Tenor

I. Die Verfahren VII-Verg 17/16 und VII-Verg 18/16 werden ausgesetzt.

Sie werden für das Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 267 AEUV miteinander verbunden.

II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315 vom 03.12.2007, S. 1-13) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 auf Aufträge anwendbar, bei denen es sich nicht um Aufträge handelt, die im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 1370/2007 die Form von Dienstleistungskonzessionen im Sinne der Richtlinien 2004/17/EG oder 2004/18/EG annehmen?

Falls die erste Vorlagefrage bejaht wird:

2. Steht, wenn eine einzelne zuständige Behörde gemäß Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag direkt an einen internen Betreiber vergibt, es der gemeinsamen Kontrolle dieser Behörde zusammen mit den weiteren Gesellschaftern des internen Betreibers entgegen, wenn die Befugnis zur Intervention im öffentlichen Personenverkehr in einem bestimmten geografischen Gebiet (Art. 2 Buchst. b) und c) VO (EG) Nr. 1370/2007) zwischen der einzelnen zuständigen Behörde und einer Gruppe von Behörden, die integrierte öffentliche Personenverkehrsdienste anbietet, aufgeteilt ist, beispielsweise indem die Befugnis zur Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen an einen internen Betreiber bei der einzelnen zuständigen Behörde verbleibt, die Aufgabe Tarif aber auf einen Zweckverband Verkehrsverbund übertragen wird, dem neben der einzelnen Behörde weitere in ihren geografischen Gebieten zuständige Behörden angehören?

3. Steht, wenn eine einzelne zuständige Behörde gemäß Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag direkt an einen internen Betreiber vergibt, es der gemeinsamen Kontrolle dieser Behörde zusammen mit den weiteren Gesellschaftern des internen Betreibers entgegen, wenn nach dessen Gesellschaftsvertrag bei Beschlüssen über das Zustandekommen, die Änderung oder die Beendigung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags nach Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 alleine derjenige Gesellschafter stimmberechtigt ist, der selber oder dessen mittelbarer oder unmittelbarer Eigentümer einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag nach Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 an den internen Betreiber vergibt?

4. Erlaubt Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b) VO (EG) Nr. 1370/2007, dass der interne Betreiber auch für weitere örtlich zuständige Behörden innerhalb deren Zuständigkeitsbereichs (einschließlich der abgehenden Linien oder sonstiger Teildienste, die in das Zuständigkeitsgebiet benachbarter zuständiger örtlicher Behörden führen) öffentliche Personenverkehrsdienste ausführt, wenn diese nicht in organisierten wettbewerblichen Vergabeverfahren vergeben werden?

5. Erlaubt Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b) VO (EG) Nr. 1370/2007, dass der interne Betreiber außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der ihn beauftragenden Behörde für andere Aufgabenträger aufgrund von Dienstleistungsaufträgen, die der Übergangsregelung des Art. 8 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1370/2007 unterfallen, öffentliche Personenverkehrsdienste ausführt?

6. Zu welchem Zeitpunkt müssen die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1370/2007 erfüllt sein?

 

Gründe

1 I. Mit dem vorliegenden Vergabenachprüfungsverfahren wenden sich die Antragstellerinnen gegen die Direktvergabe von öffentlichen Personennahverkehrsdienstleistungen an die Beigeladene als internen Betreiber des Antragsgegners.

2 1. Der Antragsgegner, eine regionale Gebietskörperschaft, ist gemäß § 8 Abs. 3 PBefG (Personenbeförderungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung v. 08.08.1990, BGBl. I S. 1690, zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes v. 29.08.2016, BGBl. I S. 2082) i.V.m. § 3 ÖPNVG NRW (Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen v. 07.03.1995, GV NRW 1995, 196, zuletzt geändert durch Gesetz v. 15.12.2016, GV NRW S. 1157) Aufgabenträger und in seinem Wirkungskreis zuständige Behörde im Sinne der VO (EG) Nr. 1370/2007.

3 Zusammen mit weiteren Gebietskörperschaften, die ebenfalls Aufgabenträger und zuständige Behörden im vorgenannten Sinne sind, nämlich den Städten C., L., N. und M. sowie dem S1.-Kreis, dem S2 Kreis, dem P. Kreis und dem Kreis F., bildet der Antragsgegner zur gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben nach dem ÖPNVG NRW den Zweckverband Verkehrsverbund S1 (VRS, § 2 der Satzung i.V.m. dem Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GkG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung v. 01.10.1979, GV NRW 1979, 621, Gliederungs-Nr: 202, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes v. 15.12.2016, GV NRW S. 1150). Der Zweckverband nimmt - unter anderem - unter dem Aspekt "Gemeinschaftstarif" die Aufgabe Tarif wahr (§ 3 Abs. 4 der Satzung). Die Durchführung des Verkehrs und damit...

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