Wer ist notwegberechtigt?

Anspruch auf Einräumung eines Notwegs haben nur der Eigentümer des zugangslosen Grundstücks und der Erbbauberechtigte.[1] Bloß Nutzungsberechtigte und Besitzer, also Mieter, Pächter, Nießbraucher, müssen sich grundsätzlich an diese Berechtigten halten, wenn sie einen Notweg benötigen. Der Eigentümer ist gegenüber dem Mieter aus dem Mietvertrag regelmäßig verpflichtet, ein begründetes Notwegrecht gegen den Nachbarn durchzusetzen.

Prozessstandschaft des Mieters

Allerdings sind Mieter auch berechtigt, in sog. gewillkürter Prozessstandschaft für den Vermieter ein Notwegrecht geltend zu machen.

 
Praxis-Beispiel

Gewillkürte Prozessstandschaft

Die Mieter eines Grundstücks, das über keine Verbindung zu einem öffentlichen Weg verfügt, nutzten einen bestimmten Bereich des benachbarten Grundstücks, um auf ihr Grundstück zu gelangen. Der Nachbar untersagte ihnen jedoch im Januar 2011 die Nutzung dieser Zuwegung und gestattete ihnen, einen anders verlaufenden Weg auf seinem Grundstück zu nutzen. Mit ihrer Klage gegen den Nachbarn haben Mieter nun ein Notwegrecht geltend gemacht, um das Grundstück auf dem bisherigen Weg zu erreichen. Der Nachbar hat widerklagend die Unterlassung der Nutzung dieses Teils seines Grundstücks durch die Kläger verlangt. Die Eigentümerin des gemieteten Grundstücks hat den Klägern alle Rechte zur Durchsetzung von Wege- und Überfahrtrechten abgetreten und sie darüber hinaus ermächtigt, die ihr zustehenden Eigentumsrechte im eigenen Namen geltend zu machen. Bei Amts- und Landgericht hatten die Kläger damit keinen Erfolg.

Doch der BGH[2] hält dieses Vorgehen der Kläger für zulässig: Mieter sind berechtigt, in gewillkürter Prozessstandschaft für den Vermieter ein Notwegrecht geltend zu machen. Es liege das erforderliche schutzwürdige Interesse der Kläger an der Geltendmachung des Anspruchs nach § 917 BGB vor.[3]

Alle gegen alle

Bei mehreren Eigentümern kann das Notwegrecht nur von allen Eigentümern des verbindungslosen Grundstücks gegenüber allen Eigentümern des duldungspflichtigen Nachbargrundstücks geltend gemacht werden.[4] Dies gilt auch in einer Wohneigentumsanlage.[5]

Vollstreckungsorgane als Berechtigte?

Zweifelhaft ist, ob beispielsweise der Gerichtsvollzieher berechtigt ist, in Ausübung des Notwegrechts den Schuldner auf seinem verbindungslosen Grundstück aufzusuchen.[6]

[2] BGH, Beschluss v. 16.1.2014, V ZB 12/13, NZM 2014 S. 267.
[3] Zur gerichtlichen Geltendmachung s. Abschn. 1.6.
[4] H. M., vgl. OLG Köln, Urteil v. 23.9.1992, 11 U 213/92, NJW-RR 1992 S. 1497, m. w. N.
[6] Näher dazu Gegenheimer, DGVZ 2021, S. 129, 135.

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