Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Haftung des Fahrzeughalters aus § 7 Abs. 1 StVG für Schäden am Eigentum Dritter aufgrund der Inbrandsetzung eines abgestellten Fahrzeugs aus ungeklärter Ursache
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Beschädigung des Eigentums Dritter aufgrund des Brandes eines abgestellten Fahrzeugs ist nicht durch dessen Betrieb im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG verursacht, wenn nicht festzustellen ist, dass der Brand des Fahrzeugs auf einem technischen Defekt oder einer anderen technischen Ursache (Reibung, Wärme) des Fahrzeugs beruhte.
2. Eine Haftung aufgrund der Betriebsgefahr nach § 7 Abs. 1 StVG wird nicht bereits dadurch begründet, dass ein Fahrzeug wegen der mitgeführten Betriebsstoffe oder der verwendeten Materialien leicht brennbar ist. Ein hieraus verursachter Brand eines Fahrzeugs steht der Gefahr der Inbrandsetzung beliebiger anderer im öffentlichen Raum abgestellter Gegenstände gleich (Anschluss an BGH, Urteil vom 21.01.2014 - VI ZR 253/13, BGHZ 199, 377; Urteil vom 11.02.2020 - VI ZR 286/19, NJW 2020).
3. Bei der Geltendmachung eines Anspruchs aufgrund der Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG hat der Geschädigte als anspruchsbegründende Tatsache darzulegen und zu beweisen, dass der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist (Anschluss an BGH, Urteil vom 21.11.1967 - VI ZR 108/66, VersR 1968, 176; Urteil vom 04.05.1976 - VI ZR 193/74, MDR 1977, 43).
4. Der Geschädigte trägt auch das Risiko der Nichterweislichkeit der behaupteten Verursachung des Brandes eines Kraftfahrzeugs durch einen technischen Defekt des Fahrzeugs. Auch wenn feststeht, dass das Eigentum des Geschädigten durch den Brand des Kraftfahrzeugs beschädigt wurde, ist keine sekundäre Darlegungs- und Beweislast des Halters begründet, wonach dieser darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hätte, dass der Brand und der Schaden nicht durch einen technischen Defekt des Fahrzeugs verursacht wurde.
Normenkette
StVG § 7 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 7 O 1204/20) |
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 01.03.2023, Az.: 7 O 1204/20, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
II. Der Klägerin wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 09.08.2023 gegeben.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagten Ansprüche aufgrund eines Schadensereignisses geltend, welches sich am 08.08.2017 ... in Bremerhaven ereignete.
Am betreffenden Tag kam es aus zwischen den Parteien streitiger Ursache zu einem Brand eines Motorrollers vom Typ ..., dessen Halter der Beklagte zu 1. war und der bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert war. Der Motoroller war zuvor an einem zwischen den Parteien streitigen Zeitpunkt vom Beklagten zu 1. in einem Abstand von weniger als einem Meter von einer dort befindlichen Transformatorenstation der Klägerin abgestellt worden. Bei dem Brand wurde der Motoroller zerstört und es wurde auch die Transformatorenstation erheblich beschädigt, wodurch der Klägerin Instandsetzungskosten i.H.v. EUR 25.695,99 entstanden.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht behauptet, dass ein technischer Defekt des Motorrollers die Brandursache gewesen sei. Sie meint, dass selbst bei fehlendem Nachweis eines technischen Defekts eine Haftung der Beklagten aus der Betriebsgefahr des Rollers begründet sei, da nach ihrer Auffassung der Schaden bei Betrieb des Motorrollers entstanden sei.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 01.03.2023 sein Versäumnisurteil vom 05.05.2021 aufrechterhalten, in dem es die Klage abgewiesen hat. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Schaden nicht bei Betrieb des Motorrollers entstanden sei. Das Landgericht hat angenommen, dass die Klägerin nicht erheblich bestritten habe, dass der Motorroller bereits zwei Tage vor dem Brand abgestellt worden sei. Dass der Brand sodann auf einer betriebsbedingten Gefahr beruht habe, habe die Klägerin aber nicht nachweisen können. Für einen technischen Defekt lägen keine Anhaltspunkte vor, weder im Untersuchungsbericht der Polizei noch in dem vom Landgericht eingeholten Gutachten des Sachverständigen ..., der eine Brandstiftung für überwiegend wahrscheinlich hielt. Ein weitergehendes Verständnis des Begriffs des Betriebs eines Fahrzeugs ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des EuGH im Urteil vom 20.06.2019 - C-100/18, juris Rn. 48, VersR 2019, 1008. Hinsichtlich des Tatbestandes und des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz unter Einschluss der dort gestellten Anträge wird Bezug genommen auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts Bremen vom 01.03.2023, Az.: 7 O 1204/20 (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klagantrag weiterverfolgt.
Die Klägerin meint, dass der Begriff der Beschädigung bei Betrieb eines Kraftfahrzeugs im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG weit auszulegen sei. Der Motorroller weise leicht entzündbare Fahrzeugkomponenten auf, die auch o...