Leitsatz (amtlich)

Eine mietvertragliche Formularklausel, wonach der Mieter nur mit Zustimmung des Vermieters von der "bisherigen Ausführungsart" der Schönheitsreparaturen erheblich abweichen darf, ist unklar und benachteiligt den Mieter unangemessen; eine derartige Klausel ist unwirksam und bringt die gesamte Überwälzungsklausel für Schönheitsreparaturen zu Fall (Fortführung BGH, Urt. v. 28.03.2007 - VIII 199/06 -; Anschluss LG Berlin, Urt. v. 29.05.2007 63 S 442/06 -).

 

Verfahrensgang

AG Lörrach (Entscheidung vom 15.12.2010; Aktenzeichen 2 C 1512/09)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Lörrach vom 15.12.2010 - 2 C 1512/09 - aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

    1. Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin 580,20 EUR nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 29,87 EUR seit 28.05.2009, aus 550,33 EUR seit 01.12.2009 und 5 Prozentpunkte Zinsen aus weiteren 387,94 EUR für den Zeitraum vom 01.12.2009 bis 15.07.2010 zu zahlen.

    2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

    3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin zu 80%, die Beklagte zu 20%.

  • II.

    Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

  • III.

    Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin zu 75%, die Beklagte zu 25%.

  • IV.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei ihrerseits Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet.

  • V.

    Die Revision wird zugelassen.

  • VI.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.230,36 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Zwischen der Klägerin als Vermieterin und der Beklagten als Mieterin bestand im Zeitraum vom 01.12.2005 bis 31.01.2009 ein Mietverhältnis über eine 4-Zimmer-Wohnung in Lörrach. Dem Mietvertrag lagen die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB ) der Klägerin zugrunde.

Nr. 4 Abs. 2, 3 dieser AVB lauten:

(2) Die Vornahme von Schönheitsreparaturen obliegt dem Mieter; sie ist fachgerecht auszuführen. Die Schönheitsreparaturen umfassen

das Streichen oder Tapezieren der Wände und Decken, den Innenanstrich der Fenster, das Streichen der Türen mit Türzargen, der Außentüren von innen, der Heizkörper einschließlich der Heizungs- und Versorgungsrohre sowie Malerarbeiten an allen vom Wohnungsunternehmen gestellten Einbauten.

Die Schönheitsreparaturen sind während der Mietzeit unaufgefordert nach Ablauf folgender Zeiträume auszuführen:

in Küchen, Bädern und Duschen alle 3 Jahre,

dabei sind die Innenanstriche der Fenster sowie die Anstriche

der Türen spätestens alle fünf Jahre durchzuführen.

in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten alle 5 Jahre,

in anderen Nebenräumen alle 7 Jahre.

Diese Fristen beginnen mit Beginn des Mietverhältnisses zu laufen. Dies gilt auch, wenn der Mieter eine nichtrenovierte Wohnung übernommen hat. Die Verpflichtung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen besteht dann erstmals nach Ablauf der vorgenannten Fristen.

Der Mieter darf nur mit Zustimmung des Wohnungsunternehmens von der bisherigen Ausführungsart erheblich abweichen. Er ist für den Umfang der im Laufe der Mietzeit ausgeführten Schönheitsreparaturen beweispflichtig.

(3) Lässt der Zustand der Wohnung eine Verlängerung der nach Abs. 2 vereinbarten Fristen zu oder der Grad der Abnutzung eine Verkürzung, so sind nach billigem Ermessen die Fristen des Plans bezüglich der Durchführung einzelner Schönheitsreparaturen zu verlängern oder zu verkürzen.

Nr. 11 Abs. 4 der AVB bestimmt:

(4) Sind bei Beendigung des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen noch nicht im Sinne von Nummer 4 Absatz 2 und 3 AVB fällig, so hat der Mieter an das Wohnungsunternehmen einen Kostenanteil zu zahlen, weil die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter bei der Berechnung der Miete berücksichtigt worden ist. Zur Berechnung des Kostenanteils werden die Kosten einer im Sinne der Nummer 4 Absatz 2 und 3 AVB umfassenden fachgerechten Schönheitsreparatur im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses ermittelt.

Der zu zahlende Anteil entspricht in der Regel dem Verhältnis zwischen den vollen Fristen nach der Nummer 4 Absatz 2 und 3 AVB und den seit Ausführung der letzten Schönheitsreparaturen bis zur Beendigung des Mietvertrags abgelaufenen Zeiträumen.

Die Kostenanteile des Mieters werden zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verwendet (vergleiche Nummer 3 Absatz 2 AVB). Soweit der Mieter noch nicht fällige Schönheitsreparaturen rechtzeitig vor Beendigung des Mietverhältnisses durchführt, ist er von der Zahlung des Kostenanteils befreit.

Mit ihrer Klage machte die Klägerin nach Beendigung des Mietverhältnisses zunächst folgende Forderungen geltend:

a) Beseitigung von Schäden am Balkon

373,07 EUR

b) Reinigung und Einpflegen der Parkettböden

1.137,56 EUR

c) Aufwendungen fü...

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