Leitsatz (amtlich)

1. Hat das erstinstanzliche Gericht die Feststellung der berufsmäßigen Führung einer Verfahrenspflegschaft unterlassen, so kann dies vom Beschwerdegericht mit Rückwirkung nachgeholt werden.

2. Es gehört nicht zu den Aufgaben des Verfahrenspflegers, das Kind zu Umgangsterminen mit dem nichtsorgeberechtigten Elternteil zu begleiten. Hierzu bedarf es einer ausdrücklichen Bestellung als Umgangspfleger. Fehlt es an einer solchen, ist der Aufwand des Verfahrenspflegers nicht vergütungsfähig.

 

Normenkette

FGG § 50; BGB §§ 1836, 1836a; BVormVG § 1

 

Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 2 F 234/01)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Freistaates Sachsen wird der Vergütungsfestsetzungsbeschluss des AG - FamG - … vom 30.11.2001 abgeändert:

Die der Verfahrenspflegerin aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung und die Aufwendung werden (einschließlich 16 % Umsatzsteuer) auf insgesamt 312,22 DM (159,64 EUR) festgesetzt.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 828,07 DM (423,39 EUR) festgesetzt.

 

Gründe

I. In einem Verfahren über den Umgang der Eltern mit dem Sohn …, geboren am 6.12.1995, hat das AG … mit Beschluss vom 25.6.2001 Frau … als Verfahrenspflegerin bestellt (Bl. 31 d.A.). Dem Beschluss beigefügt ist ein „richterlicher Hinweis”, wonach die Verfahrenspflegerin so schnell wie möglich Kontakt zu beiden Elternteilen aufnehmen und vor dem nächsten Verhandlungstermin einen Umgangskontakt des Vaters mit dem Sohn … begleiten soll. In der mündlichen Verhandlung vom 7.9.2001 schlossen die Prozessparteien einen gerichtlichen Vergleich bezüglich des Umgangs. Dieser Vergleich sieht u.a. für den 8.9.2001 sowie für den dritten Sonnabend im Oktober 2001 einen durch die Verfahrenspflegerin begleiteten Umgang des Kindes mit dem Vater vor. Dieser Umgang fand am 20.10.2001 statt. Mit Kostenrechnung vom 22.10.2001 beantragte die Verfahrenspflegerin die Festsetzung der ihr aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung nebst Auslagen; diese beläuft sich auf insgesamt 828,07 DM und enthält eine nach Art und Dauer der Tätigkeit spezifizierte Begründung der begehrten Vergütung (Bl. 62 d.A.). Mit Beschluss vom 30.11.2001 hat das AG – FamG – … die der Verfahrenspflegerin aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung und Aufwendung antragsgemäß festgesetzt. Dieser Beschluss wurde dem Bezirksrevisor nicht bekanntgegeben.

Mit Schriftsatz vom 9.4.2002 hat der Bezirksrevisor hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt. Er vertritt die Auffassung, ein Vergütungsanspruch der Verfahrenspflegerin sei bereits deswegen nicht entstanden, weil der Bestellungsbeschluss keine Feststellung enthalten habe, dass die Verfahrenspflegschaft berufsmäßig geführt werde. Die Verfahrenspflegerin habe zudem bisher nicht nachgewiesen, auf welcher Grundlage sie den vom Gericht zugestandenen Stundensatz von 54 DM verlangen könne. Die für den begleiteten Umgang am 5.8.2001 und am 8.9.2001 aufgewendete Zeit sei der Verfahrenspflegerin i.Ü. nicht zu vergüten. Hierfür fehle es an einer rechtlichen Grundlage.

Der Verfahrenspflegerin wurde im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

II. Die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors ist gem. §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 S. 3, 56g Abs. 5 S. 1 FGG analog statthaft. Sie ist auch zulässig, insbesondere wahrt sie die Beschwerdefrist des § 56g Abs. 5 i.V.m. § 22 FGG. Zwar ist hiernach die sofortige Beschwerde binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Diese Frist beginnt allerdings erst in dem Zeitpunkt, in dem die Verfügung dem Beschwerdeführer bekannt gemacht worden ist. Eine solche Bekanntmachung, die gem. § 16 Abs. 2 S. 1 FGG die Zustellung nach den für die Zustellung von Amts wegen geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung voraussetzt, ist hier jedoch nicht erfolgt. Anhaltspunkte für eine Verwirkung sind dem Akteninhalt gleichfalls nicht zu entnehmen.

In der Sache führt die Beschwerde in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe zur Abänderung des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses vom 30.11.2001. Dem Verfahrenspfleger steht nach §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 S. 1 FGG ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen und eine Vergütung entsprechend § 1 des Gesetzes über die Vergütung von Berufsvormündern (BVormVG) in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung zu. Zwar setzt ein solcher Anspruch nach § 67 Abs. 3 i.V.m. § 1836 Abs. 1 S. 2, 3 BGB voraus, dass das Gericht zugleich mit der Bestellung des Verfahrenspflegers feststellt, dass die Verfahrenspflegschaft berufsmäßig geführt wird. Eine solche Feststellung ist hier unterblieben. Sie kann jedoch auch vom Beschwerdegericht nachgeholt werden, wenn die Voraussetzungen der berufsmäßigen Führung der Verfahrenspflegschaft bei der Bestellung vorlagen und die Feststellung verfahrenswidrig unterblieben ist. Der Vergütungsanspruch ist dann so zu behandeln, als sei die Feststellung rechtzeitig getroffen worden. Dies folgt schon aus dem Vertrauensschutz des Verfahrenspflegers,...

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