Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsausübungssperre bei Unterhaltsregress des Scheinvaters vor Anerkennung bzw. gerichtlicher Feststellung der Vaterschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Der Scheinvater kann grundsätzlich erst dann wegen des Unterhalts, den er seinem vermeintlichen Kind geleistet hat, Rückgriff nehmen, wenn die Vaterschaft dessen, den er für den Erzeuger hält, mit Wirkung für und gegen alle feststeht.

 

Normenkette

BGB § 1607 Abs. 3 S. 2, § 1600d Abs. 4, § 1592 Nrn. 2-3

 

Verfahrensgang

AG Uelzen (Urteil vom 10.01.2006; Aktenzeichen 3b F 1022/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 16.04.2008; Aktenzeichen XII ZR 144/06)

 

Tenor

Die Berufung gegen das am 10.1.2006 verkündete Urteil des AG - FamG - Uelzen wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 3.500 EUR abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen den Beklagten auf ihn gem. § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB übergegangenen Kindesunterhalt im Wege der Stufenklage geltend, wobei er zunächst Auskunft über dessen Einkünfte begehrt. Dem liegt zugrunde, dass während seiner am 23.6.1989 geschlossenen und durch Urteil des AG - FamG - Lüneburg (30 F 259/03) vom 10.8.2004 geschiedenen Ehe mit Frau P. T. die Kinder R., geb. 1992, N., geb. 1994 und J. T., geb. 1995 geboren worden sind und durch Urteil des AG - FamG - Lüneburg (30 F 208/03) vom 23.12.2003 festgestellt worden ist, dass der Kläger nicht der Vater dieser Kinder ist. Die Vaterschaft zu den Kindern ist bisher weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt.

Bei dem Beklagten handelt es sich um den Lebensgefährten der Kindesmutter den der Kläger mit der Begründung in Anspruch nimmt, allein dieser habe außer ihm während der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit der Kindesmutter gehabt. Die Tatsache, dass die Vaterschaft des Beklagten zu den Kindern bisher nicht feststehe, hindere die Klage nicht. Vielmehr führe der Umstand, dass sowohl der Beklagte als auch die Kindesmutter, die die alleinige gesetzliche Vertreterin der Kinder ist, sich weigerten, die gerichtliche Klärung der Vaterschaft herbeizuführen und der Beklagte auch nicht bereit sei, auf Kosten des Klägers an einem außergerichtlichen DNA-Test mitzuwirken, dazu, dass die Vorschrift des § 1600d Abs. 4 BGB, wonach die Rechtswirkungen der Vaterschaft erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können, nicht anzuwenden und die Vaterschaft des Beklagten in dem vorliegenden Rechtsstreit zu klären sei.

Das AG hat die Klage insgesamt abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Vorschrift des § 1600d Abs. 4 BGB sei auch im vorliegenden Fall anzuwenden. Da nicht feststehe, dass der Beklagte der Vater der Kinder sei, könne er auch nicht aus übergegangenem Recht in Anspruch genommen werden.

Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger gegen die rechtliche Beurteilung durch das AG und verfolgt sein erstinstanzliches Begehren weiter.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

II. Die Berufung ist nicht begründet.

Auch der Senat kommt zu dem Ergebnis, dass der Kläger vorliegend durch die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB gehindert ist, den Beklagten auf gem. § 1607 Abs. 3 übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen.

Er folgt damit der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 17.2.1993 - XII ZR 238/91, BGHZ 121, 299 = MDR 1993, 450= FamRZ 1993, 696), der bereits zu § 1600a Satz 2 BGB a.F. - unter Ablehnung verbreiteter gegenteiliger Literaturmeinungen - entschieden hat, dass die Vorschrift das "Verbot, eine Vaterschaft außerhalb der vom Gesetz zur Verfügung gestellten Verfahrenswege geltend zu machen," enthält und deshalb eine zur Realisierung des Rückgriffsanspruchs des Scheinvaters notwendige Klärung der Vaterschaft des angeblichen Erzeugers nicht als Vorfrage in einem Regressprozess durchgesetzt werden kann. Der Scheinvater kann vielmehr grundsätzlich erst dann wegen des Unterhalts, den er seinem vermeintlichen Kind geleistet hat, Rückgriff nehmen, wenn die Vaterschaft dessen, den er für den Erzeuger hält, mit Wirkung für und gegen alle feststeht. Der Umstand, dass der Beklagte seine Vaterschaft für die Kinder nicht ausdrücklich in Abrede gestellt, sondern nur vorgetragen hat, die Vaterschaft sei bisher nicht geklärt, genügt zur Überwindung der Rechtsausübungssperre nicht. Denn der zur Herstellung der rechtlichen Vaterschaft erforderliche Konstitutivakt, der die Inanspruchnahme des Beklagten unmittelbar aus seiner Vaterschaft erst ermöglicht, kann hierdurch nicht ersetzt werden.

Demgegenüber vertritt das OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf v. 16.6.1999 - 3 WF 152/99, FamRZ 2000, 1032) die Auffassung, dass in Fällen, in denen die Mutter und das Kind von der Feststellung der Vaterscha...

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