Leitsatz (amtlich)

1. Das Fällen und anschließende Beseitigen eines auf öffentlichem Grund stehenden Baumes, dessen herab gefallener Ast Schäden an dem parkenden Kraftfahrzeug des Klägers verursacht hatte, stellt eine die Beweislastumkehr begründende Beweisvereitelung dar, wenn die beklagte Partei das Fällen und Beseitigen des Baumes während des Rechtsstreits und vor der erforderlichen Begutachtung durch einen Sachverständigen veranlasst und dadurch dem Kläger bewusst die Möglichkeit des Beweises einer Amtspflichtverletzung nimmt.

2. Bei der Beschädigung eines gewerblich genutzten Kraftfahrzeuges kommt eine abstrakte Nutzungsausfallentschädigung nicht in Betracht; vielmehr bemisst sich der Schaden nach dem entgangenem Gewinn, den Vorhaltekosten eines Reservefahrzeugs oder der Miete eines Ersatzfahrzeugs.

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 14.12.2007; Aktenzeichen 1 O 1937/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Bremen - 1. Zivilkammer, Einzelrichterin - vom 14.12.2007 wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.782,81 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.8.2006 zu zahlen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 207,93 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.10.2006 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 29 % und die Beklagte 71 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger die erstinstanzlich gestellten Klaganträge weiter. Der Berufungsvortrag des Klägers ergibt sich aus seiner Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 29.2.2008 (Bl. 149-157 d.A.) sowie aus seinem Schriftsatz vom 10.4.2008 (Bl. 171-176 d.A.).

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung. Wegen des Vortrags der Beklagten wird auf das Vorbringen in ihrem Schriftsatz vom 1.4.2008 (Bl. 165-170 d.A.) Bezug genommen.

II. Die statthafte (§ 511 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§§ 517, 519, 520 ZPO) Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Bremen - 1. Zivilkammer, Einzelrichterin - vom 14.12.2007 ist in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet; im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch i.H.v. 3.782,81 EUR nebst Zinsen zu; außerdem hat der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten i.H.v. 207,93 EUR nebst Zinsen.

1. Grundlage des Schadensersatzanspruchs des Klägers gegen die Beklagte wegen der Schädigung seines Kühlfahrzeugs [... ] mit dem amtlichen Kennzeichen [... ] am 7.7.2006 durch den herabgefallenen Ast eines an der H.-Allee in B. stehenden Baumes sind § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG, §§ 11, 9 BremLStrG § 249 BGB.

Die Beklagte hat nämlich eine ihr dem Kläger gegenüber obliegende Amtspflicht schuldhaft verletzt.

Die in B. hohheitlich ausgestaltete (§§ 9, 11 BremLStrG) Straßenverkehrssicherungspflicht erstreckt sich auf den Schutz vor Gefahren durch Straßenbäume; ihre Verletzung ist daher geeignet, Amtshaftungsansprüche zu begründen (s. nur BGH NJW 2004, 1381).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht dadurch verletzt, dass die Mitarbeiter des städtischen Eigenbetriebes "S. B." bei der am 28.9.2005 vorgenommenen Kontrolle des in Rede stehenden Baumes an der H.-Allee Anzeichen verkannt oder übersehen haben, die nach der Erfahrung auf eine weitere Gefahr durch den Baum hinwiesen (so die Formulierung in BGH NJW 2004, 1381).

Für das Vorliegen der letztgenannten Voraussetzung ist der Kläger anerkanntermaßen (BGH, a.a.O.) grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtig; diesen Beweis hat er bisher nicht zu erbringen vermocht. Bei der vorliegenden Fallgestaltung geht dieser Umstand jedoch ausnahmsweise zu Lasten der Beklagten. Dem Kläger kommt nämlich insoweit eine Beweislastumkehr zu Gute, weil die Beklagte die an sich dem Kläger obliegende Beweisführung bewusst vereitelt hat (BGH NJW 2004, 222; 06, 434, 436).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH liegt in Anwendung des Rechtsgedankens aus §§ 427, 441 Abs. 3 Satz 3, 444, 446, 453 Abs. 2, 454 Abs. 1 ZPO und § 242 BGB eine Beweisvereitelung vor, wenn eine Partei ihrem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht. Dies kann vorprozessual oder während des Prozesses durch gezielte oder fahrlässige Handlungen geschehen, mit denen bereits vorhandene Beweismittel vernichtet oder vorenthalten werden. Das Verschulden muss sich dabei sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts als auch auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion beziehen, also darauf, die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen (BGH, a.a.O...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge