Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkenntnis in anderer Weise

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anerkenntnis in anderer Weise i.S.v. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB setzt neben einem Verhalten des Schuldners, aus dem sich unzweideutig das Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs ergibt, das begründete Vertrauen des Gläubigers voraus, dass sich der Schuldner nicht alsbald nach Ablauf der Verjährungsfrist auf die Einrede der Verjährung berufen wird.

2. Ein solches Vertrauen ist dann nicht gerechtfertigt, wenn der Schuldner der Aufforderung des Gläubigers zur Abgabe eines notariellen Schuldanerkenntnisses nicht nachkommt und der Gläubiger dies zum Anlass nimmt, seine Forderung gerichtlich geltend zu machen.

 

Normenkette

BGB § 212 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 17.03.2003; Aktenzeichen 3 O 295/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17.3.2003 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des LG Lüneburg abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin gewährte einer Firma E. GmbH durch schriftliche Vereinbarung vom 30. Juli/11.8.1997 einen im November 1998 auf 1,35 Mio. DM erhöhten Kredit. Für die Rückzahlungsverpflichtung der E. GmbH übernahm die Beklagte, die Dipl.-Ing. F.G. GmbH, durch Erklärung vom 11.10.1998 ausdrücklich die gesamtschuldnerische Mithaft i.S.v. § 421 BGB. Der Kredit ist ggü. der E. GmbH mit Schreiben der Klägerin vom 29.6.2001 zum 16.7.2001 gekündigt, die Kündigung ist der Beklagten mitgeteilt worden. Im Zeitpunkt der Kündigung belief sich der offene Saldo auf 1.230.172,95 DM. Die E. GmbH hat den Kredit nicht zurückgeführt.

Die Klägerin forderte in der Folgezeit die Beklagte, die zunächst aufgrund eines entsprechenden Angebots der Klägerin in den Monaten Juli bis September 2001 Raten i.H.v. 7.500 DM gezahlt hatte, mehrfach zur Rückführung des Kredits auf, u.a. mit Schreiben vom 7.11.2001. Die Beklagte antwortete am 27.11.2001, dass die Rückführung des Kredits vom Ausgang eines Prozesses gegen eine Frau H. abhängig sei. Am Ende jenes Schreibens heißt es, man wünsche sich die weitere Begleitung der Klägerin und hoffe, in beiderseitigem Einvernehmen den Prozess zu Ende führen zu können.

Am 5.11.2002 mahnte die Klägerin erneut ihre Forderung an und forderte die Beklagte auf, Auskunft über ihre wirtschaftliche Lage zu erteilen; anderenfalls werde die Forderung mit Mahnbescheid geltend gemacht. Die Beklagte bat daraufhin mit Telefax vom 5.12.2002 um Fristverlängerung. Am 8.12.2002 übersandte sie der Klägerin eine betriebswirtschaftliche Auswertung für

November 2002 und erklärte, weitere Auskünfte nicht erteilen zu können. Am 11.4.2003 mahnte die Klägerin wiederum und übersandte der Beklagten - wie schon in ihrem Schreiben vom 5.11.2002 - ein vorgefertigtes Schuldanerkenntnis mit der Aufforderung, zur Vermeidung der gerichtlichen Geltendmachung der Forderung dieses Schuldanerkenntnis von einem Notar beglaubigen und der Klägerin eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde erteilen zu lassen. Dieser Aufforderung kam die Beklagte nicht nach.

Die Klägerin hat daraufhin am 15.12.2003 einen am 18.12.2003 zugestellten Mahnbescheid erwirkt. Gegen diesen hat die Beklagte am 5.1.2004 Widerspruch eingelegt, worüber die Klägerin am 7.1.2004 benachrichtigt worden ist. Am 23.8.2005 hat sie unter Einzahlung der weiteren Gerichtsgebühren die Fortsetzung des Verfahrens beantragt und einen letztrangigen Teilbetrag von 100.000 EUR aus ihrer mit 1.230.172,95 DM bezifferten Forderung geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, der von ihr verfolgte Zahlungsanspruch sei nicht verjährt, da die Beklagte die Forderung der Klägerin zunächst durch Abschlagszahlungen, später durch Übermittlung der angeforderten Unterlagen anerkannt habe. Die Beklagte habe durch ihr Verhalten eindeutig zu verstehen gegeben, dass sie den Anspruch als gerechtfertigt akzeptiere.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 100.000 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.7.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Höhe der geltend gemachten Forderung ausdrücklich unstreitig gestellt, ggü. dem Zahlungsanspruch jedoch die Einrede der Verjährung erhoben.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Die Verjährungseinrede der Beklagten greife nicht durch. Durch die vorgerichtlich geführte Korrespondenz, insb. mit dem Schreiben der Beklagten vom 5.12.2002, in dem sie für die Übergabe der von der Klägerin geforderten Unterlagen Fristverlängerung erbat, habe sie zu erkennen gegeben, dass sie den gelt...

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