Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Verwirkung eines Modernisierungszuschlages
Orientierungssatz
Eine Mieterhöhung nach MHG § 3 (juris: MietHöReglG) ist auch für künftige Zahlungszeiträume verwirkt, wenn sie über mehrere Jahre hinweg nicht (gerichtlich) geltend gemacht wird, obwohl der Vermieter in diesem Zeitraum andere (Miet-)Forderungen eingeklagt hat.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 21. April 1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte - 17 C 437/98 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Von der Abfassung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 511, 511a ZPO statthafte Berufung wahrt die gesetzlichen Formen und Fristen der §§ 516, 518 und 519 ZPO. Sie ist zulässig, führt jedoch in der Sache nicht zum Erfolg.
Denn die Klägerin hat einen etwaigen Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung gemäß der Mieterhöhungserklärung vom 25. Mai 1994 aus § 3 MHG verwirkt (§ 242 BGB), so dass die Wirksamkeit der vorbezeichneten Mieterhöhungserklärung dahinstehen kann.
Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (BGHZ 43, 292; BGHZ 84, 281; BGHZ 105, 298; BGH NJW 1982, 1999). Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des sogenannten "Zeitmoments" erfüllt sind. Dies bedeutet, dass seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, längere Zeit verstrichen sein muss, wobei die erforderliche Dauer des Zeitablaufs sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Ein Verhalten des Berechtigten, das einem konkludenten Verzicht nahekommt, mindert die erforderliche Zeitdauer, wie es etwa bei der Nichtgeltendmachung des Anspruchs bei einer Abrechnung der Fall sein kann (RG JW 35, 2883; BGH WM 1979, 647). Auch die widerspruchslose Hinnahme einer Zurückweisung des Anspruchs kann die erforderliche Zeitdauer verkürzen (Palandt-Heinrichs, BGB, 56. Aufl., § 242 Rn. 93). Vorliegend ist dieses sogenannte "Zeitmoment" im Hinblick auf den mit der Berufung angegriffenen Teilbetrag von 77,79 DM (von 834,26 DM auf 912,05 DM) erfüllt. Denn zum einen liegen über vier Jahre zwischen der erstmaligen Geltendmachung mit dem Mieterhöhungserklärungsschreiben vom 25. Mai 1994 und der erstmaligen ausdrücklichen Wiedergeltendmachung des Modernisierungszuschlags von 59,84 DM gemäß dem Schriftsatz der Klägerin vom 20. November 1998; dies ist vorliegend deshalb ausreichend, weil die Klägerin in dem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Mitte - 21 C 682/97 - ausdrücklich den Wertverbesserungszuschlag nicht geltend gemacht hat, obwohl er bereits zu diesem Zeitpunkt seit ca. drei Jahren von den Beklagten nicht gezahlt worden war. Obwohl die Beklagten ferner unstreitig mehrfach schriftlich um Erläuterung baten, wie mit ihrem Schreiben vom 19. Dezember 1995 (Bl. 178 ff.), hat die Klägerin nicht vorgetragen, hierauf erwidert zu haben. Zwar ist im Schreiben der Klägerin vom 27. November 1996 (Bl. 47) der Modernisierungszuschlag mit (noch unrichtigen, nicht korrigierten) 62,56 DM aufgeführt, jedoch erfolgte diese Auflistung ersichtlich im Rahmen der allgemeinen Erläuterung zur Zusammensetzung der Miete, ohne dass dieser Modernisierungszuschlag geltend gemacht worden wäre; dies ergibt sich bereits da aus, dass es sich bei dem vorbezeichneten Schreiben um ein an alle Mieter des Hauses gerichtetes handelt. Ein derartiges Verhalten der Klägerin, die auf die Zurückweisung des Modernisierungszuschlags durch die Beklagten weder Erläuterungen gab noch sonst in irgendeiner Form reagierte, lässt nach mehr als vier Jahren das sogenannte "Zeitmoment" als erfüllt gelten.
Erforderlich für den Verwirkungstatbestand ist des Weiteren, dass sich der Verpflichtete aufgrund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen und wegen des geschaffenen Vertrauenstatbestandes muss die verspätete Geltendmachung des Rechts als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheinen (BGH NJW-RR 1995, 109; BAG ZIP 1990, 737).
Vorliegend begehrt die Klägerin zwar nicht die Zahlung des Modernisierungszuschlags für die Vergangenheit, sondern stellt ihn vielmehr als Berechnungsbasis in den Ausgangsmietzins des streitgegenständlichen Mieterhöhungsverlangens vom 26. Februar 1998 ein. Dieses widersprüchliche Verhalten führt jedoch für die Beklagte zu einer unzumutbaren Härte im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung. Denn wenn einerseits die Klägerin auf das Schreiben der Beklagten vom 26. September 1995 (Bl. 51 ff.), in welchem diese die nach ihrer Auffassung richtige Mietzusammensetzung erläutern, ohne den Modernisierungszuschlag hierbei aufzuführen, überhaupt nicht reagiert und auch sonst in irgendwelchen Umlagenberechnungen, die die Beklagten erhalten haben, den Modernisierungszuschlag nicht ausdrückl...