Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage der Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Dauerwohnrechts
Leitsatz (amtlich)
Ein Dauerwohnrecht i.S.v. § 31 WEG kann wirksam auf Lebenszeit des Berechtigten bestellt werden.
Normenkette
WEG §§ 31, 41; GBO §§ 23, 29
Verfahrensgang
AG Hildesheim (Aktenzeichen Söhre Blatt 594) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 4.3.2014 wird die Zwischenverfügung des AG - Grundbuchamt - Hildesheim vom 15.1.2014 aufgehoben. Das AG wird angewiesen, den Antrag der Antragstellerin in dem Schriftsatz vom 13.1.2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.
Gründe
I. Die Antragstellerin beantragt als Eigentümerin die Löschung einer im Grundbuch von S. Blatt ... 4 in Abt. II lfd. Nr ... eingetragenen Belastung. Diese hat folgenden Wortlaut:
"Dauerwohnrecht für die Witwe A. H., geb. U., in S. Die Dauerwohnberechtigte bedarf zur Veräußerung des Dauerwohnrechts der Zustimmung des Grundstückseigentümers. Unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom 27.4.1956 eingetragen am 9.5.1957 und umgeschrieben am 23.5.1979."
Die diesbezügliche Eintragungsbewilligung (§ 11 des notariellen Vertrages des Notars K. vom 27.4.1956) hat folgenden Wortlaut:
"Die vertragsschließenden Parteien bewilligen und beantragen die Eintragung eines Dauerwohnrechts vom Tage der Eintragung an zugunsten der Witwe A. H. geb. U. in Abt. II des Grundbuches von S. Band ... 7 Blatt ... 4, und zwar auf dem Flurstück ... 3 Flur ... 4 entsprechend den obigen Vereinbarungen, und zwar im Range nach einer noch einzutragenden Grundschuld i.H.v. 7.500 DM nebst bis zu 9 % Zinsen jährlich. Zur Löschung des Dauerwohnrechts genügt die Vorlage der Sterbeurkunde der Dauerwohnberechtigten."
In der angefochtenen Zwischenverfügung vom 15.1.2014 hat das AG ausgeführt, dass der beantragten Grundbucheintragung entgegenstehe, dass es sich bei dem Recht ... um ein vererbliches und veräußerliches Dauerwohnrecht nach WEG handele, zu dessen Löschung die Bewilligung der Erben nebst formgerechtem Erbnachweis erforderlich sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie ist der Auffassung, dass es sich bei der in Abt. II lfd. Nr ... eingetragenen Belastung nicht um ein Dauerwohnrecht i.S.v. § 31 WEG, sondern um ein Wohnungsrecht i.S.v. § 1093 BGB handele; es sei insoweit von einer irrtümlichen Falschbezeichnung auszugehen. Selbst wenn man aber annehmen wolle, dass es sich bei der eingetragenen Belastung um ein Dauerwohnrecht i.S.v. § 31 WEG handelt, sei dieses lediglich befristet bestellt worden. Dass die Berechtigte inzwischen verstorben ist, ergebe sich aus der beigefügten (Original-)Sterbeurkunde vom 28.8.1985.
II. Die nach § 71 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg. Die Begründung des AG in der angefochtenen Zwischenverfügung vom 15.1.2014 hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Der Antrag der Antragstellerin ist vorliegend auf die Löschung des in Abt. II Nr ... des Grundbuches von S., Bl ... 4 eingetragenen Rechts gerichtet. Zwar liegt eine Bewilligung der (etwaigen) Erben der eingetragenen Berechtigten nach § 19 GBO nicht vor. Indes hat die Antragstellerin die Unrichtigkeit des Grundbuchs (§ 22 Abs. 1 GBO) infolge des Erlöschens des eingetragenen Rechts in der Form des § 29 GBO nachgewiesen, nämlich durch Vorlage der Sterbeurkunde der Berechtigten Frau A. H.
1. Zu Recht ist das AG allerdings im Ausgangspunkt seiner angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass es sich bei dem in Abt. II lfd. Nr ... eingetragenen Recht um ein Dauerwohnrecht i.S.v. § 31 WEG handelt.
a) Inhalt und Umfang einer Grunddienstbarkeit bestimmen sich nach der Eintragung im Grundbuch. Bei deren Auslegung ist vorrangig auf den Wortlaut und den Sinn des Eintrags und der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Außerhalb dieser Urkunde liegende Umstände dürfen nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind. Ein von der Eintragung im Grundbuch abweichender Wille der die Dienstbarkeit bestellenden Parteien muss dagegen bei der Auslegung des Inhalts des dinglichen Rechts unbeachtet bleiben, weil sonst der Eintragung ihre eigenständige Bedeutung als rechtsbegründender Akt entzogen würde (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2013 - V ZR 24/13, juris Rz. 6).
b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist davon auszugehen, dass es sich bei dem in Abt. II lfd. Nr ... eingetragenen Recht um ein Dauerwohnrecht i.S.v. § 31 WEG handelt. Hierfür spricht schon eindeutig die Formulierung "Dauerwohnrecht" im Eintragungsvermerk. Dieser Begriff entspricht dem der Legaldefinition in § 31 Abs. 1 WEG. Bereits dies schließt es aus, das eingetragene Recht als - wie es die Antragstellerin in der Beschwerdeschrift meint - Wohnungsrecht i.S.v. § 1093 BGB zu deuten. Lediglich der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass - worauf ber...