Tenor

Das angegangene Landgericht Stralsund erklärt sich für örtlich unzuständig und verweist den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das örtlich und sachlich zuständige Landgericht Marburg.

 

Tatbestand

I.

Der in Stralsund wonhhafte Kläger nimmt den in Kirchhain und damit im Bezirk des Landgerichts Marburg wohnhaften Beklagten auf Kaufpreisrückzahlung nach Rücktritt von einem Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug zuzüglich Ersatz u.a. der Kosten einer vom Beklagten veranlassten – wie er behauptet werterhöhenden – Reparatur in Anspruch. Für den Inhalt des zu Grunde liegenden Kaufvertrages vom 21.08.2010 wird auf die Anlage K 1 (Bl. 8 d.A.) Bezug genommen.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 29.08.2011 (Bl. 35 d.A.) gerügt, das Landgericht Stralsund sei örtlich nicht zuständig. Er sei vor seinem Wohnsitzgericht – dem Landgericht Marburg – zu verklagen. Mit Schreiben vom 31.08.2011 (Bl. 36 d.A.) – das Verfahren war zu diesem Zeitpunkt noch Kammersache – hat der Kammervorsitzende die Beteiligten darauf hingewiesen, dass seines Erachtens eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Stralsund bestünde. Hierzu hatte der Kläger bereits in der Klageschrift näher ausgeführt und sich auf eine Rechtsprechungsfundstelle bezogen (vgl. Seite 6 der Klageschrift vom 02.08.2011 = Bl. 6 d.A.). Mit Beschluss vom 20.09.2011 (Bl. 40 d.A.) ist der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichtersache übertragen worden. Der nunmehr verfahrensleitende Berichterstatter hat die Parteien mit Schreiben vom 28.09.2011 (Bl. 41 f., 44 d.A.) darauf aufmerksam gemacht, dass er die Auffassung des Kammervorsitzenden zur Frage der örtlichen Zuständigkeit nicht teile, dies näher begründet – worauf Bezug genommen wird – und den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 12.10.2011 (Bl. 46 f. d.A.) seinen Standpunkt verteidigt und vertieft; insbesondere hat er sich nunmehr auch auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13.04.2011 (Az.: VIII ZR 220/10) bezogen. Hilfsweise hat er Verweisung an das Landgericht Marburg beantragt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Landgericht Stralsund ist – auch unter Berücksichtigung der jüngsten Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 12.10.2011 – örtlich nicht zuständig. Der Kläger hat für den Fall, dass das erkennende Gericht bei seiner unter dem 28.09.2011 geäußerten Einschätzung verbleiben sollte, Verweisung an das Landgericht Marburg beantragt. Das Gericht hält an seiner Auffassung fest. Der Eventualfall ist damit eingetreten. Der Rechtsstreit war daher unter Ausspruch der eigenen Unzuständigkeit antragsgemäß an das Landgericht Marburg zu verweisen (vgl. § 281 Abs. 1 S. 1 ZPO).

1. Das Landgericht Stralsund ist örtlich nicht zuständig.

a) Der Beklagte ist außerhalb des hiesigen Bezirks ansässig. Auf §§ 12 f. ZPO kann eine Klage vor dem hiesigen Gericht somit nicht gestützt werden. Denkbar ist eine Zuständigkeit des hiesigen Gerichts daher allein – anderweitige Gerichtsstandsbestimmungen, die eine Anrufung des Landgerichts Stralsund rechtfertigen könnten, macht auch der Kläger nicht geltend – auf der Grundlage des § 29 Abs. 1 ZPO. Diese Regelung greift hier indes nach zutreffender Auffassung nicht ein.

b) Das Gericht geht – wie bereits unter dem 28.09.2011 ausgeführt – im Anschluss u.a. an LG Krefeld, Beschluss vom 27.07.1977 – 2 O 262/77, MDR 1977, 1018, hier zitiert nach Juris, dort Tz. 4 ff., und Stöber, NJW 2006, 2661, 2662 ff., davon aus, dass Erfüllungsort und damit zugleich Gerichtsstand für die auf § 346 Abs. 1 BGB gestützte Rückzahlungsklage des Käufers nach Rücktritt vom Kaufvertrag – wie sie hier vorliegt – gemäß § 29 Abs. 1 ZPO i.V.m. §§ 270 Abs. 4, 269 Abs. 1 BGB der (Wohn-)Sitz des Verkäufers ist (so u.a. auch Schwab, in: AnwKomm-BGB, 1. Aufl. 2005, § 269 Rdnr. 40 ff.; Huber, in: Soergel, BGB, 12. Aufl. 1991, § 467 Rdnr. 97, 99, für die Wandelung nach altem Recht; Döhmel, Der Leistungsort bei Rückabwicklung von Verträgen, 1997, Seiten 109 ff., 134 ff., ebenfalls zur Wandelung nach früherem Recht).

aa) Für Gegenteiliges – d.h. für einen einheitlichen Gerichtsstand an dem Ort, an dem sich die Kaufsache nach Rücktritt bestimmungsgemäß befindet – gibt das geltende Recht entgegen der zumindest bislang herrschenden Auffassung (u.a. – wie vom Kläger auf Seite 6 der Klageschrift herangezogen – OLG Saarbrücken, Beschluss vom 06.01.2005 – 5 W 306/04, NJW 2005, 906, hier zitiert nach Juris, dort Tz. 5, sowie LG Freiburg, Urteil vom 07.11.2008 – 8 O 98/08, zitiert nach Juris, dort Tz. 9, und – unlängst – OLG Köln, Beschluss vom 28.03.2011 – 3 U 174/10, DAR 2011, 260, hier zitiert nach Juris, dort Tz. 10; weitere Nachweise u.a. bei Stöber, a.a.O., in Fußnoten 5 und 6), nichts her. Entgegen verbreiteter Auffassung ergibt sich für einen entsprechenden Einheitsgerichtsstand – der mit der differenzierenden und auf die jeweilige einzelne Vertragspflicht abstellenden gesetzlichen Systematik der §§ 269 f. BGB, 29 ZPO erkennbar nicht in Einklang steht – insbesonder...

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