Normenkette
BGB § 1775 S. 2, §§ 1779, 1791b, 1797 Abs. 2, § 1909
Verfahrensgang
AG Hof (Beschluss vom 04.09.2014; Aktenzeichen 2 F 764/14) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Kreisjugendamtes X. wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Hof vom 4.9.2014 in Ziff. 2. abgeändert und wie folgt neu gefasst: Das Kreisjugendamt X. wird zum Amtsvormund mit Ausnahme des Wirkungskreises der asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten bestellt. Als Mitvormund für den Wirkungskreis der asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten ist ein im Asyl- und Ausländerrecht erfahrener Rechtsanwalt zu bestellen. Dieser übt das Amt berufsmäßig aus. Die Auswahl des Mitvormundes bleibt dem AG - Familiengericht - Hof vorbehalten.
2. Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der am xx. xx. 1998 geborene A. wurde am 16.7.2014 ohne Begleitung seiner Eltern in X. aufgegriffen. Der Jugendlichen wurde in Obhut genommen, das Kreisjugendamt X. hat die Errichtung einer Vormundschaft beantragt.
Das AG hat den Jugendlichen persönlich angehört und mit Beschluss vom 4.9.2014 das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt, Vormundschaft angeordnet und als Vormund das Kreisjugendamt X. bestellt. Auf die Gründe des Beschlusses (Bl. 20/21 d.A.) wird Bezug genommen.
Gegen diesen ihm am 16.9.19204 zugestellten Beschluss hat das Kreisjugendamt X. mit Schriftsatz vom 10.10.2014, eingegangen per Telefax am selben Tag beim AG Hof, Beschwerde eingelegt und beantragt, einen Mitvormund zur Regelung der asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten zu bestellen und den Beschluss entsprechend abzuändern. Mit Schriftsatz vom 14.10.2014, eingegangen per Telefax am selben Tag beim AG Hof, hat das Kreisjugendamt sodann seine Beschwerde begründet. Ohne die Bestellung eines Mitvormunds zur Regelung der asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten würden die Interessen des Jugendlichen in diesem für ihn substantiell wichtigen Lebensbereich nicht gewahrt. Beim Kreisjugendamt X. gebe es aktuell keine gem. § 55 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII beauftragte Person, die über ausreichende asyl- und ausländerrechtlichen Kenntnisse verfüge, um die anstehenden ausländerrechtlichen Fragen fachgerecht zu beantworten und die dem Wohl des Jugendlichen dienenden richtigen Anträge zu stellen. Würde es bei der alleinigen Vormundschaft des Kreisjugendamtes X. bleiben, würden demnach Entscheidungen von einem nicht ausreichend fachkundigen Vormund getroffen. Im Hinblick auf die Tragweite der Entscheidungen für den Jugendlichen sei es nicht hinnehmbar, dass der Vormund mangels ausreichender Fachkenntnisse Entscheidungen treffen müssen. Es lägen auch besondere Gründe für die Bestellung eines Mitvormundes vor. Zudem vorstoße der angefochtene Beschluss auch gegen europarechtlichen Vorgaben, insbesondere die Richtlinie 2013/32/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zu gemeinsamen Verfahren über die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes, dem unbegleiteten Minderjährigen einen mit erforderlichen Fachkenntnissen ausgestatteten Vertreter zur Seite zu stellen. Auf die Beschwerdebegründung wird Bezug genommen.
II. Die Beschwerde des Kreisjugendamtes X. als Amtsvormund für den betroffenen Jugendlichen ist gem. §§ 58 ff. FamFG zulässig und begründet.
Die Beschwerdeberechtigung des Jugendamtes als anzuhörende Fachbehörde folgt aus § 162 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Soweit es dem Amtsvormund darum geht, nicht alleine die Verantwortung für den unbegleitet eingereisten Minderjährigen übernehmen zu müssen, ist insoweit auch seine Rechtsstellung tangiert, so dass er beschwerdebefugt ist (vgl. OLG Frankfurt, JAmt 2014. S. 166 ff.).
Die Beschwerde ist auch begründet. Dem betroffenen Jugendlichen ist ein Mitvormund in Person eines Rechtsanwalts für die Betreuung des Jugendlichen in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten zu bestellen. Gemäß § 1909 BGB erhält der unter Vormundschaft stehende Minderjährige einen Pfleger für solche Angelegenheiten, an deren Besorgung der Vormund verhindert ist. Die Verhinderung kann aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen bestehen. Eine Verhinderung aus Rechtsgründen kommt insbesondere bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 1795, 1796 BGB in Betracht. Beide Vorschriften sind vorliegend nicht einschlägig (vgl. BGH FamRZ 2013, 1206 f.).
Dem betroffenen Jugendlichen ist jedoch ein Mitvormund in Person eines Rechtsanwaltes für die Betreuung in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten zu bestellen (vgl. OLG Frankfurt, Jugendamt 2014, S. 166 ff.). Gemäß § 1775 BGB können ausnahmsweise mehrere Vormünder für ein Mündel bestellt werden, sofern besondere Gründe hierfür vorliegen. Dabei ist vorliegend vom Grundsatz der Einzelvormundschaft abzuweichen, weil besondere Gründe dafür vorliegen, neben dem Jugendamt als Amtsvormund noch einen weiter...