Verfahrensgang

LG Chemnitz (Aktenzeichen 4 O 1707/21)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 25.07.2022 - 4 O 1707/21 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

III. Dieses Urteil sowie nunmehr auch das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 25.07.2022 - 4 O 1707/21 - sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt bis zum 05.03.2024 13.126,32 EUR, danach 3.293,10 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen des Erwerbs des streitgegenständlichen Fahrzeugs, da dieses von der Beklagten mit unzulässigen Abschalteinrichtungen versehen worden sei.

Er erwarb am 08.03.2016 einen PKW VW Golf VII Variant 2.0 TDI BMT Comfortline, 110 kW als Gebrauchtwagen zu einem Kaufpreis von 21.954 EUR brutto (Anl. K 1). Das Fahrzeug war am 27.11.2014 erstmals zugelassen worden und wies bei Erwerb eine Laufleistung von 24.553 km auf. Es ist mit einem von der Beklagten hergestellten EA 288-Dieselmotor, EU 5 - Abgasnorm ausgestattet. Dieser Motor ist mit einer Fahrkurvenerkennung ausgerüstet und verfügt über kein Abgasnachbehandlungssystem, etwa in Form eines NOx-Speicherkatalysators (NSK) oder eines SCR-Systems. Am 14.03.2024 wies das klägerische Fahrzeug einen Kilometerstand von 154.574 km auf.

Der Kläger hat erstinstanzlich insbesondere geltend gemacht, dass die Beklagte eine Prüfzykluserkennung einsetze und dadurch Einfluss auf das Emissionsverhalten genommen werde. Außerdem erfolge eine Reduzierung der Abgasreinigung über ein Thermofenster; die Abgasbehandlung funktioniere nur im Bereich zwischen 20 °C und 30 °C beanstandungsfrei.

Die Beklagte hat erwidert, dass das streitgegenständliche Fahrzeug zwar mittels Fahrkurvenerkennung den Prüfzyklus erkenne. An die Fahrkurvenerkennung seien aber keine Funktionen mit Auswirkungen auf die Schadstoffemissionen des Fahrzeugs geknüpft. Dies würden u.a. umfangreiche Messungen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) belegen. Das Thermofenster sei bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug auf Grund des sehr fortschrittlichen Abgasrückführungssystems so konfiguriert, dass die Abgasrückführung bei einer Außentemperatur zwischen - 24 °C bis + 70 °C zu 100 % aktiv sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Nachdem der Kläger zunächst insbesondere den auch erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des gezahlten Fahrzeugpreises nebst Zinsen abzüglich einer Nutzungsentschädigung gegen Fahrzeugübereignung in Höhe von 13.126,32 EUR weiter verfolgt hat, macht er nunmehr mit seiner Berufung nur noch Schadensersatz in Höhe von mindestens 15 % des Fahrzeugpreises geltend. An die Erkennung des Prüfzyklus sei die zusätzliche Aktivierung einer höheren Abgasrückführungsrate geknüpft. Das implementierte Thermofenster stelle eine unzulässige Abschalteinrichtung dar. Der dem Kläger zustehende Differenzschaden sei nicht etwa durch einen Vorteilsausgleich aufgezehrt. Zur Bestimmung des Restwerts des Fahrzeugs seien Fahrzeugwertlisten ungeeignet, da diese nicht den tatsächlichen Restwert widerspiegeln würden. Der Restwert sei vielmehr nach der Formel Kaufpreis abzüglich des Differenzschadens abzüglich der Nutzungsentschädigung zu bestimmen.

Der Kläger beantragt zuletzt unter Zurücknahme der Berufung im Übrigen,

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerpartei einen Betrag bezüglich des Fahrzeugs VW Golf, FIN: ..., dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch mindestens 3.293,10 EUR betragen muss, zu bezahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Unzulässige Abschalteinrichtungen seien weder mit der Fahrkurvenerkennung, die keine Auswirkungen auf die Schadstoffemissionen habe, noch mit dem sehr weiten Thermofenster verbaut. Ein Differenzschaden des Klägers wäre im Übrigen aufgezehrt; der Restwert des klägerischen Fahrzeugs betrage ausweislich einer DAT-Bewertung (Anl. B 113) 11.128,- EUR, wobei diese Abfrage auf der konkreten FIN des streitgegenständlichen Fahrzeugs beruhe, also alle mit dem Fahrzeug verbundenen Ausstattungsmerkmale erfasse.

Im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen und von der Abfassung eines Tatbestandes gemäß §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

II. Die Berufung des Klägers ist - soweit sie nicht zurückgenommen wurde - zurückzuweisen. Dem Kläger steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz nicht zu. Insbesondere steht dem Kläger auch im Hinblick auf das beanstandete Thermofenster ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Differenzschadens in Höhe von mindestens 3.293,10 EUR nicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV, Art. 5 der VO Nr. 715/2007/EG zu, da ein Differenzschaden des Klägers vom Vorteil...

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