Verfahrensgang

LG Görlitz (Urteil vom 19.10.2021; Aktenzeichen 6 O 613/20)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 19.10.2021, 6 O 613/20, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil sowie das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 19.10.2021, Az. 6 O 613/20, sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der beklagten Motorenherstellerin Schadensersatz wegen angeblicher Abgasmanipulationen an ihrem Kraftfahrzeug.

Die Klägerin erwarb am 27.06.2016 von der ... GmbH den PKW Skoda Superb II, 2.0 l TDI, zu einem Kaufpreis von 31.135,00 EUR. Das Fahrzeug wurde neu gekauft, am 20.06.2016 erstmals zugelassen (Anlage K 1) und ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor der Baureihe EA 288, Euro 6 ausgestattet. In dem Fahrzeug trägt zusätzlich zu der innermotorischen Maßnahme der Abgasrückführung (AGR) ein sog. NOx-Speicherkatalysator (NSK) als Abgasnachbehandlungssystem zur Reduktion von NOx-Emissionen bei. Vor Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) werden der NSK entleert und die Beladungssteuerung der Regeneration des NSK deaktiviert, was zur Folge hat, dass der NSK streckengesteuert regeneriert.

Die Klägerin trägt vor, im streitgegenständlichen Fahrzeug seien Abschalteinrichtungen verbaut, insbesondere eine Fahrkurvenerkennung - Zykluserkennung - sowie ein Thermofenster.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Durch Urteil vom 19.10.2021, auf das wegen des erstinstanzlichen Parteivortrags im Übrigen und der erstinstanzlich gestellten Anträge Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Täuschung des Kraftfahrtbundesamtes durch die Beklagte nicht möglich sei, weil es selbst die Auffassung der Beklagten, dass keine unzulässige Abschalteinrichtung vorliege, teile. Es habe auch keine Betriebsbeschränkung oder Untersagung gedroht. Das Inverkehrbringen eines Kraftfahrzeuges, dessen Dieselmotor mit einem "Thermofenster" ausgerüstet sei, stelle keine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung des Käufers dar, da nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen werden könne, wenn Thermofenster allseits als zulässig angesehen wurden.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie verfolgt ihr erstinstanzliches Begehren fort und ist der Auffassung, das Landgericht habe ihre Ansprüche zu Unrecht abgewiesen. Allein aus dem Fehlen eines Rückrufs könne nicht darauf geschlossen werden, dass keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verbaut seien. Die sittenwidrige Handlung liege in dem arglistigen Inverkehrbringen des mangelhaften Fahrzeugs unter Geheimhaltung der bewusst eingebauten Abschalteinrichtungen zur Beeinflussung der Emissionswerte unter Täuschung der Käufer und des KBA. Neben der Installation des Thermofensters lägen weitere unzulässige Abschalteinrichtungen in Form der Prüfstandserkennung - wie erstinstanzlich vorgetragen vor, die das Landgericht außer Acht gelassen habe.

Die Klägerin beantragt die Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die Rechtssache C-100/21 sowie

1. Auf die Berufung der Klagepartei wird das Urteil des Landgericht Görlitz (mit Außenkammern Bautzen) vom 19.10.2021 (Az. 6 O 613/20) teilweise abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs Marke: S., Typ: SUPERB mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer ... an die Klagepartei einen Betrag in Höhe von EUR 31.135,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, unter Anrechnung einer in das Ermessen des Gerichts zu stellenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs zu erstatten, die sich aus folgender Formel ergibt: Kaufpreis × (aktueller Kilometerstand - Kilometerstand bei Erwerb) / (geschätzte Gesamtlaufleistung - Kilometer stand bei Erwerb) zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in dem Berufungsantrag zu 2) genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. In dem Fahrzeug seien keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verbaut. Es erkenne zwar mittels Fahrkurvenerkennung den Prüfzyklus; daran seien aber keine Funktionen mit messbaren Auswirkungen auf die Schadstoffemissionen des Fahrzeugs geknüpft. Dies habe das KBA mehrfach bestätigt. Das KBA habe umfangreiche Prüfstandsmessungen an Fahrzeugen mit dem EA 288-Motor als auch intensive Analysen der Motorsteuerungssoftware durchgeführt. Im Rahmen dieser Softwareanalysen habe das KBA nicht nur die Fahrkurvenerke...

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