Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde gegen die Bestellung eines Prozesspflegers für die GmbH
Leitsatz (amtlich)
1. Die sofortige Beschwerde gegen die Bestellung eines Prozesspflegers für die GmbH ist auch dann unstatthaft, soweit die Bestellung unter Verletzung des Anspruchs der Gesellschaft auf rechtliches Gehör erfolgte, da diese Entscheidung im Zwischenverfahren nicht abschließend ist und keine Bindungswirkung für das weitere Verfahren entfaltet (Fortführung von BGH, Beschluss vom 22. Juni 2016 - XII ZB 142/15 -, Rn. 24, juris).
2. Die GmbH wird, solange die Gesellschafter die Prozessführung nicht an sich ziehen, im Prozess gegen einen Geschäftsführer um die Wirksamkeit dessen Bestellung oder Abberufung von einem weiteren bestellten Geschäftsführer vertreten, solange dieser bei Erfolg des Antrages der Gesellschaft als der zutreffende Geschäftsführer anzusehen ist. Dies gilt auch dann, wenn der verbleibende Geschäftsführer bei Erfolg des Antrages der Gesellschaft zum Einzelgeschäftsführer erstarkte und nur als solcher nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages über eine Einzelvertretungsbefugnis verfügte (Fortführung von BGH, Urteil vom 14. Dezember 1961 - II ZR 97/59 -, BGHZ 36, 207, Rn. 5, juris; Urteil vom 10. November 1980 - II ZR 51/80 -, Rn. 7, juris; OLG Hamm, Urteil vom 07.10.1992 - 8 U 75/92 -, GmbHR 1993, 743 [745])
Normenkette
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 14 O 23/23) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Nebenintervenienten vom 21.04.2023 gegen den Beschluss der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bremen vom 24.03.2023 wird als unzulässig verworfen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Nebenintervenient.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Nebenintervenient wendet sich gegen die Bestellung eines Prozesspflegers für die Beklagte.
Die Klägerin ist Mitgesellschafterin und Mitgeschäftsführerin der beklagten Unternehmergesellschaft. Der Nebenintervenient ist der einzig weitere Gesellschafter und weitere Geschäftsführer der Beklagten.
Im Gesellschaftsvertrag der Beklagten (Stand: 02.03.2021) heißt es in § 5 - Geschäftsführung, Vertretung:
"Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer.
Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft alleine. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten."
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Nichtigkeitsfeststellung diverser auf einer Gesellschafterversammlung vom 16.09.2022 getroffener Gesellschafterbeschlüsse, mit denen die Klägerin als Geschäftsführerin abberufen wird und der verbliebene Geschäftsführer, der Nebenintervenient, angewiesen wird, Stammeinlagen beizutreiben und die Klägerin auf Rückzahlung verschiedener Zahlungen sowie auf Auskunftserteilung in Anspruch zu nehmen. Außerdem wird der Klägerin in den angefochtenen Gesellschafterbeschlüssen die Kontovollmacht über das Geschäftskonto der Beklagten entzogen und der verbliebene Geschäftsführer angewiesen, ein Gutachten über etwaige Straftaten der Klägerin zum Nachteil der Gesellschaft einzuholen.
Bereits mit Klageerhebung beantragte die Klägerin die Bestellung eines Prozesspflegers, weil die Beklagte in Ermangelung eines neben der Klägerin alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers ohne gesetzlichen Vertreter sei.
Mit dem angegriffenen Beschluss bestellte die Vorsitzende der 4. Kammer für Handelssachen Rechtsanwalt [...] zum Prozesspfleger der Beklagten und stellte die Klage an den Prozesspfleger zu; dieser nahm die Klage am 31.03.2023 als zugestellt entgegen.
Mit Schriftsatz vom 21.04.2023, eingegangen beim Landgericht am selben Tag, trat der Nebenintervenient dem Rechtsstreit bei und beantragte Klageabweisung. Zugleich legte er gegen die Bestellung des Prozesspflegers sofortige Beschwerde ein und begründete diese, nach dem die Kammer auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde hingewiesen hatte, mit Schriftsatz vom 23.05.2023. Der Nebenintervenient beanstandet, dass er vor Bestellung des Prozesspflegers hätte gehört werden müssen. Eine Befugnis des Nebenintervenienten, die Beklagte zu vertreten, ergebe sich bereits aus dem Rechtsinstitut der actio pro socio und im Übrigen daraus, dass eine Gesamtvertretungsberechtigung zur Einzelvertretungsberechtigung erstarke, wenn einem der Mitgeschäftsführer - wie hier - der Vorwurf einer unerlaubten Handlung gemacht werde, ähnlich wie im Fall eines Strafverfahrens gegen einen der Geschäftsführer.
Mit Beschluss vom 25.05.2023 lehnte es die Kammer ab, der Beschwerde abzuhelfen und legte die Sache dem Senat zur Entscheidung vor.
II. Die sofortige Beschwerde des Nebenintervenienten ist unzulässig, da sie nicht statthaft ist.
1. Gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist die sofortige Beschwerde statthaft gegen im ersten Rechtszug ergangene Entscheidungen der Landgerichte, wenn das Gesetz dies ausdrücklich be...