Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtnichtigkeit eines Vertrages

 

Leitsatz (amtlich)

Sind in einer einheitlichen Vertragsurkunde mehrere selbständige vertragliche Vereinbarungen enthalten, führt die Vertragsklausel, wonach die etwaige Ungültigkeit einer oder mehrerer Bestimmungen des Vertrages die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berühre, im Rahmen des § 139 BGB zur Umkehrung der Beweislast.

 

Normenkette

BGB § 139

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 18.11.2004; Aktenzeichen 14 O 279/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 18.11.2004 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des LG Hannover wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen wird.

Dem Kläger bleibt die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung rückständiger Miete in Anspruch; darüber hinaus begehrt er die Feststellung, dass ein mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend auch: Beklagten) geschlossener Mietvertrag über das in der D. Straße in H. gelegene Grundstück wirksam und die Beklagte zur Fortzahlung der vereinbarten Miete in unstreitiger Höhe von 7.117,15 EUR monatlich verpflichtet ist.

Der Kläger hat mit der D.A. GmbH, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, am 26.10./3.11.2000 einen schriftlichen Mietvertrag geschlossen (Bl. 8 ff. d.A.). Vermietet ist ein Gewerbegrundstück zur Größe von 5.641 qm. Die monatliche Miete ist mit 7.117,15 EUR vereinbart.

Die Beklagte, auf die der Vertrag im Januar 2004 umgeschrieben worden ist, hat die Miete bis einschließlich Juli 2004 gezahlt. Hiernach hat sie das Grundstück geräumt und die Mietzahlungen eingestellt. Sie hat die Auffassung vertreten, der zwischen dem Kläger und ihrer Rechtsvorgängerin geschlossene Vertrag sei unwirksam. Sie beruft sich auf die in § 11 des Vertrages getroffene Regelung, in der es heißt:

"Ankaufsrecht/Vorkaufsrecht

Dem Mieter wird für das genannte Objekt ein Vorkaufsrecht eingeräumt. Die Details sind noch zu klären."

Die Beklagte hat weiter die Auffassung vertreten, im Hinblick auf diese im Vertrag vereinbarte Verpflichtung wäre die notarielle Beurkundung des Mietvertrages erforderlich gewesen. Hieran fehle es, weshalb der Vertrag insgesamt als unwirksam anzusehen sei.

Der Kläger, der im Urkundenprozess klagt, hat die Auffassung vertreten, § 11 des Mietvertrages beinhalte lediglich eine unverbindliche Absichtserklärung, nicht jedoch die verbindliche Einräumung eines Vorkaufsrechts. Darüber hinaus, so der Kläger, stehe einer Gesamtnichtigkeit des Vertrages die in § 12 der Urkunde enthaltene sog. salvatorische Klausel entgegen. Danach soll, sofern eine der Bestimmungen des Vertrages gegen gesetzliche Vorschriften verstößt, an ihre Stelle eine Regelung treten, die dem Inhalt und Sinn der unwirksamen Bestimmung entspricht. Durch eine etwaige Ungültigkeit einer oder mehrere Bestimmungen des Vertrages werde, so der Vertragstext, die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Im Übrigen hat der Kläger der Beklagten nunmehr ausdrücklich die Einräumung eines Vorkaufsrechts angeboten. Er macht geltend, die Beklagte handele treuwidrig, da es ihr in der Sache nicht um die Einräumung des Vorkaufsrechts, sondern ausschließlich um die Lösung vom Vertrag gehe.

Das LG hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Mietvertrag sei gem. § 313 BGB formunwirksam und damit nichtig. Die Nichtigkeit betreffe gem. § 139 BGB den Gesamtvertrag. Aus dem Umstand, dass mietvertragliche Vereinbarungen und die Verpflichtung zur Bestellung eines Vorkaufsrechts in einer einheitlichen Urkunde niedergelegt sind, ergebe sich, dass ein einheitliches Rechtsgeschäft gewollt gewesen sei. Die Behauptung des Klägers, dass nach dem Willen der Vertragsparteien die Einräumung des Vorkaufsrechts vom Abschluss des Mietvertrages unabhängig gewesen sei und das Mietverhältnis auch ohne Einräumung eines Vorkaufsrechts begründet worden wäre, sei jedenfalls durch die im Urkundenverfahren als Beweismittel vorgelegten Urkunden nicht zu beweisen, weshalb der Kläger als beweisfällig anzusehen und die Klage abzuweisen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der auf der Grundlage des bereits in erster Instanz vorgetragenen Sachverhalts seine Rechtsauffassung zur Wirksamkeit des Vertrages wiederholt und in prozessualer Hinsicht geltend macht, das LG hätte auf Bedenken hinsichtlich der Begründetheit des klägerischen Anspruchs im Urkundenverfahren hinweisen müssen; zumindest hätte es die Klage lediglich als im Urkundenverfahren unstatthaft abweisen dür...

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