Entscheidungsstichwort (Thema)

sofortige Beschwerde der Verfahrenspflegerin gegen den die Vergütung festsetzenden Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Kiel vom 12. April 1999

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Rechtspfleger darf eine sofortige Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem die Vergütung des dem Kind nach § 50 FGG beigeordneten Verfahrenspflegers festgesetzt worden ist, dem Beschwerdegericht erst nach getroffener Abhilfeentscheidung vorlegen.

2. Fiskalischen Belangen kommt bei der Vergütungsfestsetzung keine eigenständige Bedeutung zu; allerdings ist nur derjenige erforderliche Zeitaufwand vergütungsfähig, der in den Kreis der dem Verfahrenspfleger zugewiesenen Aufgaben fällt.

3. Die Funktion des Verfahrenspflegers besteht darin, das Kind im Verfahren zu begleiten, seine Interessen zu erkennen und diese im Verfahren zur Geltung zu bringen; darüber hinausgehende Ermittlungen oder Vermittlungsversuche sind nicht seine Aufgabe.

 

Orientierungssatz

Funktion und Vergütung des Verfahrenspflegers nach § 50 FGG.

 

Normenkette

RPflG § 11 Abs. 1 n. F; FGG §§ 50, 56g Abs. 5, § 67 Abs. 3; BVormVG § 1

 

Verfahrensgang

AG Kiel (Aktenzeichen 57 F 83/98)

 

Tenor

Der Nichtabhilfebeschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts – Familiengericht – Kiel vom 10. Mai 1999 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Abhilfe an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; gerichtliche Auslagen werden nicht erstattet. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem Amtsgericht vorbehalten.

 

Gründe

I.

Die Beschwerde betrifft die Vergütung des Verfahrenspflegers nach § 50 FGG. Mit Schriftsatz vom 12. März 1999 hat die Verfahrenspflegerin (im folgenden Beschwerdeführerin) ihre 1999 in dem das Kind L betreffenden Sorgerechtsverfahren entfaltete Tätigkeit abgerechnet. Von den insgesamt als Vergütung geltend gemachten 824,56 DM hat das Amtsgericht – Familiengericht – mit Beschluss vom 12. April 1999, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, lediglich 382,09 DM für gerechtfertigt erachtet und hierzu im wesentlichen ausgeführt, die Verfahrenspflegerin sei gehalten, ihre Tätigkeit sparsam zu gestalten und fiskalische Interessen zu berücksichtigen. Davon abgesehen sei nur als erstattungsfähig anzusehen, was „für die rechtliche Organisation des Lebens des Betreuten erforderlich” sei. Dabei sei ein objektiver Maßstab eines „durchschnittlich befähigten, sich auf das wesentliche beschränkenden und durchschnittlich zügig arbeitende” Verfahrenspflegers anzusetzen. Für die Fertigung von Briefen sei lediglich ein pauschaler Zeitaufwand von je 15 Minuten anzusetzen. Da die Beschwerdeführerin nicht dargetan habe, dass sie bis zur Abwicklung dieses Verfahrens bereits „Berufsbetreuerin” gewesen sei, sei in entsprechender Anwendung des § 1 BVormVG lediglich ein Stundensatz in Höhe von 35,00 DM anzusetzen.

Gegen die Kürzung der Vergütung hat die Verfahrenspflegerin sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, der geltend gemachte Vergütungsanspruch ergebe sich dem Grunde nach aus § 67 Abs. 3 Satz 1 FGG. Nach der Neufassung des § 67 Abs. 3 FGG komme es nicht mehr darauf an, ob die Verfahrenspflegschaft berufsmäßig geführt werde. Ferner habe das Amtsgericht übersehen, dass nach § 1 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung von Berufsvormündern (BVormG) vermutet werde, dass bei der Beiordnung bekannte qualifizierte Kenntnisse eines Verfahrenspflegers für die Führung der Pflegschaft nutzbar seien. Damit sei ein Stundensatz von 60,00 DM vorgegeben. Auch den abgerechneten Zeitaufwand habe sie als Verfahrenspflegerin für erforderlich halten dürfen. Eine Überprüfung dieses Zeitaufwandes sei lediglich unter Plausibilitätsgesichtspunkten möglich und im übrigen gerechtfertigt.

Mit Beschluss vom 10. Mai 1999 hat die Rechtspflegerin der Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung lediglich ausgeführt, es werde „mal eine Grundsatzentscheidung” benötigt.

II.

1. Die nach § 56 g Abs. 5 FGG statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig. Die Zweiwochenfrist des § 22 Abs. 1 FGG ist schon deshalb gewahrt, weil die Beschwerdefrist mangels – nach § 16 Abs. 2 FGG erforderlicher – Zustellung nicht in Lauf gesetzt worden ist.

2. In der Sache führt das Rechtsmittel zur Aufhebung und Zurückverweisung. Zwar hat das Amtsgericht zu Recht über die Abhilfe der von der Beschwerdeführerin eingelegten sofortigen Beschwerde befunden (a). Jedoch ist die Nichtabhilfeentscheidung erneut zu treffen (b).

a) Der die Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Rechtspflegers regelnde § 11 RPflG ist im Wege der teleologische Reduktion dahin einzuschränkend auszulegen, dass der die Abhilfebefugnis sperrende § 577 Abs. 3 ZPO nicht von der Verweisung des § 11 Abs. 1 RPflG erfasst wird. Dies hat der Senat bereits eingehend für das Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 ZPO (Senatsbeschluss FamRZ 1999, 1219 ff.; ebenso Beschluss des 9. Zivilsenats SchlHA 1999, 16...

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