Entscheidungsstichwort (Thema)
Mieterhöhung bei Wohnraum: Mietspiegel von München als geeignetes Begründungsmittel eines vorprozessualen Erhöhungsverlangens und als geeignetes Beweis-/Erkenntnismittel im Mieterhöhungsprozess
Leitsatz (amtlich)
(abgedruckt in Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
I. Der Mietspiegel für München '99, Stand Januar 1998, ist kein geeignetes Beweis-/Erkenntnismittel im Mieterhöhungsprozess nach § 2 Abs. 3 MHG. Seiner Eignung als gesetzliches Begründungsmittel eines Mieterhöhungsverlangens nach § 2 Abs. 2 MHG tut dies indes keinen Abbruch; sie steht außer Zweifel.
II. 1. Ob ein Mietspiegel nach bisheriger Rechtslage (Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB) über seine gesetzlich vorgesehene Funktion als eines der möglichen Begründungsmittel des vorprozessualen Mieterhöhungsverlangens hinaus auch als Beweis-/Erkenntnismittel im Rechtsstreit nach § 2 Abs. 3 Satz 1 MHG geeignet ist, hängt u.a. davon ab, ob er in jedem beliebigen Einzelfall seines selbstdefinierten Anwendungsbereichs zuverlässig Auskunft darüber zu geben vermag, ob der (im zu entscheidenden Einzelfall) vom Vermieter verlangte (erhöhte) Mietzins "die üblichen Entgelte nicht übersteigt, die in der Gemeinde ... für nicht preisgebundenen Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren" (rückgerechnet vom hierfür maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 MHG) "vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 4 abgesehen, geändert worden sind ..." (vgl. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 MHG).
2. Diese Eignungsfrage aufzuwerfen, zu prüfen und zu entscheiden ist nach wie vor Aufgabe des mit dem Mieterhöhungsrechtsstreit befassten Zivilgerichts (BVerwG, 26. Januar 1996, 8 C 19/94, WuM 1996, 432ff.). Ausgangspunkt und zugleich Richtmaß einer solchen Eignungsprüfung kann nur der durch die angeführte Regelung in § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 MHG vom Gesetzgeber definierte Rechtsbegriff der "ortsüblichen Vergleichsmiete" sein und nicht ein von dieser Gesetzesnorm abgehobener Vergleichsmietbegriff, der - ohne Bindung an die zugrundeliegende Rechtsnorm - allein aus dem geläufigen, scheinbar griffigen Kurzbegriff der "ortsüblichen Vergleichsmiete" abgeleitet wird.
3. Die Kammer hält an ihrer Rechtsansicht in dem Urteil vom 16. Oktober 1996 (14 S 22380/95, WuM 1996, 709) fest, dass das Gesetz mit den (orts-) "üblichen Entgelten" (Mehrzahl!) nicht auf einen punktuellen Wert innerhalb des Mietenspektrums (der nach den gesetzlichen Merkmalen vergleichbaren Wohnungen) abhebt, sondern auf eine durch die Streubreite der üblichen Mietentgelte bestimmte Rahmengröße. Die Richtigkeit dieses Vergleichsmietbegriffes ist mittelbar durch die Rechtsentscheide des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 16. Dezember 1998 (RE-Miet 3/98, WuM 1999, 103) und vom 22. März 2000 (RE-Miet 2/99, WuM 2000, 238) zur Limitierung des Mieterhöhungsanspruchs durch die "untere Grenze der ortsüblichen Vergleichsmiete" bei bestimmten Bundesmietwohnungen bestätigt worden.
4. Der Mietspiegel für München 1999, Stand Januar 1998, vermag die im Mieterhöhungsprozess nach § 2 Abs. 3 Satz 1 MHG im Streitfall jeweils zu entscheidende Frage, ob die vom Vermieter verlangte (erhöhte) Miete, "die üblichen Entgelte nicht übersteigt, ..." jedenfalls deshalb nicht zureichend zu beantworten, weil nicht mit ausreichender Sicherheit feststeht, dass die Streubreite der üblichen Mietentgelte der jeweils maßgeblichen Mietenwirklichkeit durch die Zahlenwerte wirklichkeitsgetreu wiedergegeben wird, die sich auf der Grundlage der zutreffend erhobenen, für die Anwendung des Mietspiegels relevanten Daten der streitbefangenen Wohnung bei einer anweisungskonformen Anwendung des Mietspiegels (einschließlich seiner Tabelle 7) als diese Streubreite eingrenzende Eckwerte für den maßgeblichen Ausgangsaussagezeitpunkt des Mietspiegels - Januar 1998 - ergeben. Es ist insbesondere nicht ausgeschlossen, dass Mietwerte mit gleicher Häufigkeit des Vorkommens in der Mietenwirklichkeit auch außerhalb der dargestellten Spannen liegen.
Fundstellen
Haufe-Index 1739386 |
NZM 2002, 904 |
WuM 2002, 547 |