Verfahrensgang
AG Flensburg (Urteil vom 11.05.2009; Aktenzeichen 63 C 184/08) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Flensburg vom 11. Mai 2009 – Aktenzeichen: 63 C 184/08 – abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 5.7 und 5.9.5 der Eigentümerversammlung am 22. Oktober 2008 werden für ungültig erklärt.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 I Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Kurz zusammengefasst geht es in der Berufungsinstanz noch um Folgendes:
In der Eigentümerversammlung vom 30. Oktober 2007 stellte der Kläger den Antrag, das Garagentor der seinem Sondereigentum zugeordneten Garage instand zu setzen. Eine Beschlussfassung über diesen Antrag erfolgte nicht. Der Kläger erhob sodann Klage gegen die übrigen Miteigentümer mit dem Begehren, dass diese dem Antrag des Klägers zustimmen, das Tor der zu seinem Sondereigentum gehörenden Garage auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft instand zu setzen. Die Beklagten erkannten den Anspruch des Klägers an, so dass am 3. März 2008 ein entsprechendes Anerkenntnisurteil erging. Da der Verwalter Maßnahmen zur Instandsetzung des Garagentores nicht ergriff, beantragte der Kläger am 24. September 2008 ihn zu ermächtigen, das Tor der zu seinem Sondereigentum gehörenden Garage auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft instand setzen zu lassen. Mit Schreiben vom 26. September 2008 lud der Verwalter zur Eigentümerversammlung am 22. Oktober 2008 ein. Auf dieser Eigentümerversammlung wurde unter TOP 5.9.5. der noch streitgegenständliche Beschluss gefasst, dass die Kostentragungspflicht für die Reparatur bzw. Erneuerung des Garagentores auf den Kläger übertragen wird.
Die gegen diesen Beschluss gerichtete Anfechtungsklage wurde abgewiesen. Nach Auffassung des Amtsgerichts steht das Anerkenntnisurteil einer Beschlussfassung über die Kostentragungspflicht hinsichtlich der Reparaturkosten des Garagentores der im Sondereigentum des Klägers stehenden Garage nicht entgegen. Das Anerkenntnisurteil sei einem Erstbeschluss gleichzusetzen, der grundsätzlich durch einen Zweitbeschluss abgeändert werden könne. Der „Zweitbeschluss” zu TOP 5.9.5. sei wirksam, da eine besondere Benachteiligung des Klägers nicht ersichtlich sei.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist auch sachlich gerechtfertigt. Die Anfechtungsklage ist begründet. Der unter TOP 5.9.5. gefasste Beschluss der Eigentümerversammlung vom 22. Oktober 2008 entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung und war daher für ungültig zu erklären.
Die Wohnungseigentümer sind grundsätzlich berechtigt, über eine schon geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen, wobei die Befugnis dazu sich ausder autonomen Beschlusszuständigkeit der Gemeinschaft ergibt (BGHZ 113, 197, 200).
Durch das Anerkenntnisurteil ist eine gemeinschaftliche Angelegenheit – die Instandsetzung des zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehörenden Garagentores auf Kostender Gemeinschaft – geregelt worden. Eine erneute Beschlussfassung über diese Angelegenheit muss jedoch die schutzwürdige Rechtsposition, die der Kläger durch das Anerkenntnisurteil erlangt, berücksichtigen. Durch das Anerkenntnisurteil ist zugunsten desKlägers gerichtlich festgeschrieben worden, dass bezüglich der Instandsetzungskostendes Garagentores der gesetzliche Verteilungsschlüssel des § 16 II WEG zur Anwendungkommt. Zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses bestand für die Wohnungseigentümer dierechtliche Möglichkeit im vorliegenden Einzelfall gem. § 16 IV WEG im Beschlusswegeeine von § 16 II WEG abweichende Kostenverteilungsregelung zu treffen. Von dieserMöglichkeit haben die Wohnungseigentümer keinen Gebrauch gemacht, sondern durchihr Anerkenntnis zugunsten des Klägers diesem eine günstige Rechtsposition verschafft.Diese Rechtsposition dürfen die Wohnungseigentümer dem Kläger ohne sachlichenGrund nicht entziehen. Ein solcher sachlicher Grund ist nicht gegeben. Er kann insbesondere nicht, wie die Beklagten meinen, darin gesehen werden, dass andere Wohnungseigentümer in Verkennung der Rechtslage die Kosten für die Reparaturen der Garagen und Garagentore selbst getragen haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Fundstellen