Verfahrensgang
AG Heidelberg (Entscheidung vom 12.11.2010; Aktenzeichen 21 C 232/10) |
Tenor
1.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 12.11.2010, Az. 21 C 232/10, wird zurückgewiesen.
2.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3.
Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30.5.2011 eingeräumt.
4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt vom Beklagten Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung. Mit Mietvertrag vom 15.12.2003 vermietete der Kläger an den Beklagten, dieser vertreten durch seinen Betreuer, eine Einzimmerwohnung im Anwesen Karlsruher Straße XXX in Heidelberg. Der Beklagte ist psychisch erkrankt; er leidet an einer schizophrenen Erkrankung. Er befand sich deshalb schon mehrfach in stationärer Behandlung im psychiatrischen Zentrum Nordbaden und ist dort seit 14.9.2010 erneut untergebracht.
Ab September 2009 verschlechterte sich der Zustand des Beklagten deutlich. Mehrfach kam es zu Handlungen des Beklagten, die von den Mitbewohnern des Hauses als störend oder bedrohlich empfunden wurden, und die auch zu Polizeieinsätzen führten. Mieter benachbarter Wohnungen minderten wegen des Verhaltens des Beklagten zum Teil ihre Miete, zum Teil erklärten sie die fristlose Kündigung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Unter Bezugnahme auf verschiedene derartige Vorfälle wurde das Mietverhältnis von der Klägerin gegenüber dem Betreuer des Beklagten durch Anwaltsschreiben vom 2.6.2010 (AS I 29) und nochmals durch den erstinstanzlichen Schriftsatz vom 25.9.2010 (AS I 197) fristlos sowie hilfsweise ordentlich gekündigt.
Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 12.11.2010 der Klage stattgegeben. Es hat hierzu ausgeführt, jedenfalls die Kündigung vom 25.9.2010 habe das Mietverhältnis gemäß § 543 Abs. 1 BGB mit sofortiger Wirkung beendet. Der Beklagte habe gegen das ihm gegenüber Vermieter und Mitmietern bestehende Rücksichtnahmegebot verstoßen, indem er Mitmieter und Besucher beim Schlafen gehindert, sie durch Schreien und Gesten bedroht und durch unkontrollierten Gebrauch von Kerzen sowie Verstecken von Feuerlöschern gefährdet habe. Bei der notwendigen Interessenabwägung gebe das Ausmaß des Verstoßes gegen Verhaltenspflichten den Ausschlag gegenüber dem nur geringen Verschulden des schwer erkrankten Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen und streitigen Parteivortrags erster Instanz sowie wegen Inhalt und Begründung des angegriffenen Urteils einschließlich der getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird auf Entscheidungsformel, Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils des Amtsgerichts Heidelberg vom 12.11.2010 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten. Er räumt ein, dass sein Verhalten Anlass zu Streitigkeiten und Polizeieinsätzen gegeben habe. Es müsse aber berücksichtigt werden, dass dieses Verhalten auf eine psychische Erkrankung zurückzuführen sei. Er habe zu keinem Zeitpunkt eine ernsthafte Gefahr für seine Umgebung dargestellt. Zur Behandlung seiner Schizophrenie sei eine Langzeittherapie erforderlich. Diese habe er am 14.9.2010 begonnen. Diese Behandlung verspreche Aussicht auf Erfolg und werde die krankheitsbedingten Verhaltensauffälligkeiten beseitigen. Dies müsse bei der Interessenabwägung den Ausschlag zu Gunsten des Beklagten geben. Es sei dem Kläger zumutbar, den Erfolg der Behandlung abzuwarten, zumal der Beklagte während der stationären Behandlung sich nicht in der Mietwohnung aufhalte und infolgedessen auch keine Störung und Gefahr für die Mitmieter darstelle. Außerdem sei eine Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Kläger unter dem Aspekt der Sozialpflichtigkeit zumutbar. Dem untergebrachten Beklagten sei eine Wohnungssuche nicht möglich. Eine Wohnungssuche durch seinen Betreuer sei für den Beklagten nicht zumutbar, da die Wohnung als privater Rückzugsraum wesentliches Element der freien Persönlichkeitsentfaltung sei, in welche der Betreuer durch eine eigene Suche in großem Maße eingreifen würde. Außerdem sei eine Wohnungssuche durch den Betreuer angesichts der Unterbringung des Beklagten nicht Erfolg versprechend.
Der Beklagte beantragt:
Unter Abänderung des am 12.11.2010 verkündeten und am 6.12.2010 zugestellten Urteils des Amtsgerichts Heidelberg (Az. 21 C 232/10) wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil unter vertiefender Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Sachvortrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Amtsgericht geht zu Recht von der Wirksamkeit der mit Schriftsatz vom 25.9.2010 ausgesprochenen fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses gem. § 543 Abs. 1 BGB aus. Infolge wirksamer Beendigung des Mietverhältnisses ergibt sich der Ans...