Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorauswahlliste für Insolvenzverwalterbestellung, Berücksichtigung der Ortsnähe bei Aufnahme in die Vorauswahlliste
Leitsatz (amtlich)
Das Kriterium der Ortsnähe bei einer Fahrzeit von vielleicht 50 Minuten (Entfernung etwa 64 km) vom Kanzleisitz zum Gerichtsort kann auch in Anbetracht heute allgemein zur Verfügung stehender moderner Kommunikationsmittel nicht in der Weise allgemein gefordert werden, dass eine Einschränkung im Listing zu rechtfertigen wäre.
Normenkette
InsO § 56
Verfahrensgang
AG Hannover (Aktenzeichen 900 AR 9/97 376E5) |
Tenor
Die Bescheide des Antragsgegners vom 10.10.2014 und 10.12.2014 werden aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten der Antragsteller werden nicht erstattet.
Der Verfahrenswert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller sind Rechtsanwälte und Insolvenzverwalter sowie Sozien der Kanzlei mit Sitz in B. Gemeinsam unterhalten sie nach ihren Angaben in H., P. straße, ein Büro, in dem sie zu festen Terminen anwesend seien. Sie werden auf der Vorauswahlliste des Antragsgegners für Insolvenzverwalter geführt.
Mit Schreiben vom 10.10.2014 wies der Antragsgegner die Antragsteller darauf hin, dass Verfahren i.d.R. nur übertragen werden, wenn auch deren Bearbeitung vor Ort (in H.) sichergestellt sei. Dies setze zumindest ein mit eigenen fachkundigen Mitarbeitern regelmäßig besetztes Büro voraus. Eine Überprüfung vor Ort habe ergeben, dass diese Voraussetzungen nicht gegeben seien. Dementsprechend würden die Antragsteller künftig lediglich mit Verfahren beauftragt, die in direktem Bezug zu deren Kanzleisitz (B.) stünden.
Auf eine Stellungnahme der Antragsteller vom 30.10.2014 hin, in der sie nochmals auf die Organisation ihres Büros in H. hinwiesen, hat der Antragsgegner - nach nochmaliger Überprüfung - mit Bescheid vom 10.12.2014 an seiner Entscheidung festgehalten.
Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG vom 13.1.2015 und beantragen, die Bescheide des Antragsgegners vom 10.10.2014, bestätigt durch den Bescheid vom 10.12.2014, aufzuheben.
Sie halten die Bescheide für rechtswidrig. Der Antragsgegner beschränke die Berücksichtigung der Antragsteller in unzulässiger Weise, indem er sie bei der Auswahl auf Fälle mit direktem Bezug zum Kanzleisitz in B. einschränke. Darin liege eine Ermessensverletzung, denn in die Auswahlliste sei jeder Bewerber einzutragen, der die grundsätzlich zu stellenden Anforderungen an eine generelle, von der Typizität des einzelnen Insolvenzverfahrens gelöste Eignung für das erstrebte Amt erfülle. Mit dem Kriterium der Ortsnähe/Erreichbarkeit habe der Antragsgegner dagegen eine unzulässige Einschränkung vorgenommen.
Der Antragsgegner verteidigt demgegenüber die ergangene Entscheidung.
II. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig und im Ergebnis begründet.
1. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist die Monatsfrist gem. § 26 EGGVG eingehalten. Zwar hat der Antragsgegner die nunmehr beanstandete Einschränkung in der geführten Liste der Insolvenzverwalter bereits mit Bescheid vom 10.10.2014 ausgesprochen; er hat diese Entscheidung aber auf die Eingabe der Antragsteller vom 30.10.2014 erneut überprüft und im Ergebnis an seiner Entscheidung mit Bescheid vom 10.12.2014 festgehalten. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 23 EGGVG ist demzufolge gegen die letztgenannte Entscheidung gerichtet und damit fristgerecht eingelegt worden. Dieser Bescheid ist allein dem Antragsteller zu 2 am 16.12.2014 zugestellt worden. Der dagegen eingelegte Rechtsbehelf der Antragsteller ist am 13.1.2015 beim Senat und damit fristgerecht eingegangen.
Antragsgegner ist allerdings nicht - wie im Antrag ausgeführt - das Land Niedersachsen, vertreten durch das AG Hannover - Insolvenzgericht -, sondern allein das AG Hannover - Insolvenzgericht -, denn die Insolvenzrichter entscheiden über die Auswahl des Insolvenzverwalters in richterlicher Unabhängigkeit, so dass sie auch an dem Verfahren zu beteiligen sind (Senat, Beschl. vom 6.6.2014 - 16 VA 4/14; ebenso OLG Düsseldorf 3 VA 2/10). Dagegen hat das Land Niedersachsen mit der Entscheidung über die Aufnahme in die Auswahlliste nichts zu tun. Diese Entscheidung obliegt allein den zuständigen Abteilungsrichtern des AG, wie auch hier geschehen.
Der Antrag ist daher dahin auszulegen, dass er sich gegen den im Rubrum genannten Antragsgegner richtet.
2. Der Antrag ist auch in der Sache gerechtfertigt.
a) Die Bescheide verletzen die Antragsteller in ihren Rechten nach § 56 InsO, Art. 3, 12 GG.
Der Senat versteht die angegriffene Entscheidung des Antragsgegners dahin, dass diese die Antragsteller zwar in der Auswahlliste der Insolvenzverwalter weiterhin führen, jedoch eine Einschränkung dahin vornehmen, dass diese lediglich mit Verfahren beauftragt werden können, die in direktem Bezug zu ihrem Kanzleisitz in B. stehen, weil ein geführtes und auch kurzfristig ansprechbares Büro in H. tatsächlich ni...