Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummiete: Mietzahlungspflicht des vorzeitig ausgezogenen Mieters trotz Unbewohnbarkeit der Wohnung wegen Umbaumaßnahmen. Wohnraummiete: Anspruch des letzten Mitglieds einer Wohngemeinschaft auf vorzeitige Vertragsentlassung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Führt der Vermieter umfassende Bauarbeiten in den Mieträumen durch, entfällt für den Zeitraum der Unbewohnbarkeit eine Mietzahlungspflicht.

2. Das gilt dann nicht, wenn der Mieter vor Ablauf der Kündigungsfrist ausgezogen war und die Bauarbeiten die vorzeitige Weitervermietung ermöglichen sollten.

3. Der Mieter hat keinen Anspruch auf vorzeitige Entlassung aus dem Mietverhältnis, wenn er als letzter aus einer früheren Wohngemeinschaft in der Wohnung verblieben ist.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen - das am 4. Juli 2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tiergarten - 2 C 347/00 - geändert und neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.586,90 DM nebst 4 % Zinsen aus 1.278,25 DM seit dem 4. Dezember 1999, aus 1.323,46 DM seit dem 7. Januar 2000 und aus 1.985,19 DM seit dem 1. Mai 2000 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

 

Gründe

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. in Verbindung mit § 26 Nr. 5 EGZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.

Die Klägerin kann gemäß § 535 Satz 2 BGB a.F. bzw. § 535 Abs. 2 BGB n.F. Zahlung auch der Mieten für die Zeit vom 1. Februar 2000 bis zum 15. März 2000 in Höhe von insgesamt 1.985,19 DM verlangen.

Die Berufung der Klägerin ist begründet. Die Voraussetzungen von § 552 Satz 3 BGB a.F. bzw. § 537 Abs. 2 BGB n.F., die zum einem Wegfall des Mietzinsanspruchs führen, liegen zwar vor. Denn die Klägerin war aufgrund der von der Beklagten vorgetragenen Bauarbeiten (Herausnahme des Holzfußbodens und Einbringen eines Fliesenbodens in Küche und Kammer, Verfliesung der Wände in Küche und Bad), die von ihr letztlich nicht in Abrede gestellt werden, nicht in der Lage, der Beklagten den Besitz der Räume kurzfristig zu verschaffen, wenn sie dies verlangt hätte.

Der Beklagten ist es jedoch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt, sich hierauf zu berufen. Es ist anerkannt, dass die Vorschrift einschränkend auszulegen ist und dann keine Anwendung findet, wenn die besondere Ausgestaltung des Einzelfalls die Weigerung des Mieters, die vertraglich vereinbarte Miete fortzuentrichten, treuwidrig erscheinen lässt (OLG Koblenz MDR 1995, 251 = WuM 1995, 154). Die Beklagte ist im November 1999 aus der Wohnung ausgezogen und hat anlässlich einer Besichtigung der Wohnung durch die Hausverwaltung der Klägerin um eine baldige Entlassung aus dem Mietverhältnis gebeten. Die Beklagte hatte kein Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses, das sie mit Zahlungspflichten belastete, ohne dass damit noch ein greifbarer Vorteil für sie verbunden war. Von daher war ihr daran gelegen, dass die Klägerin die Räume an einen Dritten vermietete und sie dann ihrerseits aus dem Vertrag entließ oder ihr jedenfalls gemäß § 552 Satz 2 BGB a.F. bzw. § 537 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. die Einnahmen zugute bringen musste, die ihr aus der Neuvermietung erwuchsen. Demgemäß dienten die von der Klägerin vorgenommenen Umbauarbeiten dazu, die Wohnung in einen zeitgemäßen und zur Vermietung an den Nachmieter geeigneten Zustand zu versetzen. Sie führten letztlich dazu, dass sich neue Mieteinnahmen für die Klägerin erschlossen und die Beklagte zumindest insoweit von ihren Zahlungspflichten freigestellt wurde.

Die zulässige unselbstständige Anschlussberufung der Beklagten ist lediglich hinsichtlich des Zinsanspruchs begründet. Im Übrigen bleibt sie ohne Erfolg.

Nachdem sich die Beklagte in der ersten Instanz für die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses lediglich auf dringende persönliche Gründe berufen hat, konkretisiert sie mit der Anschlussberufung ihr Vorbringen nunmehr dahin, dass sie aus der früheren Wohngemeinschaft als letzte verblieben sei und nach Abschluss ihres Studiums keine Anstellung gefunden habe und deshalb auf Sozialhilfe angewiesen sei. Das Sozialamt habe sie unter Hinweis auf angemessene Wohnverhältnisse zur Beendigung des streitgegenständlichen Mietverhältnisses aufgefordert.

Diese Umstände begründen einen Anspruch auf eine vorzeitige Entlassung aus einem Mietverhältnis vor Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist nicht. Das Einhalten der gesetzlichen Kündigungsfrist verstößt im vorliegenden Fall nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Es verwirklicht sich vielmehr das von vornherein vorhersehbare Risiko jeder Wohngemeinschaft von Studenten, nämlich dass die Mitglieder nach der Beendigung ihrer Studien diese entweder verlassen oder auch keine Anstellung finden. Dies ist kein außergewöhnlicher Geschehensablauf. Es ist unter diesen Umständen nicht treuwidrig, einen Mieter an der Einhal...

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