Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschlußanfechtung
Verfahrensgang
AG München (Urteil vom 18.09.2008; Aktenzeichen 483 C 470/08 WEG) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 18.09.2008 aufgehoben.
II. Der Beschluß der ordentlichen Eigentümerversammlung vom 08. April 2008 zu TOP 5. a. 5. wird für ungültig erklärt.
III. Die Beklagten tragen samtverbindlich die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Die Revision wird zugelassen.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 42.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf das Endurteil des Amtsgerichts München vom 18.09.2008 sowie auf alle Anlagen und Protokolle, sowie auf die Schriftsätze der Parteien in erster und zweiter Instanz, insbesondere auf die Berufungsbegründung und -erwiderung, sowie die Schriftsätze vom 08.07.2009 und vom 11.07.2009 Bezug genommen, § 540 Abs. I S. 1 Nr. 1 ZPO. Da es sich dabei ausschließlich um rein rechtliche Erwägungen handelte, ist eine darüber hinausgehende Ergänzung der rechtlichen Argumentation der Parteien an dieser Stelle entbehrlich.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung ist zulässig, und hat auch in der Sache Erfolg.
1.) Die Wohnungseigentümer durften die Kostenverteilung für die zuvor beschlossene Dachsanierung des Hauses … nicht abweichend von § 16 Abs. II WEG dahingehend regeln, daß diese anfallenden Kosten nur von den Eigentümern des Hauses … und nicht von allen Eigentümern im Verhältnis ihrer Anteile zu tragen sind. Die Abweichung erfolgt hier vom gesetzlichen Verteilungsmaßstab des § 16 Abs. II, I S. 2 WEG, ist aber nicht gemäß § 16 Abs. IV WEG gerechtfertigt. Der angefochtene Beschluß über diese Kostenverteilung war daher antragsgemäß für ungültig zu erklären.
a.) Ausgehend vom maßgeblichen Gesetzeswortlaut und der zu dessen Auslegung heranzuziehenden Gesetzesbegründung muß der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung tragen. Dabei wird das Tatbestandsmerkmal des „Rechnung Tragens” vom Gesetzgeber ausweislich seiner Begründung (BT-Drucksache 16/887, S. 24) so verstanden, daß neben dem in erster Linie anzuwendenden Gebrauchsmaßstab auch andere Kriterien bei der Entscheidung über den Kostenverteilungsschlüssel berücksichtigt werden können, jedenfalls aber müssen im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung sachgerechte Lösungen erreicht werden (BT-Drucksache 167887, a.a.O.).
Sind sich die dem Berufungsgericht bekannten Stimmen in Literatur und Rechtsprechung angesichts dieser Vorgaben noch darin einig, daß es jedenfalls irgendeine Form gesteigerter Gebrauchs- oder Zugangsmöglichkeit des/zu relevanten Gemeinschaftseigentums geben muß (Elzer, in Riecke/Schmid, Fachanwaltskommentar Wohnungseigentumsrecht, 2. Auflage, § 16, Rz. 114: „Nur die, die von einer Maßnahme „etwas haben” oder die Gemeinschaftseigentum in besonderer … Weise nutzen”; Jennißen, in Jennißen, WEG, § 16, Rz. 47: „… kann somit auch auf eine Art Zugriffsmöglichkeit abgestellt werden”; sehr weitgehend Becker, in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 10. Auflage, § 16, Rz. 124 ff.: „objektsbezogen”), so gehen bezüglich der konkret denkbaren Fallgestaltungen die Meinungen auseinander. Während die Mehrheit jedenfalls die vom Gesetzgeber selbst genannten Beispiele (BT-Drucksache 16/887, S. 23: das Streichen von Fenstern nach deren Anzahl abrechnen, die Reparatur von im Gemeinschaftseigentum stehenden Teilen von Balkonen nur den Wohnungseigentümern in Rechnung stellen, zu deren Wohnung ein Balkon gehört oder alleine die Nutzungsberechtigten von Stellplätzen und Garagen mit den Kosten der Instandsetzung belasten) für sachgerechte Verteilungslösungen hält (vgl. neben den bereits aufgeführten Nachweisen Niedenführ, in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 8. Auflage, 3 16, Rz. 84; Engelhardt, in MünchKommBGB, 6. Auflage, § 16, Rz. 31), wobei unklar bleibt, wie weit darüber hinaus weniger deutliche Fallgestaltungen umfasst sein können, gehen andere Kommentatoren weiter und halten es auch noch für einen tauglichen Anknüpfungspunkt, daß innerhalb einer Mehrhausanlage nur ein Haus von einer Maßnahme betroffen ist (so insbesondere Elzer, a.a.O., Rz. 115, explizit für den Fall der Dachneueindeckung innerhalb der Mehrhausanlage.) Unklar bleibt in diesem Zusammenhang die Position von Becker, a.a.O., der den Verteilungsmaßstab der Objektsbezogenheit rein nach der räumlichen Zuordnung bestimmter Teile des Gemeinschaftseigentums für möglich hält, jedoch Einschränkungen bezüglich von Gebäudeteilen macht, die nicht nur einzelnen Wohnungseigentümern individuelle Gebrauchsvorteile gewähren. Dies könnte ebenso eine Einschränkung des Ermessenspielraumes der Wohnungseigentümer bedeuten, die ebenso für die Fallgestaltungen vertreten wird, in denen zwar eine irgendwie geartete exklusive Gebrauchsmöglichkeit für den einzelnen Wohnungseigentümer oder eine Gruppe dav...