Leitsatz (amtlich)
Ein Auskunftsanspruch auf Benennung des Urhebers einer persönlichkeitsrechtsverletzenden Äußerung kann aus § 242 BGB auch gegen einen Blogbetreiber gerichtet werden (entgegen OLG Hamm I-3 U 196/10, Beschluss vom 3.8.2011) OLG Dresden, 4. Zivilsenat, Beschl. v. 8.2.2012 - 4 U 1850/11.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 28.10.2011; Aktenzeichen 8 O 1142/11) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Leipzig vom 28.10.2011 - 8 O 1142/11 - durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen und auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.
2. Der Streitwert für das Berufungsverfahren soll auf 6.250 EUR festgesetzt werden.
Gründe
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, da er davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Das LG hat mit zutreffender Begründung einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten aus §§ 823, 1004 Abs. 1 S. 2 (analog) BGB abgelehnt.
1. Nicht zu beanstanden ist insbesondere, dass es hierbei davon ausgegangen ist, der insoweit beweisbelasteten Klägerin sei der Nachweis nicht geglückt, dass der streitgegenständliche Kommentar im Blog des Beklagten zu 2) von dem Beklagten zu 1) stamme. Dieser hat die Urheberschaft durchgängig bestritten, allein die Tatsache, dass der Kommentator sich des Vornamens des Beklagten bedient hat, reicht für einen Nachweis, der i.S.d. § 286 ZPO Zweifeln Schweigen gebietet, ohne diese endgültig auszuschließen, nicht aus. Auch der mit der Berufungsbegründung benannte Umstand, dass der Beklagte zu 2) den Beklagten zu 1) "hinsichtlich des vermittelten Versicherungsvertrages anwaltlich vertreten" habe, rechtfertigt den Rückschluss auf eine Urheberschaft des Beklagten zu 1) nicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Die Berufung zeigt insofern auch keine Fehler in der Beweiswürdigung des LG auf, sondern zielt allein darauf ab, diese durch eine eigene Würdigung zu ersetzen.
2. Unabhängig hiervon wäre die Berufung aber auch bei einem Nachweis der Urheberschaft des Beklagten zu 1) für den streitgegenständlichen Eintrag nicht begründet. Es fehlt bereits an einer Anspruchsgrundlage. Der von der Klägerin behauptete Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb i.S.d. § 823 BGB liegt nicht vor. Bei Kritik an der gewerblichen Leistung fehlt es in der Regel an dem für die Verletzung dieses Rechts erforderlichen unmittelbar betriebsbezogenen Eingriff (BGH NJW 2008, 2110; NJW 1976, 620). Eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung i.S.d. § 826 BGB durch den streitgegenständlichen Kommentar liegt ebenfalls nicht vor und wird auch vom Kläger nicht behauptet. Auf § 824 BGB kann ein Unterlassungsanspruch hier ebenfalls nicht gestützt werden. Diese Vorschrift schützt allein vor Beeinträchtigungen der Geschäftsehre, die durch Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen über sie herbeigeführt werden. Die von der Klägerin beanstandeten Äußerungen stellen jedoch - anders als auch die Berufung meint - keine Tatsachenbehauptungen, sondern ein zulässiges Werturteil dar.
a) Die Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen erfolgt nach den in Rechtsprechung und Literatur zu §§ 186, 187 StGB entwickelten Grundsätzen (Löffler/Ricker Handbuch des Presserechts, 5. Aufl., § 44 Rz. 9 m.w.N.). Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, dass bei diesen die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vordergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch ist (vgl. BVerfG NJW 2000, 199, 200 m.w.N.). Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es wesentlich darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (BGH VersR 1999, 1162; NJW-RR 1999, 1251 m.w.N.; BVerfG NJW 1992, 1439, 1440). Bei der Einordnung einer Äußerung als Tatsache oder Werturteil kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des BGH auf den Inhalt der Aussage nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Adressaten an (BGH AfP 1994, 300; BVerfG NJW 2006, 207 m.w.N; Löffler/Ricker a.a.O. Rz. 25). Ausgehend vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, s...