Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbraucherschutz; Gewinnspiel
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Klage eines inländischen Verbrauchers gegen den ausländischen Veranstalter eines Gewinnspiels ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte am Wohnsitz des Verbrauchers begründet [im Anschluss an BGH v. 28.11.2002 – III ZR 102/02, MDR 2003, 348 = BGHReport 2003, 248].
2. Es ist durch Auslegung der Gewinnmitteilung zu ermitteln, ob der Verbraucher sich als Gewinner des ausgelobten Preises ansehen darf. Einschränkungen der Gewinnmitteilung, die allein dahin gehen, ein Rechtsanwalt solle noch prüfen, ob alles seine Richtigkeit habe, machen dem Verbraucher nicht hinreichend deutlich, dass er den Gewinn noch nicht beanspruchen könne. Das gilt insb. dann, wenn eine solche Prüfung später nicht stattfindet und auch deren Ergebnis dem Verbraucher nicht mitgeteilt wird.
Normenkette
EuGVÜ Art. 5 Nr. 3, Art. 13-14; BGB § 661a
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 28.02.2003; Aktenzeichen 8 O 245/02) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 28.2.2003 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Hannover wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschwer der Beklagten: über 20.000 Euro.
Gründe
I. Die Beklagte ist eine Gesellschaft niederländischen Rechts. Der Kläger nimmt sie gem. § 661a BGB auf Auszahlung eines Gewinns von 50.000 DM in Anspruch.
Unter dem 18.6.2001 übersandte die Beklagte an den Kläger ein Schreiben, in dem es u.a. wie folgt heißt:
„Lieber Herr …,
sicher sind Sie überrascht, schon wieder Post von mir zu erhalten, aber ich muss gestehen, ich verstehe wirklich nicht, warum Sie auf mein Schreiben vom 1.6.2001 nicht geantwortet haben.
Immerhin geht es doch
um 50.000 DM für Sie!!!
Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass Sie auf so einen Haufen Geld einfach verzichten möchten oder täusche ich mich?
Gerade heute morgen hat mich die Revisionsabteilung noch einmal daran erinnert, dass das Geld für die Gewinn-Nr. … immer noch auf dem Konto liegt – und stellen Sie sich vor: während wir auf Ihren Gewinn-Abruf-Schein gewartet haben, hat sich die Gewinnsumme durch die angefallenen Zinsen sogar noch erhöht. …
Ich möchte jedenfalls nicht, dass Ihre Gewinn-Berechtigung verfällt und die 50.000 DM womöglich an den vorsorglich gezogenen Ersatz-Gewinner, …, vergeben werden. …
Bislang ist noch nichts verloren, denn wie der aktuelle Kontostand beweist, liegen die 50.000 DM auf einem speziellen Konto bereit. Keine Sorge also: Noch liegt die volle Gewinnsumme auf der Bank.
Aber jetzt sollten Sie schnell reagieren: Lösen Sie die Zweitausfertigung Ihres Gewinn-Siegels ab und kleben Sie dieses möglichst schnell auf Ihren Gewinn-Abruf-Schein. Dann kann unser Rechtsanwalt prüfen, ob alles seine Richtigkeit hat und Ihnen vielleicht noch diese Woche das Geld bringen.
Sie sehen also, wir warten nur noch auf Ihre Post. …”
Beigefügt war ein Schreiben eines angeblichen Bankhauses …, gerichtet an eine Frau …, die das Schreiben vom 18.6.2001 an den Kläger unterzeichnet hatte, in dem es u.a. heißt:
„Anbei erhalten Sie den aktuellen Kontoauszug des DM-Kontos für die Gewinn-Nr. … . Die Buchhaltung Ihres Hauses hat mir mitgeteilt, dass die bei uns deponierte Gewinnsumme i.H.v. 50.000 DM von Herrn … noch nicht angefordert wurde.”
Beigefügt war des Weiteren ein angeblicher Kontoauszug des Bankhauses mit einem Saldo von insgesamt 25.746,35 Euro. Unter Umsatzvorgang heißt es:
„ZINS-GUTSCHRIFT
Verwendungszweck: BARGELD-GEWINN
Gewinn-Nr.: …”
Darunter ist handschriftlich vermerk:
„Das ist die Nummer von …!”
Beigefügt war des Weiteren ein Gewinn-Abruf-Schein mit der Gewinn-Nr. …, ausgestellt auf den Namen des Klägers. Oben links findet sich das Gewinn-Siegel
mit der vorbezeichneten Nummer und dem Namen des Klägers. Unterhalb heißt es:
„Auszahlungs-Garantie:
Hiermit wird bestätigt, dass der Gewinn-Betrag i.H.v. 50.000 DM auf dem separaten Gewinner-Konto bereit liegt und nach Eingang der vollständigen Unterlagen persönlich übergeben wird.”
Diese Auszahlungs-Garantie trägt das Datum des 18.6.2001 und ist handschriftlich unterschrieben.
Diesen Gewinn-Abruf-Schein hat der Kläger unterschrieben. Oberhalb des Unterschriftenfeldes heißt es:
„Die Vergabe-Bedingungen habe ich zur Kenntnis genommen und verstanden!”
In den Vergabe-Bedingungen heißt es u.a.:
„Dieses Gewinnspiel gehört zu den von der Firma … veranstalteten Gewinnziehungen, die in einer variierenden Form veröffentlicht werden. Es ist an den Adressaten persönlich gerichtet. Im vorliegenden Spiel kommt ein Bargeldpreis im Wert von 50.000 DM zur Ausspielung. Für diesen Preis wurde im Rahmen einer Vorabziehung eine Gewinn-Nummer ermittelt. Jeder Teilnehmer hat ein nummeriertes Gewinn-Siegel...