Verfahrensgang

AG Sinzig (Urteil vom 28.04.2022; Aktenzeichen 10a C 7/21 WEG)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Sinzig vom 28.04.2022, Az. 10a C 7/21 WEG, wie folgt (teilweise) abgeändert:

Die gegen den in der Eigentümerversammlung vom 23.09.2021 unter Top 2B) gefassten Beschluss „Jahres-/Einzelabrechnung/en – Beschlussfassung über die Anpassung bzw. Einforderung der Nachschüsse” gerichtete Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die erstinstanzlichen Kosten werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 4.000 EUR anzuwenden, sofern nicht die Beklage zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Durch Urteil vom 28.04.2022 hat das Amtsgericht unter Abweisung der weitergehenden Klage festgestellt, dass die in der Wohnungseigentümerversammlung vom 23.09.2021 gefassten Beschlüsse zu Top 2B), 2C), 7B und 18 nichtig sind und den Beschluss zu Top 12 für unwirksam erklärt. Wegen der Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen wird auf das amtsgerichliche Urteil Bezug genommen.

Gegen das ihrer Prozessbevollmächtigten am 23.05.2022 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.06.2022 eingelegte und zugleich begründete Berufung der Beklagten, mit der sie die Abänderung des angefochtenen Urteils zu Top 2B) durch Klageabweisung anstrebt. Sie hegt Zweifel an der Richtigkeit der amtsgerichtlichen Tatsachenfeststellung und rügt vom Ergebnis her unzutreffende Rechtsanwendung.

Der im Berufungsverfahren im Streit stehende Beschluss der Eigentümerversammlung vom 23.09.2021 zu Top 2B) – Jahres-/Einzelabrechnung/en – Beschlussfassung über die Anpassung bzw. Einforderung der Nachschüsse – lautet wie folgt:

„a) Die für das Wirtschaftsjahr 2019 auf Basis des gefassten Beschlusses festgesetzten Vorschüsse (gemäß § 28 Abs. 2 WEG neu) werden für die einzelnen Einheiten angepasst bzw. Nachschüsse eingefordert wie aus den Einzelabrechnungen vom 25.09.20 ersichtlich.

b) Die einzelnen Kostenpostionen, Verteilerschlüssel und Rechenoperationen, die in der Jahresabrechnung als Zahlenwerk vorzunehmen sind, ist dagegen nicht Beschlussgegenstand. Die Beschlussfassung beschränkt sich allein bei der Jahresabrechnung auf die Abrechnungsspitze, das Rechenwerk selbst, der Vermögensbericht und die tatsächlich erbrachten Zahlungen sind nur noch rein informatorisch angegeben und werden nicht beschlossen.

c) Die ausgewiesenen Nachschüsse/Fehlbeträge sind von den Wohnungseigentümern bis zu 4. des nächsten Monats auf das bekannte Gemeinschaftskonto zu zahlen, unbeschadet sonstiger bereits rechtshängiger und sonstiger Rückstände. Soweit die Eigentümer am Lastschriftverfahren teilnehmen, erfolgt der Einzug der Beträge sowie die Rücküberweisung der Guthaben an die Wohnungseigentümer unter Verrechnung evtl. bestehender Rückstände Anfangs des nächsten Monats. Der umfasst nicht die Beschlussfassung.

d) Die WEG beauftragt die Verwaltung, nach Fristablauf bestehende Zahlungsrückstände notfalls mit gerichtlicher Hilfe und unter Einschaltung einer Anwaltskanzlei durchzusetzen.”

Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass das Amtsgericht sein Urteil nicht auf den vom Kläger nicht geltend gemachten Nichtigkeitsgrund hätte stützen dürfen. Zwar seien Nichtigkeitsgründe von Amts wegen mit zu prüfen. Dies entbinde die Klägerin aber nicht von ihrer Darstellungslast, d. h. vom erforderlichen Vortrag zum zugrundeliegenden Lebenssachverhalt. Hiergegen habe das Amtsgericht verstoßen.

Erstinstanzlich sei unstreitig gewesen, dass

  • allen Eigentümern spätestens drei Wochen vor der Versammlung vom 23.09.2021 die Einzelabrechnungen 2019 erteilt wurden,
  • in der Beschlussfassung vom 23.09.2021 ausdrücklich auf die auf den 25.09.2020 datierten Einzelabrechnungen 2019 Bezug genommen worden sei.

Das Amtsgericht habe nicht von sich aus davon ausgehen dürfen, dass die Einzelabrechnungen dem Protokoll der Eigentümerversammlung als Anlage nicht beigefügt und den Eigentümern die Einzelabrechnungen und Abrechnungsspitzen der anderen Eigentümer nicht bekannt gewesen seien, da dies die Klägerin nicht gerügt habe.

Zudem sei nach der Rechtsprechung eine Bezugnahme auf Urkunden, insbesondere die Jahresabrechnung bei der Beschlussfassung zulässig, solange diese zweifelsfrei bestimmt seien, wonach die Bezeichnung Abrechnung 2019 genüge, zumal das Datum der Abrechnung genannt sei. Die Aufnahme der Einzelabrechnungen in die Beschlusssammlung oder ihre Beifügung zum Versammlungsprotokoll oder eine tabellarische Auflistung der Abrechnungsspitzen aller Eigentümer sei nicht erforderlich. Selbst bei anderer Ansicht sei das Fehlen allenfalls ein Anfechtungs- und kein Nichtigkeitsgrund, den die Klägerin nicht innerhalb der zweimonatigen Beschlussanfechtungsfrist geltend gemacht habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Sinzig vom 28.04.2022, 10a C 7/21, insoweit abz...

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