Entscheidungsstichwort (Thema)

Juristische Personen des öffentlichen Rechts können grundsätzlich zivilrechtlichen Ehrenschutz gegenüber Angriffen in Anspruch nehmen, durch die ihr Ruf in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabgesetzt wird. Zur Frage des Rechtsschutzbedürfnisses einer Klage einer öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaft auf Unterlassung von ehrverletzenden Äußerungen, die die Beklagte gegenüber der Polizei sowie dem Niedersächsischen Justizministerium getätigt hat.

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine juristische Person des öffentlichen Rechts berechtigt ist, zivilrechtlichen Ehrenschutz gegenüber ehrverletzenden Äußerungen zu erheben, die in Bezug auf einzelne ihrer Mitarbeiter getätigt worden sind.

2. Für eine Klage auf Unterlassung von ehrverletzenden Äußerungen kann im Einzelfall das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, soweit die streitgegenständliche Äußerung gegenüber einer Institution getätigt worden ist, von der der Äußernde berechtigterweise davon ausgehen durfte, diese sei für die Behandlung des Anliegens des Äußernden zuständig.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1-2, § 1004; GG Art. 2 Abs. 1; StGB § 185 f.

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Aktenzeichen 9 O 70/20)

 

Tenor

1. Es wird erwogen, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses gegeben.

2. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger begehrt von den Beklagten zu 1 und 2 die Unterlassung verschiedener Äußerungen.

Der Kläger ist ein Landkreis, der durch sein Veterinäramt Aufgaben zum Schutz von Tieren und Menschen wahrnimmt. Fachdienstleiterin des Veterinäramtes ist Frau Dr. M.-B.. Sie ist bei dem Kläger als Amtsveterinärin angestellt und hatte in diesem Zusammenhang wegen der Wegnahme eines Pferdes dienstlich mit den Beklagten zu tun. Am 29. Januar 2020 ging beim Niedersächsischen Justizministerium ein Anschreiben vom 24. Januar 2020 ein, dass unstreitig jedenfalls die Beklagte zu 1 verfasst und abgesendet hat. Das Schreiben besteht aus zwei Teilen: Dem eigentlichen Anschreiben, in dem darum gebeten wird, "die Machenschaften im Landkreis Lüchow-Dannenberg, Veterinäramt FD 39" zu überprüfen sowie als Anlage die Kopie eines sechsseitigen an die Polizeidirektion L. adressierten Schreibens vom 22. Januar 2020, das eine Darstellung über die Umstände der Wegnahme des Pferdes durch das Veterinäramt aus Sicht des Verfassers des Schreibens beinhaltet.

Im Hinblick auf den Inhalt dieses Schreibens begehrt der Kläger von den Beklagten die Unterlassung folgender Äußerungen:

  • "Die Amtsveterinärin, Frau Dr. M.-B., sei keine zugelassene approbierte Tierärztin",
  • "das Veterinäramt habe den Stallgeruch eines Syndikats und sei besetzt mit einer mafiösen Dame",
  • "der Landkreis Lüchow-Dannenberg, in Person durch die Amtsveterinärin. Frau Dr. M.-B., nehme grundlose illegale Tierwegnahmen vor".

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers.

B. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch fordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Ferner ist auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten. Die Berufung hat nach derzeitigem Beratungsstand schließlich auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die konkrete Begründung des Landgerichts für die von ihm ausgeurteilte Abweisung der Klage ist zwar nicht in vollem Umfang tragfähig. Im Ergebnis ist die Entscheidung des Landgerichts aber richtig.

I. Die mit der Klage verfolgten Ansprüche gegen den Beklagten zu 2 bestehen nicht. Es kommen insoweit lediglich deliktische Ansprüche nach §§ 823 Abs. 1 und 2 i. V. m. §§ 185 ff. StGB, 1004 BGB, Art. 2 Abs. 1 GG in Betracht. Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist, dass der Beklagte zu 2 selber eine deliktische Handlung in diesem Sinne begangen hat. Das wäre dann der Fall, wenn der Beklagte zu 2 die streitgegenständlichen Schreiben entweder eigenhändig verfasst und an die betreffenden Empfänger abgesandt hätte oder aber zumindest die von der Beklagten zu 1 vorgenommene Versendung dieser Schreiben, auf denen er jeweils auch selbst als (angeblicher) Aussteller angegeben ist, gebilligt hätte. Beides hat der Beklagte zu 2 bestritten (Seite 1 des Schriftsatzes vom 11. August 2020, Bl. 64 d. A.). Beweispflichtig für das Gegenteil ist der Kläger. Dieser hat indes kein (unmittelbares) Beweisangebot gemacht. Entgegen der Auffassung des Klägers stellt auch der Umstand, dass sich "der Beklagte zu 2 im Prozess vor dem Landgericht und auch im Vorfeld nicht von den in den Briefen getätigten Aussagen distanziert hat" (Seite 3 der Berufungsbegründung, Bl. 160 d. A.) keineswegs ein zur Beweisführung hinreichendes Indiz für die genannte Behauptung des Klägers dar. Das folgt allein schon daraus, dass es keine rechtlich begründete Obliegenheit für den ...

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