich)
1. Der überhöhte Miete zurückfordernde Mieter hat die Darlegungs- und Beweislast für die Ausnutzung des geringen Angebots und für die Höhe des ortsüblichen Mietpreisniveaus.
2. Erforderlich ist, daß eine objektiv vorliegende Mangelsituation dargelegt und beweisen wird.
3. Als Indizwirkung für eine Mangelsituation gelten vorhandene Zweckentfremdungsverordnungen, aber auch die Steigerung des Mietzinses für vergleichbare Wohnungen gemessen an der Entwicklung der entsprechenden Felder des Mietspiegels.
4. Für die Darlegung des Mieters reicht es, sich für die behauptete Mangelsituation auf ein Sachverständigengutachten zu berufen.
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 20. Januar 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts Wedding - 19 C 460/99 - abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14.002,74 Euro nebst 4% Zinsen seit dem 5. November 1999 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, gegenüber der ... Bank zum Sparkonto Nummer ... die Freigabe zu erklären, soweit der dort registrierte Sperrvermerk für den Vermieter den Betrag von 1.753,97 Euro übersteigt.
3. Es wird festgestellt, dass der vom Kläger an den Beklagten monatlich ab Oktober 1999 zu zahlende Nettokaltmietzins für die Wohnung ..., ... OG ..., ... B 584,66 Euro nicht übersteigt.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten beider Rechtszüge fallen dem Kläger zu 12% und dem Beklagten zu 88% zur Last.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Rückzahlung von überzahltem Mietzins für die Wohnung Alt-..., ... B für den Zeitraum von November 1995 bis September 1999 sowie die Freigabe des den von ihm für zulässig gehaltenen überschießenden Teils der verpfändeten Kaution und Feststellung des zulässigen Mietzinses ab Oktober 1999.
Insoweit wird zunächst gemäß §§ 543 Abs. 1 ZPO a.F. auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung, auf die im einzelnen Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der darlegungs- und beweispflichtige Kläger das für die Anwendung von § 5 WiStG erforderliche Vorliegen einer Mangellage bei Abschluss des Mietvertrags am 12. September 1995 nicht substantiiert dargetan hätte.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der dieser die Ansprüche weiter verfolgt. Er trägt unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen vor, dass das Amtsgericht das Absinken des Mietzinses in dem hier einschlägigen Mietspiegelfeld J5 von dem Mietspiegel 1996 zum Mietspiegel 1998 nicht als Gegenindiz zur Mangellage hätte werten dürfen, da in den Mietspiegeln eine zu geringe Zahl von Werten berücksichtigt worden seien. Insoweit hätte das Amtsgericht dem angebotenen Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachgehen müssen.
Der Kläger beantragte zunächst,
unter Abänderung des am 20. Januar 2000 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Wedding - 19 C 460/99 - den Beklagten zu verurteilen,
1. an den Kläger 31.628,13 DM nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. gegenüber der ... Bank zum Sparkonto Nummer ... die Freigabe zu erklären, soweit der dort registrierte Sperrvermerk für den Vermieter den Betrag von 2.924,88 DM übersteigt,
3. festzustellen, dass der vom Kläger dem Beklagten monatlich ab Oktober 1999 zu zahlende Kaltmietzins für die Wohnung Alt ... OG ... B, 1.122,15 DM nicht übersteigt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung, die er für zutreffend erachtet, unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Der Kläger, der sich zu Unrecht auf die Nichtanwendbarkeit des Mietspiegels berufe, trage die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Mangellage. Zu dieser habe er außer einer Bezugnahme auf die bestehenden Zweckentfremdungsverordnungen nichts vorgetragen. Die Schwierigkeit, die allgemeinen Verhältnisse auf dem Berliner Wohnungsmarkt im Hinblick auf den Nachfrageüberhang zu ermitteln, entbinde ihn nicht von seiner Darlegungs- und Beweislast. Die Darlegungen des Klägers hinsichtlich seiner eigenen Anmietungsbemühungen seien unsubstantiiert. Im Übrigen scheitere die begehrte Rückforderung an § 814 BGB. Die Rückforderung wäre jedenfalls verwirkt.
Die Kammer hat aufgrund des Beschlusses vom 13. November 2000 über die Behauptungen des Klägers Beweis erhoben,
a) bei Abschluss des Mietvertrages am 10. September 1995 habe auf dem B Wohnungsmarkt eine Mangellage für Wohnungen bestanden, die - wie die streitgegenständliche - im Zeitraum von 1919 bis 1949 bezugsfertig wurden, über 90qm groß sind und mit Zentralheizung, Bad und WC in der Wohnung ausgesta...