Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz bei Kfz-Unfall: Wirksamkeit der Abtretung des Anspruchs auf Erstattung der Sachverständigenkosten und der Anweisung an die gegnerische Haftpflichtversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Abtretungsklausel, die eine Übertragung des aus § 7 StVG folgenden Schadensersatzanspruchs auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen enthält, verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn ein Verweis auf das Recht des Geschädigten fehlt, den Honoraranspruch des Sachverständigen nur Zug um Zug gegen Rückabtretung des Schadensersatzanspruchs erfüllen zu müssen. (Rn. 9)

2. Eine Abtretungsvereinbarung, die die Anweisung der Versicherungsgesellschaft des Unfallgegners zur Bezahlung der Honorarrechnung des Sachverständigengutachtens enthält, ist als überraschend im Sinne von § 305c BGB und als unangemessen benachteiligend anzusehen. (Rn. 16)

 

Normenkette

BGB §§ 305c, 307 Abs. 1 Sätze 1-2, § 398; StVG § 7

 

Verfahrensgang

LG Coburg (Urteil vom 15.02.2019; Aktenzeichen 11 O 321/18)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Coburg vom 15.02.2019, Az. 11 O 321/18, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1. genannte Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen, da weder die Revision gegen das Urteil zulässig ist, noch gemäß § 544 ZPO dagegen die Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden kann, weil die Beschwer des Klägers durch dieses Urteil die dafür erforderliche Grenze von 20.000,00 EUR nicht überschreitet.

Wegen der Feststellungen wird daher auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie im Übrigen auf den schriftsätzlichen Vortrag der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Im Hinblick auch den Klageantrag zu Ziffer 6. aus der Berufungsbegründung vom 13.05.2019 hat der Kläger durch Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22.09.2020 die Teilerledigung erklärt, da die Forderung durch die Beklagte zwischenzeitlich beglichen worden sei. Der Beklagtenvertreter hat der Teilerledigterklärung nicht zugestimmt (Hauptverhandlungsprotokoll vom 22.09.2020).

B. I. Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere liegt auch das für die als (unproblematisch zulässige) Klageänderung in eine Feststellungsklage auszulegende einseitige Erledigterklärung erforderliche Feststellungsinteresse vor soweit der Kläger die Klage im Hinblick auf den Klageantrag zu Ziffer 6. aus der Berufungsbegründung vom 13.05.2019 für erledigt erklärt hat und die Beklagte dieser Teilerledigterklärung widersprochen hat.

II. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Es fehlt an der Aktivlegitimation, weil die Abtretungen sowie die Anweisungsklausel wegen Verstößen gegen das Transparenzgebot und das Verbot der unangemessenen Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB) sowie aufgrund des Überraschungscharakters der Klausel (§ 305c Abs. 1 BGB) unwirksam sind bzw. nicht Vertragsbestandteil wurden. Der Kläger ist daher nicht Inhaber der geltend gemachten Forderungen durch Abtretung geworden. Die Anweisungsklausel bietet ebenfalls keine Grundlage für eine Geltendmachung einer Zahlung an sich in eigenem Namen.

1. Bei den zu Grunde liegenden Erklärungen handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen. Auf die Ausführungen des Landgerichts wird insoweit Bezug genommen.

2. Der Anwendungsbereich des § 307 Abs. 1 und 2 BGB ist vorliegend nicht nach § 307 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Zwar liegt keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung vor. Der fehlende Verweis auf das Recht des Geschädigten, den Honoraranspruch des Sachverständigen nur Zug um Zug gegen Rückabtretung des Schadensersatzanspruchs erfüllen zu müssen, stellt nach Ansicht des Senats in der Gesamtschau des verwendeten Klauselwerks jedoch eine zumindest missverständliche Regelung dar, die den Anwendungsbereich des § 307 Abs. 1 und 2 BGB eröffnet (vgl. MüKoBGB/Wurmnest, 8. Aufl. 2019, BGB § 307 Rn. 9).

3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelten folgende Grundsätze im Hinblick auf das Transparenzgebot (zuletzt BGH, Urteil vom 18.2.2020, Az.: VI ZR 135/19):

"...

Nach § 307 I 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragsgegners daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, die Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Er muss einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreibe...

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