Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsrecht: Werbung eines Vermittlers von Flugreisen mit Endpreisen
Leitsatz (amtlich)
Bei einem Vermittler von Flugreisen, der für den Flugschein Geld verlangt und vereinnahmt, wobei es nicht auf die Vertragsbeziehung des Kunden zu dem Luftfahrtunternehmen ankommt, handelt es sich um einen Flugscheinverkäufer i.S.d. Art. 2 Nr. 18 der VO (EG) Nr. 1008/2008. Daher gehört das Entgelt, das der Kunde bei Buchung eines Fluges für die Vermittlungstätigkeit zu zahlen hat, zum Endpreis i.S.v. Art. 23 Abs. 1 S. 2 der VO (EG) Nr. 1008/2008.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 19.03.2010; Aktenzeichen 2 HKO 1900/09) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Leipzig vom 19.3.2010 - 02 HKO 1900/09, wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass unter Ziff. 1. a) des Tenors des landgerichtlichen Urteils der Endpreis definiert wird (also der Preis, der das von der Beklagten verlangte Entgelt für die Vermittlung des Fluges einschließt).
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 17.000 EUR
Gründe
I. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Das LG hat der Klage teilweise stattgegeben.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG Leipzig vom 19.3.2010 abzuändern und die Klage auch insoweit abzuweisen, soweit die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt wurde, es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd für Flugreisen in der Form zu werben, dass der Endpreis vor dem verbindlichen Buchungsvorgang nicht ausgewiesen wird; und/oder dem Kunden ohne sein bewusstes Zutun, insbesondere durch Anklicken, einen Reiseschutz als "Opt-In"-Leistung als Zusatzkosten zu dem Endpreis zugewiesen wird, und soweit die Beklagte verurteilt wurde, an die Klägerin 208,56 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.7.2009 zu zahlen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II. Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin stehen die ihr von dem LG zuerkannten Unterlassungsansprüche zu.
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Klageantrag Nr. 1. a) mit der im Tenor erfolgten Definition des Endpreises hinreichend bestimmt i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
2. Der Antrag Nr. 1. a) und der Hilfsantrag zu Nr. 1. c) sind auch begründet.
a) Zu Recht hat das LG angenommen, dass der Antrag zu Nr. 1. a) nach §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. Art. 23 Abs. 1 S. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 vom 24.9.2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (im Folgenden: VO) begründet ist. Auf die zutreffende Begründung des Urteils des LG wird Bezug genommen (S. 9-11 UA [Bl. 91-93]). Das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz gibt Anlass zu folgenden Ergänzungen:
Nach Art. 23 Abs. 1 S. 2 VO ist der zu zahlende Endpreis stets auszuweisen und muss den anwendbaren Flugpreis bzw. die anwendbare Luftfrachtrate sowie alle anwendbaren Steuern und Gebühren, Zuschläge und Entgelte, die unvermeidbar und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbar sind, einschließen. In den Endpreis einzurechnen sind auch die "Steuern und Gebühren" (wie sie unter Ziff. 8 des Buchungsvorgangs genannt werden; im Übrigen spricht die Beklagte von "Serviceentgelt" (Bl. 23 dA), "Servicegebühr" (Bl. 25 dA), "Servicepauschale" (Bl. 27 dA)). Dieses Entgelt ist zwingend und damit unvermeidbar i.S.v. Art. 23 Abs. 1 S. 2 VO zu zahlen, wenn der Kunde den Flug bei der Beklagten bucht. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann sie die eigentlichen Kosten für die Flugleistung und die Kosten für ihre Vermittlung nicht getrennt ausweisen, weil sie die Kosten für die Flugleistung an das Luftfahrtunternehmen weiterleitet und ihr das Entgelt für die Vermittlung verbleibt. Fallen Kosten für die Inanspruchnahme eines Flugdienstes bei einem Anbieter unvermeidbar an, sind sie in einem Endpreis anzugeben, ohne dass es darauf ankommt, wem eine einzelne Gebühr, ein Zuschlag oder ein Entgelt geschuldet wird. Nach Erwägungsgrund 16 S. 2 der VO soll der vom Kunden zu zahlende Endpreis für aus der Gemeinschaft stammende Flugdienste jederzeit ausgewiesen werden, einschließlich aller Steuern, Gebühren und Entgelte, weil nur dann der Kunde in der Lage ist, die Preise für Flugdienste effektiv zu vergleichen. Dass der Preis für die Vermittlungstätigkeit der Beklagten zum Endpreis i.S.v. Art. 23 Abs. 1 S. 2 VO gehört, folgt aus Art. 2 Nr. 18 der VO. Danach sind "Flugpreise" auch die Preise, die für die Beförderung von Fluggästen im Flugverkehr an andere Flugscheinverkäufer zu zahlen sind, einschließlich des Entgelts, das Agenturen und anderen Hilfsdiensten geboten wird. Die Beklagte ist als Flugscheinverkäuferin in diesem Sinne anzusehen, da sie für den Flugschein Geld ver...