Leitsatz (amtlich)
Wird ein Baumangel durch Verschulden des Architekten und des Bauunternehmers verursacht, ist von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen, so dass grundsätzlich eine Streitverkündung nicht zulässig ist.
Verklagt der Auftraggeber in der hier in Rede stehenden Fallgestaltung zunächst den Bauunternehmer, der bei einem Planungsfehler des Architekten ggf. nur mit einer Quote haftet, so kann der Auftraggeber in diesem Prozess dem Architekten den Streit verkünden, weil jedenfalls in Höhe des Ausfalls im Erstprozess wegen der Mitverschuldensquote eine weitergehende und damit alternative Haftung des Architekten in Betracht kommt.
Anders liegt es, wenn zunächst der Architekt verklagt wird, dessen volle Haftung - bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen - in Betracht kommt. Da bei einem unterstellten Planungsfehler und Verletzung der Hinweispflicht des Bauunternehmers - auch - dessen Haftung als Gesamtschuldner in Betracht kommt, wenn auch ggf. nur in Höhe einer um das anzurechnende Mitverschulden verringerten Haftungsquote, besteht von vornherein eine gesamtschuldnerische Haftung, die ohne weiteres bereits im Erstprozess geltend gemacht und eingeklagt werden kann.
Normenkette
ZPO § 72 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 13.01.2011; Aktenzeichen 14 O 255/08) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 13.1.2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des LG Hannover wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Berufungsstreitwert: 283.516 EUR.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte aufgrund eines im März 2002 geschlossenen Vertrages über Trockenbauarbeiten am Bauvorhaben der früheren N. GbR wegen mangelhafter Werkleistung auf Schadensersatz und Feststellung der Ersatzpflicht in Anspruch.
In einem Vorprozess hatte er im Ergebnis vergeblich versucht, die Architekten wegen fehlerhafter Planung und Bauüberwachung auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen (LG Hannover 14 O 387/06 = OLG Celle 16 U 3/08). Mit Schriftsatz vom 13.4.2007 hatte er der Beklagten in jenem Verfahren den Streit verkündet (Bl. 115 der Beiakten). Die Klage war in beiden Instanzen erfolglos; sie wurde rechtskräftig abgewiesen.
Im vorliegenden Verfahren hat das LG, auf dessen Entscheidung wegen der Einzelheiten verwiesen wird, die Klage ebenfalls abgewiesen. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen darauf gestützt, die Forderung sei verjährt, weil die Streitverkündung im Vorprozess unzulässig gewesen sei und hierdurch folglich auch keine Hemmung der Verjährung habe eintreten können.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er die erstinstanzlichen Ansprüche weiter verfolgt. Er greift die Argumentation des LG als fehlerhaft an und hält die im Vorprozess erklärte Streitverkündung für zulässig, so dass hierdurch die Verjährung wirksam gehemmt worden sei.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 189.825,26 EUR zzgl. 5 Prozentpunkten an den Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 6.8.2008 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen weiteren Schaden zu ersetzen, der aus der mangelhaften Ausführung der von ihr ausgeführten Trockenbauarbeiten im Bereich der Ausstellungshalle und des Bürotraktes des Gebäudes E. Straße 1 - 5 in S. entstanden ist oder noch entsteht,
3. die Beklagte zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.687,60 EUR freizustellen,
4. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Kosten der vorgerichtlichen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Architekten K. und die ihm in dem Verfahren LG Hannover, Geschäftsnummer 14 O 387/06, und OLG Celle, Geschäftsnummer 16 U 3/08, entstandenen Kosten i.H.v. 43.691,27 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten, sowie den Rechtsstreit unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an das LG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil als richtig.
II. Die Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das LG hat richtig entschieden, dass die Verjährung der behaupteten Schadensersatzansprüche des Klägers nach der Abnahme der Werkleistungen am 10.5.2002 spätestens am 11.2.2008 unter Berücksichtigung der zugunsten des Klägers angenommenen Hemmung infolge von Verhandlungen der Parteien zwischen dem 20.6.2005 und 21.3.2006 eintrat. Dies greift die Berufung - vorbehaltlich der Wirkung der im Vorprozess erklärten Streitverkündung - ersichtlich auch nicht an.
2. Entscheidend ist somit allein die Frage, ob die Streitverkündung im Vorprozess vom 13.4.2007 - der Beklagten zugestellt am 20.6.2007 (Bl. 135a der Beiakten) - eine Hemmung der Ve...