Verfahrensgang
AG Bottrop (Urteil vom 17.09.2022; Aktenzeichen 20 C 6/21) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Bottrop vom 17. September 2021 (Az. 20 C 6/21) unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 15. März 2021 zu TOP 3 (Genehmigung der Jahresabrechnungen 2019 und 2020) nichtig ist.
Die Beklagte wird verurteilt, für die Wohnungseigentumsanlage C1-Straße 00 in L1 einen Vermögensbericht über das Jahr 2020 zu erstellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 75 % und die Beklagte 25 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 544 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO verzichtet.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
1.
Die Klägerin kann entsprechend den zutreffenden Erwägungen des Amtsgerichts von der Beklagten keine „Rechenschaftslegung” bzw. „Rechnungslegung” über die Jahre 2019 und 2020 verlangen.
a)
Dieses Begehren verfolgt die Klägerin bei verständiger Würdigung gemäß §§ 133, 157 BGB in erster Linie. Der Wortlaut des Klageantrags zu 2.) und des hieran anknüpfenden Berufungsantrags zu 1.) („Rechenschaftslegung”) ist eindeutig. Auch auf den Hinweis des Amtsgerichts vom 12. August 2021 (Bl. 62 d. A.) hat die Klägerin hieran in ihrem Schriftsatz vom 17. August 2021 (Bl. 68 d. A.) festgehalten und lediglich hilfsweise eine „Rechnungslegung” gefordert, die inhaltsgleich mit der „Rechenschaftslegung” ist (vgl. Jennißen, WEG, 7. Auflage 2021, § 28 RN 13). Der sog. Rechenschaftsbericht umfasst dabei – neben der Darstellung der Kontobewegungen und einer Aufstellung der Forderungen und Verbindlichkeiten – insbesondere auch entsprechend dem durch den Schriftsatz vom 17. August 2021 konkretisierten Klagebegehren die Einnahmen und Ausgaben. Er geht damit über den Vermögensbericht im Sinne von § 28 Abs. 4 WEG n.F. hinaus (vgl. Jennißen, WEG, 7. Auflage 2021, § 28 RN 13).
b)
Einen Anspruch auf einen Rechenschaftsbericht über die Jahre 2019 und 2020 hatte die Klägerin nicht.
aa)
Nach der Streichung von § 28 Abs. 4 WEG a.F. im Rahmen des WEMoG kann der Verwalter zwar weiterhin zur Rechenschaft gemäß §§ 666, 259 BGB verpflichtet sein (vgl. Jennißen, WEG, 7. Auflage 2021, § 28 RN 12). Gläubiger dieses Anspruchs ist aber nicht der einzelne Wohnungseigentümer, sondern der Verband der Wohnungseigentümer (vgl. Jennißen, WEG, 7. Auflage 2021, § 28 RN 21; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kapitel 10 RN 162). Selbst nach der vormaligen Rechtslage hätte die Klägerin einen Rechenschaftsbericht gemäß § 28 Abs. 4 WEG a.F. nicht ohne weiteres als einzelne Wohnungseigentümerin einfordern können. Der Anspruch war vielmehr von den Wohnungseigentümern durch Mehrheitsbeschluss geltend zu machen (vgl. Bärmann, WEG, 14. Auflage 2018, § 28 RN 186).
bb)
Deswegen war nicht entscheidend, dass sich ein Anspruch auf einen periodischen Rechenschaftsbericht über einzelne Wirtschaftsjahre jedenfalls grundsätzlich nicht aus §§ 666, 259 BGB ergibt, weil hierfür die Jahresabrechnung sowie der Vermögensbericht im Sinne von § 28 Abs. 4 WEG n.F. bestimmt sind (vgl. Jennißen, WEG, 7. Auflage 2021, § 28 RN 17). Schon der Anspruch aus § 28 Abs. 4 WEG a.F. erstreckte sich lediglich auf laufende, nicht aber auf abgeschlossene Wirtschaftsjahre (vgl. Bärmann, WEG, 14. Auflage 2018, § 28 RN 189).
2.
Jedoch kann die Klägerin von der Beklagten gemäß § 28 Abs. 4 WEG n.F. die Erstellung eines Vermögensberichts für das (Kalender-)Jahr 2020 verlangen. Da die Neufassung erst am 1. Dezember 2020 in Kraft getreten ist, schuldete die Beklagte indes einen Vermögensbericht nicht schon für das Jahr 2019 (vgl. Jennißen, WEG, 7. Auflage 2021, § 28 RN 355).
a)
Wenngleich die Klägerin weder erstinstanzlich noch in der Berufungsbegründung den Begriff „Vermögensbericht” verwendet hat, war ein entsprechender Anspruch bei verständiger Würdigung in sinngemäßer Anwendung von §§ 133, 157 BGB zumindest als „Minus” von dem Berufungsantrag zu 1.) und dem Klageantrag zu 2.) in Gestalt des Schriftsatzes vom 17. August 2021 erfasst.
Gegenstand eines Vermögensberichts im Sinne von § 28 Abs. 4 WEG n.F. sind gerade der Stand der Rücklagen sowie eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens einschließlich vorhandener Forderungen. Bereits aus der Klagebegründung (S. 4, Bl. 28 d. A.) ergibt sich insofern, dass die Klägerin die fehlende bzw. unzureichende Darstellung des Gemeinschaftsvermögens – insbesondere der Kontostände und der Instandhaltungsrücklage – in den angefochtenen Jahresabrechnungen beanstandet hat. Im Schriftsatz vom 17. August 2021 (Bl. 67 d. A.) hat sie (hilfsweise) eine „geordnete Vermögensübersicht” gefordert. In der Berufungsbegründung hat sie in Abgrenzung v...