Leitsatz (amtlich)

1. Die Formvorschrift des § 2198 Abs. 1 S. 2 BGB für die dem Vorerben überlassene Bezeichnung des Nacherben entfällt, wenn im Zeitpunkt der Bezeichnung nur noch eine Person am Leben ist, die die vom Erblasser vorgegebenen Auswahlkriterien erfüllt.

2. Das Recht des nicht befreiten Vorerben, in den Grenzen des § 2113 BGB auch über das ihm zugewandte ehemals landwirtschaftliche Sondervermögen zu verfügen, umfasst auch das Recht zum Abschluss von Erbverträgen; ein Erbvertrag über das Gesamtvermögen des Vorerben läuft dann allerdings bezüglich des Sondervermögens bei Eintritt des Nacherbfalls ggf. leer.

 

Normenkette

BGB § 2065 Abs. 2, §§ 2113, 2198

 

Verfahrensgang

LG Hildesheim (Aktenzeichen 2 O 281/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.9.2000 verkündete Urteil der 2.Zivilkammer des LG Hildesheim teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der am 19.4.1997 zwischen den Parteien geschlossene Erbvertrag – UR-Nr.…/97 des Notars … in … – wirksam ist.

Im Übrigen wird die Klage als unzulässig abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Kläger zu 17%, die Beklagte zu 83%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 18.500DM abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Den Parteien wird gestattet, die Sicherheit in Form einer selbstschuldnerischen, unbedingten und unbefristeten Bürgschaft einer deutschen Bank oder eines öffentlich-rechtlichen Kreditinstitutes zu leisten.

Wert der Beschwer für die Beklagten: über 60.000DM,

für die Kläger: unter 60.000DM.

Der Streitwert wird für beide Instanzen für den Antrag zu 1) auf 175.000DM, für den Antrag zu 2) auf 35.000DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren die Feststellung, ein mit der Beklagten geschlossener Erbvertrag sowie eine von ihr abgegebene Verpflichtungserklärung ggü. dem Kläger zu 1), über den in ihrem Eigentum befindlichen Grundbesitz nicht zu verfügen, seien wirksam.

Die Beklagte ist die am 5.7.1909 geborene Witwe des Landwirtes …, der Eigentümer eines Hofes im Sinne der Höfeordnung in …/Ortsteil … war. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor, die am 26.10.1975 verstorbene … sowie …. Der Kläger zu 1) ist der Ehemann, der Kläger zu 2) der Sohn der vorgenannten …

Durch handschriftliches Testament vom 9.6.1957 bestimmte … die Beklagte hinsichtlich des Hofes zu seiner Vorerbin mit der Maßgabe, dass sie unter den beiden Töchtern die endgültige Hofnacherbin aussuchen sollte. Das Testament lautet:

„Ich, der Unterzeichnende Landwirt …, treffe hiermit letztwillig folgende Anordnungen.

1. Hinsichtlich meines Hofes in .. setze ich meine Ehefrau …, geb. …. als Vorerbin ein. Diese Erbeinsetzung erfolgt, weil noch nicht feststeht, welche von unseren beiden Töchtern einmal einen wirtschaftsfähigen Landwirt heiratet.

Meine Ehefrau soll unter unseren beiden Töchtern … und … die endgültige Hofnacherbin auswählen.

2. …

3. Hinsichtlich des hoffreien Vermögens setze ich meine Ehefrau zur alleinigen Erbin ein.”

Am 24.1.1960 verstarb … Gemäß Hoffolgezeugnis und Erbschein des AG … vom 9.2.1967 wurde die Beklagte Hofvorerbin.

Die Töchter … und … absolvierten keine landwirtschaftliche Ausbildung. Sie heirateten auch keinen Landwirt.

Nach dem Tod ihres Ehemannes errichtete die Beklagte verschiedene Testamente. Unter dem 16.8.1960 bestimmte sie durch handschriftliche letztwillige Verfügung ihre Tochter … „endgültig” zur Hofnacherbin (Bl. 188 d.A).

Im Oktober 1977 wurde auf Betreiben der Beklagten der Hofvermerk gelöscht. Durch letztwillige Verfügungen von Weihnachten 1977 sowie vom 20.5.1979 bestimmte die Beklagte erneut ihre Tochter … zu ihrer Alleinerbin bzw. Hoferbin.

Dies bestätigte sie nochmals durch notarielles Testament vom 26.11.1980. Dieses änderte sie durch weiteres notarielles Testament des Notars … in … vom 3.5.1996 mit dem Bemerken, sie sei nach „Ablauf der 30-Jahres-Frist nicht mehr an die testamentarische Verfügung meines Ehemannes gebunden” und setzte nunmehr zu ihren Erben die beiden Kläger je zur Hälfte ein und erklärte, ihre Tochter … sei bereits abgefunden.

Schließlich schlossen die Parteien dieses Rechtsstreits am 19.4.1997 vor dem Notar … in … den streitbefangen Erbvertrag, durch den die Beklagte erneut die Kläger zu ihren Erben je zur Hälfte einsetzte und wiederum erklärte, ihre Tochter … sei bereits abgefunden. Diese solle jedoch ihre (der Beklagten) Beerdigungskosten tragen.

Durch notarielle Erklärung vom 15.5.1997 verpflichtete sich die Beklagte ggü. dem Kläger zu 1) und dessen Rechtsnachfolgern, ab sofort in keiner Weise ohne seine Zustimmung über den in ihrem Eigentum stehenden Grundbesitz zu verfügen. Für den Fall, dass die Beklagte gegen dieses Verfügungsverbot verstieße, solle der Kläger zu 1) berechtigt sein, die sofortige unentgeltliche Übertragung des Grundbesitzes an sich zu verlangen unte...

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