Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Frist für die Kündigung des Mieters im bestandsgeschützten Altvertrag
Orientierungssatz
Auch nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes für Dauerschuldverhältnisse am 1. Januar 2003 können Altmietverträge, deren Kündigungsregelungen gegenüber der Mietrechtsreform deutlich längere Kündigungsfristen enthalten, auf Grund des durch Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB gewährten uneingeschränkten Bestandsschutzes solcher Vereinbarungen vom Mieter nur unter Einhaltung der vereinbarten längeren Kündigungsfristen gekündigt werden.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Duisburg-Hamborn vom 27.04.2004, Aktenzeichen 6 C 531/03 unter Zurückweisung der Berufung im übrigen teilweise abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:
Das Versäumnisurteil vom 10.02.2004 bleibt aufrechterhalten, soweit die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, an den Kläger 946,92 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 473,46 Euro seit dem 03.10. und 03.11.2003 zu zahlen.
Im übrigen wird das Versäumnisurteil vom 10.0.2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Die übrigen Kosten abgesehen von den Säumniskosten, die den Beklagten als Gesamtschuldnern zur Last fallen, tragen der Kläger zu 67 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 33%.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Soweit das Versäumnisurteil aufrechterhalten wurde, darf die Zwangsvollstreckung daraus nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.
Das Urteil ist für die Beklagten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Revision gegen dieses Urteil wird gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen. Berufungsstreitwert: 959,16 Euro
Streitwert 1. Instanz: 959,16 + 1.893,84 ( 4 x 473,46) = 2.853 Euro
Tatbestand
Die Parteien des Rechtsstreits waren verbunden durch einen Mietvertrag vom 11.03.1995 über die Wohnung ... in Duisburg, der zum 01.04.1995 in Vollzug gesetzt wurde.
Der Mietzins betrug 926 DM einschließlich 156 DM Nebenkostenvorauszahlung.
§ 2 des Mietvertrages lautete:
"Das Mietverhältnis beginnt mit dem 01. April 1995.
Es läuft auf unbestimmte Zeit und kann von jedem Teil mit der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden. ...) ... "
Die in Bezug genommene Fußnote des Mietvertrages lautete wie folgt :
"...) Vgl. §§ 565, 565 a BGB im Anhang. Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt 3 Monate, wenn die Wohnräume nicht mehr als 5 Jahre dem Mieter überlassen sind,
6 Monate, wenn die Überlassung mehr als 5 Jahre,
9 Monate, wenn die Überlassung mehr als 8 Jahre,
12 Monate, wenn die Überlassung mehr als 10 Jahre gedauert hat."
Mit Schreiben vom 30.06.2003 kündigten die Beklagten das Mietverhältnis ohne Angabe von Gründen zum 30.09.2003. Dieser Kündigung widersprach der Kläger mit Schreiben vom 15.07.2003 und bestätigte das Ende des Mietverhältnisses zum 31.03.2004.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Kündigungsfrist betrage angesichts des Umstandes, daß die Beklagten seit über acht Jahren die Wohnung bewohnt hätten, entsprechend der Vertragsabsprache neun Monate.
Er hat zunächst beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 959,16 Euro zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweilig gültigen Basiszinssatz nach § 1 Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz vom 09.06.1998 auf jeweils 479,58 Euro seit dem 03.10.2003 und dem 03.11.2003 zu zahlen,
festzustellen, daß das Mietverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung nicht beendet worden ist und bis zum 31.03.2004 fortbesteht, solange und soweit der Kläger die vermietete Wohnung nicht zuvor an einen Dritten vermietet.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben im Wesentlichen die Ansicht vertreten, es ergebe sich aus Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB, daß für Kündigungen nach dem 31.12.2002 die Regelung des § 573 c Abs. 4 BGB n.F. eingreife, so daß die Kündigungsfristen des § 571 c Abs. 1 BGB Geltung beanspruchten. Insoweit gehe Art 229 § 5 S. 2 EGBGB der Regelung des Art. 229, § 3 Abs. 10 EGBGB als lex posterior vor.
Darüber hinaus haben die Beklagten die Ansicht vertreten, sie seien wegen der unstreitigen schweren Erkrankung des Beklagten zu 1. zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt gewesen, zumal sie zum 01.10.2003 einen Nachmieter gefunden hätten. Daß sie die Schlüssel erst zum 20.11.2002 zurückgegeben hätten, ändere an der Rechtslage nichts.
Auf Antrag des Klägers ist in erster Instanz am 10.02.2004 gegen die Beklagten Versäumnisurteil ergangen, das den Beklagten am 12.02.2004 zugestellt worden ist. Mit am 18.02.2004 eingegangenen Schriftsatz haben die Beklagten gegen die...