Entscheidungsstichwort (Thema)
Gläubigerautonomie. Insolvenzverwalterabwahl
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Rechtsbeschwerde nach § 7 Abs. 1 InsO ist auch dann nicht zuzulassen, wenn zwar eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wird, über die ein Rechtsbeschwerdegericht bereits abweichend von Insolvenz- und Beschwerdegericht entschieden hat, die Entscheidung des Beschwerdegerichts sich aber aus anderen Gründen als richtig erweist und das mit der Rechtsbeschwerde verfolgte Ziel ohnehin nicht mehr erreicht werden kann.
2. Es entspricht den gesicherten Grundlagen der Insolvenzordnung und bedarf daher keiner Überprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren, dass ein von der Gläubigerversammlung nach § 57 Satz 1 InsO neu gewählter Verwalter dann nicht zu ernennen ist, wenn schon vor seiner Ernennung feststeht, dass auf Grund einer Vorbefassung mit Teilen des Insolvenzverfahrens und der Tätigkeit in anderen Verfahren mit wirtschaftlich gegenläufigen Interessen möglicherweise Interessenkollisionen drohen, die den neu gewählten Verwalter für das Amt des Insolvenzverwalters untauglich machen.
3. Das Insolvenzgericht ist nicht gehalten, trotz möglicher Interessenkollisionen einen von den Gläubigern neu gewählten Verwalter zu bestellen, weil im Einzelfall die Möglichkeit besteht, beim Auftreten von Interessenwidersprüchen einen Sonderinsolvenzverwalter zu ernennen.
Normenkette
InsO §§ 57, 78
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Beschluss vom 15.03.2001; Aktenzeichen 5 T 904/00) |
AG Holzminden (Aktenzeichen 10 IN 20/00) |
Tenor
Die sofortigen weiteren Beschwerden der am Verfahren beteiligten Gläubigerinnen gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 15. März 2001 werden nicht zugelassen und als unzulässig verworfen.
Die Beschwerdeführerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird – auch für die Vorinstanz unter Änderung der Wertfestsetzung in dem Beschluss des Landgerichts Hildesheim vom 15. März 2001 – auf 1,5 Mio. DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde führenden Gläubigerinnen sind Beteiligte eines Bankenpools, die in der Gläubigerversammlung vom 23. November 2000 den vom Insolvenzgericht im Eröffnungsbeschluss bestellten Insolvenzverwalter abgewählt und als neuen Insolvenzverwalter einen anderen Rechtsanwalt gewählt haben. Der neu gewählte Insolvenzverwalter, den das Insolvenzgericht bisher nicht zum Verwalter in diesem Verfahren bestellt hat, war bereits in einem anderen Insolvenzverfahren als Sachverständiger tätig, in dem es um das Vermögen einer Schuldnerin der Insolvenzmasse ging. Ferner hat ein Sozius des neu gewählten Verwalters einen Schuldner der Insolvenzmasse in einem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren – auch gegenüber der Schuldnerin dieses Verfahrens – vertreten hat.
I.
Nachdem die Abwahlentscheidung getroffen war, hat der ursprünglich bestellte Insolvenzverwalter noch in der Gläubigerversammlung einen Antrag auf Aufhebung der Beschlussfassung der Versammlung nach § 78 InsO wegen einer Verletzung des gemeinsamen Interesses der Insolvenzgläubiger an ihrer bestmöglichen Befriedigung gestellt. Außerdem hat sich neben dem ursprünglichen Insolvenzverwalter eine Gläubigervertreterin ebenfalls in der Gläubigerversammlung gegen die Bestellung des neu gewählten Insolvenzverwalters gewandt, und geltend gemacht, dass dessen Einsetzung durch den Bankenpool ‚rechtsmissbräuchlich’ sei.
Mit Beschluss vom 1. Dezember 2000 hat das Insolvenzgericht den Beschluss der Gläubigerversammlung vom 23. November 2000 über die Abwahl des gerichtlich bestellten Insolvenzverwalters aufgehoben und dazu ausgeführt, dass es der Auffassung nicht folge, dass gegen eine Abwahlentscheidung der Gläubigerversammlung ein Antrag nach § 78 InsO nicht zulässig sei und ausschließlich nach § 57 Satz 2 InsO zu entscheiden sei, ob das Gericht den von der Versammlung gewählten neuen Verwalter bestelle. § 57 Satz 2 InsO stelle keine abschließende Spezialregelung zu § 78 InsO dar, vielmehr werde die Gläubigerautonomie erst durch das Zusammenspiel von § 57 und § 78 InsO gewährleistet. Auf Grund der erheblichen Bedeutung der Eignung des Insolvenzverwalters für die Durchführung des Insolvenzverfahrens müsse auch den Gläubigern die Möglichkeit gegeben sein, die Wirksamkeit der Abwahlentscheidung überprüfen zu lassen. Die Neuwahl des Insolvenzverwalters entspreche hier nicht dem Interesse der Gläubiger an ihrer bestmöglichen gemeinsamen Befriedigung. Da ein Fehlverhalten des vom Gericht bestellten Insolvenzverwalters nicht festzustellen sei, sei die Abwahlentscheidung ohne sachliche Gründe erfolgt und damit unzulässig.
II.
Gegen diese Entscheidung des Insolvenzgerichts haben die am Verfahren beteiligten Gläubigerinnen sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass die Entscheidung des Insolvenzgerichts vom 1. Dezember 2000 bereits deshalb zu ändern sei, weil dem Insolvenzverwalter kein Antragsrecht nach § 78 InsO zugestanden habe. Gleiches gelte auch für die Antrag der B...