Leitsatz (amtlich)

Wechselt der Kläger im Wege der Klageänderung den Klaggrund für einen Zahlungsanspruch aus, sind die Werte des ursprünglichen und des wirtschaftlich nicht identischen neuen Streitgegenstandes (Darlehensforderung statt Wohnraummiete) bei der Wertfestsetzung für das gerichtliche Verfahren zu addieren.

 

Normenkette

GKG § 39

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 14.01.2008; Aktenzeichen 1 O 163/07)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers vom 8.5.2008 gegen die Streitwertfestsetzung des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Lüneburg im Urteil vom 14.1.2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Gegenstandswert für die Gebühren der Prozessbevollmächtigten des Beklagten und die anwaltliche Terminsgebühr der Prozessbevollmächtigten des Klägers 12.460 EUR betragen.

 

Gründe

I. Mit seiner Anspruchsbegründung vom 3.7.2007 hat der Kläger den Beklagten im Rechtsstreit vor dem LG auf Zahlung von insgesamt 12.660 EUR in Anspruch genommen. Neben Zahlung von Geschäftsraummiete und Darlehensrückzahlung hat er hierbei im Umfang von 800 EUR Miete für Wohnraum geltend gemacht. Auf gerichtlichen Hinweis des LG, für diesen Streitgegenstand nicht zuständig zu sein, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11.7.2007 ausgeführt, diesen Anspruch "nicht mehr geltend" zu machen und hat im gleichen Umfang einen weitergehenden Darlehensrückzahlungsanspruch erhoben. Er hat mithin weiterhin Zahlung von 12.660 EUR verlangt. In seinem Urteil vom 14.1.2008 hat das LG den Streitwert für die Zeit bis zum 11.7.2007 auf 12.660 EUR und für die Zeit danach auf 13.460 EUR festgesetzt. Der Kläger wendet sich hiergegen und macht geltend, es liege kein Fall der Streitwerterhöhung vor, die Klage sei nicht erweitert worden, nur die Begründung sei ausgetauscht worden. Der Streitwert betrage daher auch nach dem 11.7.2007 nur 12.660 EUR.

II. Nachdem der Kläger die Beschwerde unmittelbar ggü. dem Senat erhoben hat, hat der Senat hat davon abgesehen, die Sache zur Entscheidung über eine eventuelle Abhilfe an das LG zurückzugeben. Mit Schriftsatz vom

26.2.2008 hatten die Prozessbevollmächtigten des Klägers im eigenen Namen mit gleicher Begründung Beschwerde gegen die nach ihrer Ansicht zu hohe Streitwertfestsetzung im landgerichtlichen Urteil eingelegt. Diese Beschwerde hat der Senat (Einzelrichter) durch Beschluss vom 17.4.2008 als unzulässig verworfen. Im dortigen Verfahren hat das LG mit Beschluss vom 8.4.2008 der Beschwerde nicht abgeholfen und hierbei u.a. ausgeführt, warum die Beschwerde nach seiner Ansicht nicht nur unzulässig ist, sondern im Ergebnis auch unbegründet. Nachdem im hiesigen Verfahren eine anders lautende Entscheidung des LG im Abhilfeverfahren nicht zu erwarten ist und eine

Rücksendung der Akte an das LG daher lediglich eine Zeitverzögerung bedeuten würde, hat der Senat gemeint, sogleich selbst entscheiden zu können.

III. Das gem. § 68 GKG zulässige Rechtsmittel hat in der Sache insoweit zum Teil Erfolg, als sich die Gebühren der Prozessbevollmächtigten der Beklagten und die Terminsgebühr der Prozessbevollmächtigten des Klägers nach einem Streitwert von (nur) 12.660 EUR berechnen. Der Streitwert für die Gerichtsgebühren und für die Verfahrensgebühr der Prozessbevollmächtigten des Klägers richten sich, wie das LG in soweit zu Recht gemeint hat, hingegen nach einen Streitwert von 13.460 EUR.

1. Entgegen der Ansicht des Klägers hat er nicht nur eine Begründung ausgetauscht, vielmehr liegt ein Fall der - teilweisen - Klageänderung vor. Denn der Kläger hat den Klagegrund teilweise ausgewechselt, als er von der Geltendmachung eines Anspruchs auf Zahlung von Wohnraummiete auf einen Darlehensrückzahlungsanspruch übergegangen ist, auch wenn sich der Klageantrag nicht geändert hat. Es handelt sich nicht um den Fall, in dem der gleiche Anspruch geltend gemacht wird und dieser nur auf einen anderen rechtlichen Gesichtspunkt gestützt wird.

2. Nach herrschender - älterer - Auffassung in der Rechtsprechung sind im Fall des Klagewechsels, also des vollständigen Austauschs des Streitgegenstandes wie im Rechtsstreit, die Werte der prozessualen Ansprüche nicht zusammenzurechnen. Dieses sei schon deshalb nicht möglich, weil die Ansprüche nicht nebeneinander, sondern vielmehr hintereinander geltend gemacht würden (vgl. KG Rpfleger 1968, 289; OLG Hamburg JurBüro 1978, 1807; OLG München OLGReport München 1994, 15; OLG Frankfurt JurBüro 1994, 738; vgl. auch Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 3 Rz. 16 Stichwort "Klageänderung"). Nur dann, wenn die Streitgegenstände unterschiedliche Einzelwerte aufweisen würden, sei dies bei der Bemessung des Streitwerts zu berücksichtigen.

3. Diese Auffassung vermag nicht zu überzeugen. Sie findet im Gesetz keine Stütze und ist mit der gesetzlichen Wertung auch nicht in Einklang zu bringen.

Nach dem in § 39 Abs. 1 GKG verankerten Grundsatz werden in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Ist danach der Grundsatz derjenige der Add...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge