Leitsatz (amtlich)

Ein Schadensersatzanspruch gegen einen Dritten ist keine anderweitige Ersatzmöglichkeit i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 2, 1. Hs. BNotO, wenn der Dritte ebenfalls in den Schutzbereich der verletzten Notarpflicht einbezogen war. Denn der Notar würde, falls er den Geschädigten auf den Ersatzanspruch gegen den Dritten verweisen dürfte, sofort von diesem in Anspruch genommen.

 

Normenkette

BNotO § 19 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Hildesheim (Urteil vom 11.08.2004; Aktenzeichen 2 O 50/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 11.8.2004 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Hildesheim wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger macht gegen den beklagten Notar Schadensersatzansprüche wegen behaupteter Amtspflichtverletzung geltend, wobei es im Berufungsrechtszug nur noch um zwei Schadenspositionen, nämlich Kosten für Vermessung sowie Schenkungsteuer geht, wobei vorrangig die Frage der vom LG bejahten Verjährung ist.

Der Kläger ist der Schwiegersohn der 2003 verstorbenen I.H., die zwei Töchter hatte, die bereits verstorbene Ehefrau des Klägers sowie I.W.

1959 verfasste der 1969 verstorbene Ehemann der I.H. ein Testament (Bl. 35 d.A.), in welchem er seine Frau als Vorerbin einsetzte, die ihrerseits unter den beiden Töchtern die Nacherbin aussuchen sollte. Dies tat I.H. 1980 in Gestalt eines bei dem Beklagten beurkundeten Testaments, in dem sie I.W. als Nacherbin bestimmte (Bl. 32).

Am 19.4.1997 beurkundete der Beklagte einen Erbvertrag (Bl. 26) zwischen I.H. sowie dem Kläger und dessen Sohn, in dem die Vorerbin erklärte, sie hebe das von ihr 1980 errichtete Testament sowie weitere letztwillige Verfügungen auf, da sie nach nunmehr über 30 Jahren an Verfügungen ihres verstorbenen Ehemannes nicht mehr gebunden sei und setzte den Kläger und dessen Sohn als Erben ein.

Am 15.5.1997 beurkundete der Beklagte eine Erklärung der I.H., in welcher sie sich verpflichtete, keine Verfügungen zum Nachteil des Klägers über ihren Grundbesitz mehr vorzunehmen (Bl. 36).

Mit Schreiben vom 3.6.1998 wies der damalige Prozessbevollmächtigte der Vorerbin den Kläger darauf hin, dass die Verfügungen der Vorerbin im Verhältnis zur Nacherbin unwirksam sein dürften.

Am 15.2.2000 ließ I.H. vom Notar J. eine Erklärung beurkunden, mit welcher sie den Erbvertrag vom 19.4.1997 sowie die Erklärung der Verfügungsbeschränkung vom 15.5.1997 anfocht.

Am 26.5.2000 erhob der Kläger Klage auf Feststellung der Rechtswirksamkeit des Erbvertrages sowie der Erklärung vom 15.5.1997 beim LG Hildesheim (LG Hildesheim - 2 O 281/00). Dem Beklagten verkündete der Kläger den Streit. In Abänderung des landgerichtlichen Urteils entschied das OLG mit Urt. v. 19.9.2001 (OLG Celle, Urt. v. 19.9.2001 - 7 U 189/00, OLGReport Celle 2002, 314), dass der vom Beklagten am 19.4.1997 beurkundete Erbvertrag wirksam ist.

Am 27.10.2000 erhob der Kläger Klage vor dem LG Hildesheim (LG Hildesheim - 2 O 621/00) gegen I.H. und I.W. mit dem Ziel der Übertragung des Grundbesitzes auf ihn.

Am 25.11.1996 hatte der Beklagte einen Grundstücksschenkungsvertrag zwischen I.H. und dem Kläger beurkundet (Bl. 46), in dem diese dem Kläger zwei Flurstücke schenkte, wovon eines zum Zwecke der Teilung noch zu vermessen war. Die insoweit entstandenen Vermessungs- und Katasterkosten sowie die angefallene Schenkungsteuer gem. Bescheid vom 11.10.2001 (Bl. 64) verlangt der Kläger noch ersetzt.

Das LG hat die Klage insgesamt abgewiesen. Zwar habe der Beklagte eine Amtspflicht verletzt. Er habe bei der Beurkundung des Schenkungsvertrages und des Erbvertrages die Beteiligten nicht darauf hingewiesen, dass Schenkung und Erbvertrag gem. § 2113 BGB nur insoweit wirksam sind, als sie das Recht der Nacherbin nicht vereiteln. Der Beklagte sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die Nacherbschaft nach Ablauf von 30 Jahren gem. § 2109 BGB unwirksam würde, wobei er die Ausnahmeregelung in § 2109 Abs. 1 S. 2 Ziff. 1 BGB übersehen habe. Dem Anspruch auf Schadensersatz stehe aber die Einrede der Verjährung entgegen. Verjährung sei am 3.6.2001 eingetreten, da bereits am 3.6.1998 der Kläger durch Anwaltsschreiben erfahren habe, dass der Schenkungsvertrag mit Eintritt der Nacherbfolge unwirksam werde. Bereits in diesem Zeitpunkt und nicht erst aufgrund des Urteils des OLG Celle vom 19.9.2001 in dem Rechtsstreit 2 O 281/00 LG Hildesheim habe der Kläger die schadensersatzbegründenden Umstände genannt. Aufgrund der 6-Monatsfrist in § 215 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. ergebe sich auch nichts aus den Streitverkündungen des Klägers.

Dagegen richtet sich die - beschränkte - Berufung des Klägers.

Die vom Kläger geführten Vorprozesse hätten der Klärung einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit gedient. Erst mit Rechtskraft des Urteils des OLG Celle vom 19.9. in 7 U 189/01 hätte festgestanden, dass eine anderweitige Ersatzmöglichkeit i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO nicht bestanden habe.

Hätte der Bek...

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