Leitsatz (amtlich)
Wird die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss als unbegründet zurückgewiesen und hatte der Berufungsgegner Anschlussberufung eingelegt, so findet grundsätzlich keine Kostenteilung nach den auf Berufung und Anschlussberufung entfallenden Streitwertquoten statt. Vielmehr hat der Berufungsführer nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten allein zu tragen; hierzu gehören auch die Kosten der Anschlussberufung.
Normenkette
ZPO § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 522 Abs. 2, § 524
Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 08.01.2008; Aktenzeichen 8 O 1035/06) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Bremen - 8. Zivilkammer - vom 8.1.2008 wird nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung einschließlich der Kosten der Anschlussberufung.
Der Berufungsstreitwert wird auf insgesamt 10.151,89 EUR festgesetzt (Berufung: 5.172,69 EUR; Anschlussberufung 4.979,20 EUR).
Gründe
Zur Begründung wird auf den Beschluss vom 29.4.2008 Bezug genommen, in welchem der Senat seine Absicht, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, ausgeführt hat. Hieran wird festgehalten.
Die Kosten des Berufungsverfahrens sind nach § 97 Abs. 1 ZPO vom Kläger zu tragen. Hierzu gehören auch die Kosten der Anschlussberufung.
Allerdings ist die Frage, wen die Kostenlast für die Anschlussberufung trifft, wenn die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss als unbegründet zurückgewiesen wird, in Rechtsprechung und Literatur umstritten (zum Meinungsstand vgl. Gummer/Heßler in Zöller, ZPO, 26. Aufl., Rz. 44 zu § 524).
Der zum Teil im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH zum früheren Revisionsrecht (BGHZ 80, 146 ff.) vertretenen Auffassung, in einem solchen Fall habe eine Kostenteilung nach den auf Berufung und Anschlussberufung entfallenden Streitwertquoten stattzufinden, tritt der Senat aus den nachfolgenden Erwägungen entgegen:
Einer quotenmäßigen Aufteilung nach §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO steht bereits entgegen, dass die Anschlussberufung kein eigenes Rechtsmittel ist, sondern nur ein Angriff innerhalb des vom Berufungskläger eingelegten Rechtsmittels (BGH NJW-RR 2006, 1147), so dass der Grundsatz des § 97 Abs. 1 ZPO, wonach die Kosten eines erfolglos eingelegten Rechtsmittels von demjenigen zu tragen sind, der es eingelegt hat, hier nicht zur Anwendung kommen kann. Letztlich gehen auch die Kosten der Anschlussberufung auf die Veranlassung des Berufungsklägers zurück; denn ohne seine Berufung hätte sich der Berufungsbeklagte mit dem Urteil des ersten Rechtszuges zufrieden gegeben. Das Anschlussrechtsmittel stellt sich also nur als eine durch die Berufung veranlasste Reaktion des Gegners dar.
Dementsprechend kommen dem Berufungsführer auch in Fällen der Berufungsrücknahme die §§ 91 ff. ZPO weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung zustatten, wenn durch sie die Anschlussberufung ohne gerichtliche Sachentscheidung hinfällig wird (BGH, a.a.O.). Nach Ansicht des Senats kann es aber keinen Unterschied ergeben, ob sich eine Sachentscheidung über die Anschlussberufung infolge einer Berufungsrücknahme oder aber deswegen erübrigt, weil die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückgewiesen wird. Beiden Fällen ist gemeinsam, dass die Anschlussberufung durch die Berufung veranlasst wurde und eine gerichtliche Entscheidung über sie nicht stattfindet. Es gibt keinen Grund, die Fälle verschieden zu behandeln und dabei den Berufungsführer, der nach gerichtlichem Hinweis gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO von einer Rücknahme absieht und das Gericht nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss entscheiden lässt, kostenmäßig besser zu stellen (ebenso OLG Celle MDR 2004, 592; OLG Hamburg MDR 2003, 1251; OLG Köln OLGReport Köln 2004, 397, 398). Umgekehrt wäre das Kostenrisiko für den Gegner, der die Anschlussberufung einlegt, nicht kalkulierbar; denn er könnte die - je nach dem Verhalten des Prozessgegners eintretenden - unterschiedlichen Folgen weder beeinflussen noch vorhersehen.
Der hier vertretenen Auffassung des Senats steht die zur Anschlussrevision ergangene Entscheidung des BGH v. 11.3.1981 (BGHZ 80, 146, 148) nicht entgegen. Diese Entscheidung erging zu den Kosten einer unselbständigen Anschlussrevision nach § 556 ZPO a.F. bei Ablehnung der Revisionsannahme nach § 554b ZPO a.F. Die Ansicht des OLG Düsseldorf (NJW 2003, 1260), das Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO stelle faktisch ein solches Annahmeverfahren dar, teilt der Senat nicht. Während § 554b ZPO dem BGH die Möglichkeit eröffnete, bei fehlender grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und fehlender Erfolgsaussicht von vornherein eine Entscheidung in der Sache abzulehnen, wird im Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO eine echte Sachentscheidung getroffen. Auch der Verweis darauf, dass die Anschlussberufung auch nach der Novellierung der ZPO von der Zulässigkeit des Hauptrechtsmittels abhängt, rechtfertigt nach Ansicht des Senats die Heranziehung der Rechtsprechung des BGH zu den §§ 554b, 556 ZPO a.F. nicht, denn das Beschlussverfa...