Leitsatz (amtlich)
1. An der internationalen Zuständigkeit des Gerichts am Wohnort des Verbrauchers (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ bzw. Art. 15 EuGVVO) für Klagen aus Gewinnzusagen gibt es nach den Entscheidungen des EuGH vom 11.7.2002 (C-96/00) und des BGH vom 28.11.2002 (III ZR 102/02) keine ernst zu nehmenden Zweifel mehr.
2. Geschwollene Formulierungen und erfundene Titel angeblich Beteiligter in Gewinnzusagen sind nicht geeignet, den Eindruck des Empfängers, er habe schon gewonnen, in Frage zu stellen.
Normenkette
BGB § 661a; EuGVÜ Art. 13 Abs. 1 Nr. 3; EuGVVO Art. 15
Verfahrensgang
LG Görlitz (Aktenzeichen 1 O 420/01) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Görlitz vom 11.10.2002, Az: 1 O 420/01, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die in den Niederlanden ansässige Beklagte einen Anspruch aus einer Gewinnzusage geltend. Die Beklagte hat dem Kläger unter dem 1.4.2001 ein Katalogheft mit Artikeln eines Versandhandels für Gesundheitsprodukte „Dr. A” übersandt. In einem beigefügten Schreiben hat sie ihm mitgeteilt, er habe in der Quartalziehung Bargeld gewonnen. Sein persönlicher Gewinn betrage 19.300 DM. Er solle die Warentestanforderung und den Sofortauszahlungsauftrag ausfüllen und zurücksenden, damit die Auszahlung schnellstens stattfinden könne.
Der Kläger bestellte mehrere der angebotenen Artikel und sandte den Sofortauszahlungsauftrag zurück. Die hierauf gelieferten Waren wurden vom Kläger bezahlt. Die Gewinnsumme hat er nicht erhalten.
Das LG hat entgegen der Rüge der Beklagten die internationale Zuständigkeit bejaht und der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.
II. Die Berufung der Beklagten war durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senates nicht erfordern. Zu Recht hat das LG Görlitz seine internationale Zuständigkeit bejaht und dem Kläger einen Anspruch auf Auszahlung des zugesagten Gewinnes zugesprochen.
1. Internationale Zuständigkeit:
Es kann dahinstehen, ob die Beklagte im Berufungsverfahren die fehlende internationale Zuständigkeit noch rügen will (Zweifel daran könnten im Hinblick auf den letzten Schriftsatz der Beklagten vom 20.1.2003 bestehen, in welchem der Beklagtenvertreter ausführt, das „Hindernis des Art. 24 EuGVVO, zur Sache vorzutragen”, sei „weggefallen”). Jedenfalls bestehen gegen die Annahme der internationalen Zuständigkeit – unabhängig von der Frage, ob noch das EuGVÜ oder schon die EuGVVO Anwendung findet – keinerlei ernstzunehmende Zweifel.
Bereits mit Urteil des BGH vom 19.12.2001 – III ZR 139/02 (rechtskräftig durch Rücknahme der Revision) hat der Senat selbst für den Fall, dass es nicht zu einer Bestellung gekommen ist – vorliegend war dies der Fall – entschieden, dass der Gerichtsstand für Verbrauchersachen gem. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ (jetzt Art. 15 EuGVVO) gegeben ist (OLG Dresden, Urt. v. 19.12.2001 – 8 U 2256/01, OLGReport Dresden 2002, 281; Iprax 2002, 421; Schreiber, Neue Justiz 2002, 542 mit Anmerkungen; VuR 2002, 187; vgl. auch Besprechung von Feuchtmeyer, NJW 2002, 3598). Jedenfalls für den hier vorliegenden Fall einer Warenbestellung durch den Verbraucher wurde diese Auffassung bestätigt durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH, Urt. v. 11.7.2002 – Rs. C-96/00). Schließlich hat zwischenzeitlich auch der BGH in gleicher Weise entschieden und festgestellt, dass für die auf eine Gewinnzusage gestützte Klage die internationale Zuständigkeit am Wohnsitz des klagenden Verbrauchers unabhängig vom Vorliegen einer Bestellung besteht (BGH, Urt. v. 28.11.2002 – III ZR 102/02, BGHReport 2003, 248). In den Entscheidungsgründen führt der BGH unter II.3.) aus, dass es einer Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung nicht bedürfe. Zwar habe der EuGH nur über den Fall entschieden, dass der Verbraucher, dem eine Gewinnzusage erteilt wurde, auch eine Bestellung vorgenommen habe. Auch wenn es zu einer derartigen Bestellung in dem vom BGH entschiedenen Fall gerade nicht gekommen sei, diese Konstellation vom EuGH mithin noch nicht entschieden sei, bedürfe es der Vorlage nicht, da die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts so offenkundig sei, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibe.
Im vorliegenden Fall stellt sich nicht einmal die Frage einer Vorlage an der EuGH, da für die hier gegebene Konstellation, in welcher der Verbraucher eine Bestellung vorgenommen hat, der EuGH mit Urt. v. 11.7.2002 die Frage bereits entschieden hat. Der Senat hält daher an seiner Auffassung im Urt. v. 19.12.2002 fest und entscheidet auch nach einem dem Senat vom Beklagtenvertreter anempfohlenen nochmaligen Überdenken seiner Rechtsauffassung in gleicher Weise. Soweit es in der Vergangenheit anderslautende Entscheidungen deutscher Gerichte gegeben hat, las...