Leitsatz (amtlich)
Sieht ein dynamischer Unterhaltstitel die Anrechnung von Kindergeld vor, muss der Anteil des anzurechnenden Kindergeldes aus dem Titel heraus berechenbar sein (z.B.: die Hälfte des staatlichen Kindergeldes für ein erstes Kind). Ein Betrag muss nicht aufgeführt sein.
Verfahrensgang
AG Dresden (Beschluss vom 16.07.2009; Aktenzeichen 305 F 2681/00) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Dresden vom 16.7.2009, 305 F 2681/00, abgeändert:
Die Zwangsvollstreckung aus der am 19.7.2001 den Klägern erteilten Vollstreckungsklausel für das Versäumnisurteil des AG - Familiengericht - Dresden vom 6.6.2001, 305 F 2681/00, in der Fassung der Berichtigungsbeschlüsse vom 18.7.2001 und vom 24.6.2009 wird hinsichtlich der für den Zeitraum ab dem 1.7.2001 ausgeurteilten Unterhaltsbeträge für unzulässig erklärt. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Eine Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird nicht erhoben.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Beklagte wendet sich gegen die Erteilung einer Vollstreckungsklausel für einen dynamischen Unterhaltstitel. Mit Versäumnisurteil vom 6.6.2001 wurde der Beklagte wie folgt verurteilt:
"Der Beklagte wird verurteilt, in Abänderung des Versäumnisurteils des AG Dresden - Familiengericht - vom 3.4.1996, Az.: 305 F 33/96, in Ziff. 1. und 2. zu Händen ihrer gesetzlichen Vertreterin für den Zeitraum vom 1.8.2000 bis 31.12.2000 einen monatlichen Unterhalt i.H.v. je 483 DM, für den Zeitraum 1.1.2001 bis 30.6.2001 einen monatlichen Unterhalt i.H.v. je 493 DM und ab 1.7.2001 einen monatlichen Unterhalt i.H.v. je 135 % des Regelbetrages zu zahlen unter Abzug des jeweils anteiligen staatlichen Kindergeldes."
Das Versäumnisurteil ist seit dem 17.7.2001 rechtskräftig. Unter dem 19.7.2001 erteilte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Klägern eine mit der Vollstreckungsklausel versehene Ausfertigung. Unter dem 25.2.2008 hat das AG Dresden einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugunsten der Kläger erlassen.
Am 9.6.2009 legte der Beklagte Erinnerung gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel ein. Zur Begründung führte er aus, dass die Vollstreckungsklausel nicht hätte erteilt werden dürfen, weil das Versäumnisurteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt aufweise. In dem Versäumnisurteil fehle die Bezeichnung der Unterhaltsgläubiger, da im Tenor nicht die Kläger genannt seien. Es fehle die Angabe, ob Unterhalt gem. § 1 oder § 2 der RegelbetragVO geschuldet sei. Auch hinsichtlich der Kindergeldanrechnung sei der Titel nicht eindeutig bestimmbar. Es sei nicht ersichtlich, ob sich die Anrechnung nach § 1612b Abs. 5 BGB richten solle und wie hoch das Kindergeld sei, insbesondere ob es dasjenige für ein erstes und zweites Kind sein solle.
Mit Beschluss vom 24.6.2009 berichtigte das AG - Familiengericht - Dresden den Titel dahingehend, dass es nach "der Beklagte wird verurteilt" die Worte "an die Kläger Ziff. 1 und 2" einfügte. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle half der Erinnerung nicht ab. Mit Beschluss vom 16.7.2009 wies das AG - Familiengericht - Dresden die Erinnerung zurück. Zur Begründung führte es aus, dass das Urteil in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss nunmehr einen vollstreckungsfähigen Inhalt habe.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der sofortigen Beschwerde. Der Kindergeldanrechnungsklausel sei mangels Konkretisierung und Bezifferung nicht zu entnehmen, unter Abzug welcher Beträge der Unterhaltsanspruch jeweils zu vollstrecken sei. Die Regelbetragverordnung gelte seit dem 1.1.2008 nicht mehr. Eine zuverlässige Berechnung sei auf dieser Grundlage seit diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.
Das AG hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 29.6.2010 nicht abgeholfen.
Die Kläger treten der sofortigen Beschwerde entgegen. Der Einwand, dass die Kindergeldanrechnung nicht eindeutig sei, greife nicht durch. Die Anrechnung des anteiligen Kindergeldes sei festgelegt worden. Was im Gesetz stehe, brauche nicht im Titel zu stehen. Daher sei es nicht erforderlich gewesen, § 1612b Abs. 1 und 5 a.F. mit in den Titel aufzunehmen. Dass nicht klargestellt sei, ob es sich um Kindergeld für ein erstes, zweites oder drittes Kind handele, könne ebenfalls nicht zur Unbestimmtheit des Titels führen. Nach altem Recht sei das Kindergeld nicht bedarfsdeckend gewesen. Demnach habe zum Zeitpunkt der Titulierung nicht von weiteren kindergeldberechtigten und den Klägern vorgehenden Kindern ausgegangen werden können. Nur wenn erhöhte Kindergeldbeträge abzuziehen seien, müsse dies ausdrücklich im Urteil bestimmt werden.
II. Über die sofortige Beschwerde entscheidet der Senat in voller Besetzung, weil der Einzelrichter das Verfahren dem Senat übertragen hat (§ 568 ZPO).
Die zulässige Beschwerde ist begründet, soweit sie sich gegen die Vollstreckung aus der Vollstreckungsklausel hinsichtlich der für den...