Leitsatz (amtlich)
Ein Beschluss, mit dem den Wohnungseigentümern die Kosten der Erhaltung und Erneuerung der „zu seiner Sondereigentumseinheit zählenden Fenster, Balkontüren, Rollläden, Wohnungseingangstüren und Kellertüren” auferlegt werden, hält sich im Rahmen des weiten Ermessen der Wohnungseigentümer gemäß § 16 Abs. 2 S. 2 WEG.
Verfahrensgang
AG Offenbach (Aktenzeichen 320 C 119/21) |
Tenor
Die Berufungsklägerin wird darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen. Die Berufungsklägerin mag binnen vorgenannter Frist auch mitteilen, ob die Berufung zurückgenommen wird.
Gründe
Die Kammer ist einstimmig zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert sie zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung der Kammer aufgrund mündlicher Verhandlung.
Die Berufung hat keine Erfolgsaussichten.
…
Inhaltlich ist der Beschluss nicht zu beanstanden und hält sich, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, im Rahmen des weiten Ermessens, welches die Wohnungseigentümer im Rahmen des § 16 Abs. 2 S. 2 WEG haben.
Nach der Rechtsprechung des BGH, kommt den Wohnungseigentümern bei Änderungen des Umlageschlüssels – wie auch nach § 16 III WEG aF – aufgrund des Selbstorganisationsrechts der Gemeinschaft ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Beschluss über eine Kostenverteilung muss, wie dies grundsätzlich in § 19 I WEG zum Ausdruck gebracht wird und für alle Beschlüsse der GdWE gilt, lediglich ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen (vgl. Jennißen/Jennißen WEG § 16 Rn. 74; MüKoBGB/Scheller WEG § 16 Rn. 44). Denn der Gesetzgeber hat bei der Neufassung des § 16 II 2 WEG aufgrund der Vielgestaltigkeit möglicher Beschlüsse über die Kostenverteilung bewusst auf besondere inhaltliche Vorgaben verzichtet (BT-Drs. 19/18791, 56; BGH NZM 2022, 974).
Die Wohnungseigentümer dürfen danach jeden Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt. Dabei dürfen an die Auswahl eines angemessenen Kostenverteilungsschlüssels nicht zu strenge Anforderungen gestellt werden, weil sich jede Änderung des Verteilungsmaßstabes zwangsläufig auf die Kostenlast des einen oder des anderen Wohnungseigentümers auswirkt. Dies bedeutet daher, dass sowohl das „Ob” als auch das „Wie” der Änderung nicht willkürlich sein dürfen (BGH NJW-RR 2021, 141 Rn. 13).
Diesen Maßstäben hält der angefochtene Beschluss stand. Er sieht vor, dass bestimmte Bauteile, die üblicherweise im Bereich des Sondereigentums der Eigentümer befindlich sind (Fenster, Balkontüren, Rolläden, Dachflächenfenster und Wohnungseingangstüren), allerdings Gemeinschaftseigentum sind, auf Kosten der Wohnungseigentümer, zu dessen Sondereigentumseinheit diese Einrichtung „zählt”, zu erhalten und zu erneuern sind. Dies ist keineswegs willkürlich, sondern entspricht dem naheliegenden Ansatz, dass diese Bauteile der Einwirkung durch die Wohnungseigentümer in höherem Maße als das sonstige Gemeinschaftseigentum ausgesetzt ist und daher auf deren Kosten zu erhalten und auszutauschen ist. Derartige Kostenverteilungsregeln zu ermöglichen war zudem gerade ein Anliegen des Reformgesetzgebers, der als typisches Beispiel für einen derartigen Beschluss in der Gesetzesbegründung den Austausch von Fenstern angeführt hat (BT-Drucks. 19/18791, S. 56).
Dass aufgrund der Lage der Wohnungen einzelne Gebäudeteile – etwa Dachflächenfenster – einer schnelleren Abnutzung unterliegen, als dies bei Fenstern der Fall sein kann, welche nicht an der Wetterseite des Hauses befindlich sind, ist dabei als Entscheidung der Wohnungseigentümer hinzunehmen. Die Willkürgrenze ist insoweit jedenfalls deutlich nicht erreicht. Ohne Relevanz ist, dass die Teilungserklärung, wie im alten Recht ohnehin üblich, eine Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen für derartige Maßnahmen vorsah, denn insoweit enthält § 16 Abs. 2 S. 2 WEG gerade eine gesetzliche Öffnungsklausel.
Eine Rückwirkung ist mit der Beschlussfassung, entgegen der Auffassung der Klägerin ebenfalls nicht verbunden, denn der Beschluss erfasst nur Maßnahmen in der Zukunft.
Angesichts der Vielzahl der Bauteile, für welche die Kostenänderung vorgesehen ist, hält sich auch das Fehlen einer Übergangsregelung noch im Rahmen des weiten Ermessens der Wohnungseigentümer. Dass, wie die Klagebegründung anführt, einzelne Maßnahmen an diesen Bauteilen in nicht amortisierter Zeit in der Vergangenheit auf Gemeinschaftskosten durchgeführt worden sind, führt nicht dazu, dass damit in Zukunft abweichende Beschlüsse nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG ausgeschlossen wären. Auch insoweit gilt lediglich, dass der Beschluss nicht willkürlich sein darf. Dies wäre jedoch nur dann denkbar, wenn faktisch der B...